Wenn Frauen ein Vergleich angedichtet wird, den sie nicht verdienen…

Hachja.

AUS LIEBE ZUM DETAIL

Weil Pickert mit pinkstinks nicht mehr ausgelastet ist. Bzw., pinkstinks ist auf Twix zumindest nicht mehr aktiv, und Pickerts alte Standdard-Kolumne wurde umbenannt.

Wenn Frauen den leisen Teil laut sagen

Falls man es nicht beim Lesen merkt, Pickert bezieht sich hier auf eine indirekte Art der Lüge. Das älteste Beispiel geht auf das Mahabharata zurück – um ihren alten Lehrer Drona, der jetzt ihre Feinde befehligt, zu besiegen, erschlägt Bhima, einer der Pandavabrüder, einen Kriegselefanten, der Ashvatthama hieß, genau wie Dronas Sohn. Auf dem Schlachtfeld verbreitet sich die Nachricht, Ashvatthama sei tot, Bhima habe ihn mit seiner Keule erschlagen, und kommt auch Drona zu Ohren. Dieser kann (und will) das nicht glauben, dass sein Sohn so einfach gefallen sei, und fragt mitten im Gefecht Yudhishtira, den ältesten der Brüder: „Du würdest nicht lügen, und wenn es Dein Leben gelte – sag mir, ist Ashvatthama wirklich tot?“ Und hätte er statt „Ashvatthama“ „mein Sohn“ gesagt, wäre Yudhishtira jetzt in Verlegenheit gekommen. Stattdessen ruft er zurück: „Es ist wahr, ich selbst sah, dass Ashvatthama tot ist! Der Elefant…“ Kursiv ist der leise Teil, und fett der laute, und während der laute Teil jetzt nicht unwahr ist, verbirgt der leise eine wichtige Zusatzinfo, ohne die Drona völlig falsche Schlüsse zieht, den Lebensmut verliert und sich umbringen lässt.

Im März 1995 formulierte…

Philosophische Frage – gilt der Monat, in der die Folge urausgestrahlt wurde, oder der Monat, in der sie gedreht wurde, oder der, in der das Drehbuch verfasst wurde? Vllt war genau DER Gag auch erst für eine frühere Folge gedacht, aber wurde gestrichen und jetzt erst recycelt, weil es hier besser passte?

…der aus den „Simpsons“ bekannte…

Er kommt aus dem Simpsons-Franchise und ist keine RL-Person, die einen Gastauftritt dort hatte.

…jüdische Philosoph Krusty,…

Er ist kein Philosoph. Bzw., wenn man ihm an irgendeiner Stelle Philosophie in den Mund legt, ist er trotzdem ein Philosoph, der zufällig auch Jude ist, kein „jüdischer Philosoph“, dessen Gedanken irgendwie spezifisch jüdische Geistesgeschichte wiedergeben.

…der Clown,…

Das ist Teil seines Namens, aber im konkreten Kontext ist er Juror bei einem Filmwettbewerb.

…einen für Politik und Popkultur zentralen Satz: „Ich habe den leisen Teil laut gesagt und den lauten Teil leise.“

„Der ELEFANT ist tot (er hieß zufällig wie Dein Sohn)…“ Im konkreten Fall war es mehr (Paraphrase aus dem Gedächtnis, aber widerlegt mich): „Der Film hat mich sehr bewegt. Ich kann jetzt in ein größeres Haus ziehen!“ Er verplappert sich also dahingehend, dass er sich bestechen ließ. Haltet Ihr, liebe Kinder, es immer noch für eine gute Idee, den Vorgang als „jüdische Philosophie“ zu främen?

Anschließend an das Diktum seines Vorgängers Sokrates, „dem schönen Pferde Athen eine zudringliche Bremse zu sein“ (Nietzsche), hat besonders der erste Teil des Satzes nach wie vor große Relevanz.

Springfield ist kein „schönes Pferd“, sondern selbst die Pferdebremse für die US-Gesellschaft. Aber insofern könnte man das schon als Gesellschaftskritik sehen statt als Aussage nur über Krusty, der sich bestechen ließ, und Mr. Burns, der eine absurd hohe Summe springen ließ. Nur, wie gesagt, im Kontext heißt „Den leisen Teil laut sagen“: „Ich bin geldgierig genug, mich von reichen, eitlen Männern bezahlen zu lassen, und gleichzeitig nicht schlau genug, das zu verheimlichen…“ Soll das so?

