Männerarbeit II: The Macht of Manager-Bullshit-Bingo-Blah!

Weiter geht es hierzu, und da auf „Dokumentation“ klicken. Da gibt es auch die tollen Grafiken.

Damit komme ich zur zweiten Frage.

2. Wie heilen Männer?

„Wir“ haben keine Ahnung, harren aber eifrigst der Erleuchtung.

Mein Referat trägt den Titel: Männerarbeit ist Versöhnungsarbeit. Dieser Titel ist Programm.

Ja, ich kann mir tatsächlich mindestens zwei Programme vorstellen, die hiermit gemeint sein können. Aber er hat die Phrasen drauf.

Ich behaupte: Wir Männer heute haben die Chance und die Pflicht, nicht nur unsere eigenen Wunden verheilen zu lassen

Ich habe nicht das Recht, gesund zu werden und andere Dinge dafür ruhen zu lassen, sondern die Pflicht. Wem gegenüber? Anderen Männern? Frauen? Der Gesellschaft, der ich meine Arbeitskraft schulde? Umgekehrt ist in Theunerts Welt niemand verpflichtet, mich beim Gesundwerden zu helfen. Ich fühle mich so unfassbar begeistert.

sondern auch die Wunden unseres patriarchalen Erbes.

Die Wunden, die dieses Erbe erlitten hat, oder die, die es verursachte? Sprache, ey.

Das ist eine verdammt grosse Aufgabe und naheliegenderweise auch keine einfache.

Das Wording „Aufgabe“ legt nahe, dass jemand anderen diese Arbeit aufgibt. Wer wäre das? Jeder Satz hat mindestens eine fragwürdige Vokabel.

Eine Alternative sehe ich jedoch keine, wenn wir uns nicht bloss weiter in der Spirale des Leidens drehen wollen.

Ja, insofern Zustimmung, erstmal um die eigenen Probleme kümmern. Aber das scheint er ja nicht zu meinen…

Was heisst das konkret?

Mehr Bullshit-Bingo-Phrasen aus der Schule für Manager, denen die Mitarbeiter sonst weglaufen.

2.1 Persönliche Ebene

Männer sind Wächter und Gefangene in Personalunion, habe ich gesagt.

Stimmt, das haben Sie gesagt. Ändert nichts daran, dass ich „Männlichkeit performe“, wie der Angeberfachbegriff lautet, um Frauen davon zu überzeugen, nicht Männer.

 Liebe Männer,

diese Gleichzeitigkeit ist unsere Tragik – aber auch unsere Chance.

Liebe männliche Mitarbeiter, die Krise ist unsere Chance. Liebe Mitarbeiterinnen, zur Belohnung für gute Taten dürft IHR heute eher nach Hause.

Weil wir Wächter und Insassen zugleich sind, liegt auch die Macht zur Emanzipation in uns.

Das wäre so. ICH müsste einfach die Gefängnistür aufmachen und nach Hause gehen. Also, entweder habe ich das schon gemacht, oder es gibt mindestens einen relevanten Grund, weiterhin in der geöffneten Zelle zu bleiben, den ich nicht abstellen kann. Oder die Metapher ist halt kacke.

Wir können uns ein lebensdienliches Männerbild schaffen: Wir selber sind es, die uns im Weg stehen.

Wessen Leben soll das Männerbild denn dienen? Ich frage, weil andere Männerbilder auch dem Leben dienten, aber dem Leben von anderen.

Der Prozess ist anspruchsvoll und der Grat schmal. Denn wegen dieser Gleichzeitigkeit von Gefangen-sein und Wächter-sein kann Männeremanzipation nie nur das Eine oder das Andere sein:

Nein. Einfach nein. ICH muss – geleitet von der Erkenntnis, dass manche Probleme, die ich habe, von mir selbst verursacht werden – diese Probleme abstellen. Wenn das im Einzelfall schwierig ist – Abnehmen, Aufräumen – ist das so, aber das liegt nicht an der „Gleichzeitigkeit“.

Nachhaltige Männeremanzipation aber heisst: Die Aussöhnung zwischen dem Wächter und dem Insassen befördern.

Der Wärter: „Wenn Du Erfolg bei Frauen haben willst, musst Du dies, das und jenes tun!“ Der Insasse: „Wenn ich nur dies und jenes tun will, aber nicht das, krieg ich also keine Freundin?“ – „Niemals!“ – „Ok, dann lass ich es.“ – „Kannst gehen.“

Mit liebevoller Strenge. Schritt für Schritt. In der Bereitschaft, Rückschritte zu verzeihen. Im Willen, den Frieden zu finden.

Ich habe immer noch den Eindruck, er versteht nicht, welche Probleme ich mit Männlichkeitsbildern habe.

Doch aufgepasst: Wenn ich den versöhnten Mann als Leitbild lebensdienlicher Männlichkeit skizziere und dazu auffordere, den Prozess der Aussöhnung auf sich zu nehmen, dann laufe ich neuerlich Gefahr, in das alte Alles-im-Griff-Muster zu rutschen.

Erstmal, wenn ein Mann damit „versöhnt“ ist, dass er nicht alles im Leben, was er für wünschenswert hält, erreichen kann, oder jedenfalls nicht mit den Kompromissen, zu denen er bereit wäre, ist das nicht „Alles im Griff haben“. Zweitens, möglichst viel im Griff zu haben ist ein erstrebenswertes Ziel. Drittens, zu versuchen, bestimmte Ziele mit neuen oder jedenfalls anderen Methoden zu erreichen, ohne sich zu beklagen, dass das dann keinen Erfolg haben wird, ist auch nicht „Alles im Griff“ haben, aber immerhin ein Versuch, alles „in den Griff“ zu kriegen. Was muss man daran aussetzen?

Die Versöhnung zwischen Wächter und Gefangenem ist auch, aber nicht nur eine Aufgabe, die sich jedem einzelnen Mann stellt und die ein einzelner Mann allein lösen kann.

Wie oben skizziert, wenn jeder einzelne Mann gleichzeitig Wärter und Gefangene wäre, wäre das eben doch so. Mindestens die anderen Gefängniswärter wären aber ein Problem, wenn das nicht so einfach wäre…

Das ist eine Verbundsaufgabe, eine kollektive Bewältigung unbearbeiteter männlicher Trauer, Tragik und Traumata.

Weil nicht nur alle Männer Trauer und Traumata haben, sondern alle genau dieselbe Trauer und dieselben Traumata? Das bezweifle ich für mich persönlich ganz entschieden.

2.2 In der Männerarbeit

Die Männerarbeit im deutschen Sprachraum ist international ein Sonderfall.

Ist das jetzt gut oder schlecht?

Was wir im deutschsprachigen Europe mit grosser Selbstverständlichkeit tun: Wir verbinden als „bewegte Männer“ profeministische und eine emanzipatorische Traditionen.

Cousine von mir würde jetzt mindestens DREI Filmzitate raushauen. Die ganze Suppe schmeckt lauchig. Ich rufe die gleich mal an.

Progressive Männerarbeit

Unsere Männerbewegung und die Männergruppenkultur sind entstanden aus dem Wunsch, die Emanzipationsbewegung der Frauen nicht einfach auszusitzen, sondern ebenso unterstützend wie eigenständig eine komplementäre Bewegung in Richtung gerechter Geschlechterverhältnisse zu unternehmen.

Ja, schön für Euch. Macht doch. Ich arbeite solange daran, dass Männer nicht mehr so oft an Arbeitsunfällen sterben.