Die Vorstellung, dass Gesellschaft nach unausgesprochenen, mit aller Macht beschwiegenen Regeln funktioniert

Ja, Gesellschaften funktionieren nur mit Regeln, nicht ohne; und es wird vorausgesetzt, dass alle die kennen und durch Erziehung und Nachahmung erlernen, aber warum sollten die „beschwiegen“ werden? Logischerweise funktionieren Regeln nur, wenn alle sie einhalten, und dazu müssen alle sie kennen.

und dass es Menschen braucht, die diese Regeln laut aussprechen und sichtbar machen,

Eben.

verfügt über eine beträchtliche Anziehungskraft, die in den letzten zwei Jahrzehnten sogar noch gewachsen ist.

Ja, die Vorstellung einer funktionierenden Gesellschaft, deren Regeln nicht beschwiegen werden, sondern allgemein bekannt sind, so das Verstöße bestraft und Änderungswünsche diskutiert werden können, ist tatsächlich irgendwie verlockend.

Allerdings ist sie mittlerweile auch schlecht beleumdet, weil eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Leuten damit begonnen hat, größtmöglichen Schwachsinn (die Erde ist eine Scheibe, Bill Gates hat uns alle gechipt, wir werden von Echsenmenschen regiert) als den leisen Teil zu definieren, der jetzt doch endlich einmal laut ausgesprochen werden muss.

Ok, Echsenmenschen und Chips sind vllt wichtig, aber eine funktionierende Gesellschaft funktioniert natürlich auch auf flachen Himmelskörpern. Um im Bild zu bleiben, ich glaube nicht, dass die Simpsonsmacher glaubten oder behaupten wollten, Juroren von Filmpreisen seien typischerweise bestechlich, oder dass die Gesellschaft auf Bestechungsbasis funktioniert.

Das sorgt dafür, dass man auch in den Fällen, in denen wirklich einmal verborgene Funktionsmechanismen der Gesellschaft offengelegt werden, oftmals die Unfugsvermutung anstellt.

„Ich lasse mich bestechen, aber ich möchte das Bestechungsgeld neu verhandeln!“? Kommt mir weniger wie „Unfug“ vor, sondern mehr wie ein Knieschuss. Sollte Pickert das Frauen wirklich unterstellen? Ich fürchte, darauf gibt es nur eine Antwort, und die lautet: „JA!“

Zum Beispiel, wenn Frauen laut aussprechen, dass ihnen unter den vorherrschenden patriarchalen und heterosexistischen Bedingungen buchstäblich die Lust auf Beziehungen mit Männern vergeht.

Ja, guckter. Warum und wieso Heteras unter Heterosexismus zu leiden hätten, kann ich jetzt auch nicht sagen, aber Patriarchat ist halt das Übel aller Übel. Nur ist „Heteras stehen nicht mehr auf Männer!“ keine geheime Regel für eine halbwegs funktionierende Gesellschaft. Aus meiner Sicht lautet die (sonst) unausgesprochene Regel: „Frauen stellen an Männer, mit denen sie Beziehungen eingehen wollen, hohe Anforderungen.“ Und diese Anforderungen wollen sie anscheinend anheben. Man stelle sich vor, wie Leute, die per Monatskarte von A nach B kommen, auf die Nachricht reagierten, dass die Firma Lamborghini neuerdings +10% auf all‘ ihre Produkte fordern wolle. Man kann das Schulterzucken geradezu hören.

Das wird dann genüsslich altväterlich-schmunzelnd seziert,…

Aber nicht von mir. Ich verdrehe beim Sezieren die Augen, wie so ein genervter Teenager.

…weil ganz so schlimm wird es ja wohl nicht sein,…

Die Verschlechterung für mich hält sich tatsächlich in Grenzen.

…und das ist ja sowieso eher eine gefühlte Wahrheit…

Dass Heteras auf Männer stehen, ist ihre Definition.

…und wieso interessiert man sich überhaupt für diese Pillepallethemen.

Wegen der Sippenhaft. Weil irgendwelche Männer schlecht zu Frauen sind, stehen Frauen nicht auf mich. Statt wegen irgendwelcher Dinge, die ich persönlich bin oder tue. Warum sich noch Mühe geben?

Sie sehen, wir kommen jetzt zu dem „Schluss mit lustig, die Lage ist ernst“-Teil dieses Textes, den ich Ihnen von Anfang an durch meine billige Philosophenfinte unterzuschieben gedachte

Ja, über eine buchstäbliche Witzfigur wird gelacht, weil sie auf „schlaue“ Weise lügen will, aber es vermasselt. DAS ist der Vergleich, den Pickert hier für Frauen aufbaut. Okehe, ist nicht meine Schuld!

Denn aus „irgendwelchen“ Gründen werden ein paar Kleinigkeiten, die Frauen die Beziehungsanbahnung zu Männern vergällen, insbesondere von Männern gerne unterschlagen.

Aber nicht von mir, ich verlinke sie. Pickert unterschlägt nebenbei den ganzen Kontext der Simpsons-Folge. Denn: Gründe.

Angesichts der Tatsache, dass Österreich nicht nur Heimat großer Töchter und Söhne, sondern auch viel zu vieler Femizide ist,

Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Österreicherin Opfer ihres Partners wird, ist geringer als die, dass ihr Partner an einem Arbeitsunfall stirbt. Sollten Österreicherinnen sich nicht gezielt Männer mit ungefährlichen Berufen oder am besten Arbeitslose suchen?

sollte Mann womöglich vorsichtiger damit sein, das Dating-Unbehagen von Frauen abzutun.

Ich komme aus Deutschland. Aber sich bei der Partnersuche rar zu machen, war schon vor 3 Mio. Jahre eine weibliche Taktik.

Oder Mann nimmt dann doch mal zur Kenntnis, dass laut Studien 19 Prozent der Frauen zwischen 18 und 34 auf Datingplattformen schon mit körperlicher Gewalt bedroht wurden…

Und? Mal abgesehen davon, dass das aus den USA ist – andere Gesellschaft, andere Geheimregeln – wenn ich genau nicht so bin, müsste entweder mein „Marktwert“ steigen, oder aber, er bleibt gleich, weil alle Männer gleichermaßen abgelehnt werden.

Wer da nicht findet, dass die Generation Z „Mädels“ darauf mit „Wow, unfreundlicher, übergriffiger Stalker-Typ, ich möchte dich dringend kennenlernen!“ reagieren sollte, hat einfach romantische Liebe nicht verstanden.

Pickert ist nicht ganz die richtige Person, darüber Vorträge zu halten, aber ja: Wenn Frauen selbst die Initiative ergriffen, würden ein paar Dinge anders laufen.

Aber kommen wir zu den inneren Werten einer Beziehung, auf die kommt es schließlich an.

Nein, darauf kommt es nicht an. Führende Experten (Pickert) versichern mir regelmäßig, dass eine Partnerschaft, und noch mehr eine Familie, harte Arbeit sei. Also je härter, desto besser. Insofern kann ich die Heteras verstehen – harte Arbeit kann man auch so haben, insofern sind Heteroa-Beziehungen für beide Beteiligte schlecht.

Pay-Gap, Care-Gap, Orgasm-Gap

Eben.

82 Prozent aller Alleinerziehenden sind Frauen,

Das liegt aber auch am Widerstand gegen das Wechselmodell, an dem sich gerade Feministinnen hart und gnadenlos beteiligen.

von denen viele massiv durch Altersarmut bedroht sind.

Wird wohl so sein. Es ist nicht meine Schuld, wenn eine Beziehung, an der ich nicht beteiligt bin, in die Brüche geht.

Mental Load auf ihrer und Bewaffnung mit Inkompetenz auf seiner Seite.

„Suche inkompetenten Mann fürs Leben!“ Aber ehrlich, wenn Care-Arbeit in einer Beziehung so viel härter ist als das, was ich so mache, erspare ich irgendeiner Frau am besten nicht nur die halbe, sondern die ganze Care-Arbeit, indem ich auf eine Beziehung mit ihr verzichte!

Kinderschuhe für den Herbst kaufen,…

Hölle!

…mit der Lehrerin telefonieren,…

Lehrkörper die schlimmsten einfach!

…Geschenk für Kindergeburtstag am Wochenende besorgen,…

Das geht sogar noch.

…Schwiegervater anrufen,…

Ha, Punkt für mich – ihren Schwiegervater wird meine Frau nie anrufen müssen, auch wenn der Grund dafür traurig ist.

…Auslandskrankenversicherung,…

Wieso? Einfach nicht ins Ausland fahren.

…weiterführende Schulen recherchieren…

Jaaa, damit ist man ständig befasst.

…versus „Mich stört der Dreck nicht so“…

Kommt auf den Dreck an.

… „Du kannst das sowieso viel besser als ich, Schatz“.

Ok, auch DAS ist ein Punkt für mich: da ich schlecht mit Komplimenten klar komme, mache ich lieber gar keine. Wenn jetzt einer fragt, worin dann mein „Marktwert“ besteht, verweise ich auf Pickert. Solches Geschleime wird es mit mir einfach nicht geben.

Tun Sie an dieser Stelle bitte gemeinsam mit mir überrascht darüber, dass gleichgeschlechtliche Paare im Durschnitt glücklicher sind als heterosexuelle Paare.

Was soll ich sagen? Offensichtlich ist sexuelle Orientierung keine Entscheidung, sonst wäre die Menschheit inzwischen ausgestorben.

Fasst man das alles zusammen, dann stellen vor allem jüngere Frauen spätestens seit der #MeToo-Debatte immer lauter die Frage: Warum sollte ich mich auf eine anstrengende, unfaire, potenziell gefährliche Liebesbeziehung einlassen, die bei näherer Betrachtung nicht einmal die Anforderungen für eine halbwegs passable Freundschaft erfüllt?

Pierre Anthon stellt dieselbe Frage. Wenn auch mit einem etwas anderen Hintergrund. „Was wollt Ihr Mädchen eigentlich mit einem Freund?“ Während er den Mädchen die Schuld an Beziehungen gibt, gibt Pickert sie erwartbarerweise Männern. Jetzt könnte ich eine Menge mehr oder weniger zynischer Gründe aufzählen, aber egal. Wenn die Frauen selbst die Frage nicht beantworten können, brauche ich es auch nicht.

Das heißt übrigens nicht, dass Frauen sich nicht trotzdem für diese Beziehungen entscheiden.

Ja, aber da das eine eher unschlaue Entscheidung ist, wie weiter oben hergeleitet wurde, was soll es sonst heißen?

Auch nicht, dass es nicht sehr viele Frauen in wertschätzenden, fairen und glücklichen Heterobeziehungen gibt.

Sowenig wie ich etwas für unglückliche Beziehungen anderer Leute kann, kann ich was für glückliche Beziehungen noch anderer Leute. Wen schert es also?

Es heißt einfach nur, dass Frauen seit ein paar Jahren den leisen Teil immer lauter sagen.

Ja, wie gesagt. Bei Krusty ist das der Teil, der ihn entlarvt. Wenn ich jetzt mal annehme, dass das so nicht gemeint sein soll, ok, aber dann kann ich trotzdem nicht beantworten, warum eine beliebige Frau in einer Beziehung leben sollte. Das kann höchstens die Frau selbst, und wenn die es nicht weiß, ist eine Beziehung vermutlich nicht das richtige für sie.

Sie schreien ihn geradezu heraus, weil er an ihnen zerrt, ihnen die Luft nimmt und sie niederschlägt.

Ja, und jetzt? Entweder, eine Frau will keine Beziehung, aus Gründen, bei denen ich nicht widersprechen will, dann sollte sie keine eingehen, oder aber, eine Frau will doch eine Beziehung, und dann hindert sie niemand, eine einzugehen. Oder jedenfalls nicht „die“ Gesellschaft.

Wie wäre es, wenn wir zur Abwechslung mal zuhören?

Probleme lösen sich nur dann durch „Zuhören“ auf, wenn sie entweder nur „gefühlte“ Probleme sind, oder wenn jemanden beim Darüber reden eine gute Idee kommt.

Mir wird große Teile meines Lebens lang erzählt, dass es mein Glück sei, eine Partnerin zu bekommen, und dass ich dafür dankbar sein müsse, insofern ist die Frage, was meine Partnerin davon hätte, ja nicht neu. Stellt sich heraus: gar nichts. So, wie Lamborghini nichts von Leuten hat, die sich nur Monatskarten leisten können.

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