Wir müssen uns sowohl mit unseren Privilegien konfrontieren und diese abzugeben lernen,

Was heißt das – weil Frauen nicht zum Bund müssen, muss ich das auch nicht, oder weil ich zum Bund muss, müssen Frauen das auch?

wir müssen gleichzeitig die Kosten traditioneller Männlichkeit sehen und anprangern

Die Kosten traditioneller Männlichkeit sind im Umkehrschluss Privilegien von Frauen.

und wir müssen die Unterschiede männlicher Lebenslagen im Blick behalten, damit Männer in Würde einen neuen Platz in einer egalitären Gesellschaft suchen, sich emanzipieren können

Denn das Männer einfach machen können, was sie wollen, darf natürlich trotzdem nicht sein.

Daraus hat sich für die männerpolitische Praxis das Konzept der triple advocacy, der dreifachen Anwaltschaftlichkeit entwickelt (Theunert 2012).

Für maximale Synergieeffekte! Ohne maximale Synergieeffekte macht Manager-Brainstorm-Bingo echt keinen Spaß.

Es besagt, dass progressive männerpolitische Beiträge gleichermassen männliche Anliegen und Verletzlichkeiten benennen/bearbeiten, Frauenemanzipation unterstützen und soziale Gerechtigkeit anstreben müssen.

Echte Anwälte sprechen hierbei von einem Interessenkonflikt. Aber ja, progressive Männerrechtler sind multitakingdingsbums, Ihr wisst schon – für maximale Synergieeffekte!

Denn was ich international wahrnehme, ist eine starke Polarisierung. Auf der einen Seite stehen die gleichstellungsfeministisch geprägten Institutionen, die Jungen und Männer gern instrumentalisieren für eigene Zwecke,

Tja, genau – prinzipiell müsste es aus Symmetriegründen auch Feministinnen geben, die weibliche Anliegen und Verletzlichkeiten, Männeremanzipation und soziale Gerechtigkeit gleichermaßen anstreben, oder?

die geschlechterreflektiertes Handeln von Jungen und Männer letzlich nur dann als legitim erachten, wenn es Mädchen und Frauen nutzt.

Auch schon gemerkt?

Auf der anderen Seite steht die Männer- und Väterrechtsbewegung, die sich im Aufrechnen tatsächlicher und vermeintlicher Benachteiligungen von Jungen und Männern verliert, die auf Gegenwehr setzt statt auf gemeinsame Entwicklung.

Wie weiter oben und auch anderswo bereits dargelegt: ich muss mich erstmal um mich selbst kümmern, um meine Wunden, so vorhanden, um mich persönlich weiterzuentwickeln (wenn man das Wording gelten lässt), und das gerade Theunert mir dabei eine Hilfe wäre, halte ich für sehr abwegig.

Wir dürfen diesen Kräften das Feld nicht überlassen. Männliche Entwicklung kann nicht in Umerziehung bestehen.

Darauf laufen aber Ihre ganzen Ausführungen hinaus.

„Gender transformation“ heisst der Ansatz, der hier gepredigt wird. Der Begriff ist nicht das Problem.

Der Begriff vllt weniger als dass nicht klar ist, was damit gemeint ist. Bzw., wer damit was meint. Oder ob das so ein bedeutungsloses Füllwort ist.

Aber das oftmals damit verbundene Verständnis, wir müssten unsere „alte Männlichkeit“ überwinden und durch eine neue ersetzen.

Tja, manche meinen genau DAS. Also wäre ein anderer Begriff besser.

 Das aber ist nicht Entwicklung, sondern die Fortschreibung der Gewalt, die sich Männer antun.

Das käme zwar auf die „neue Männlichkeit“ an, die die alte ersetzen soll, aber ja: wenn man „Rollenerwartungen an Männer“ ersatzlos striche, wäre das Thema durch.

Die Gegenbewegung ist aber auch keine Option: Es kann nicht darum gehen, dass wir als Männer ohne Schmerz und Leid zu neuer Souveränität und Stärke gelangen.

Also mit Schmerz und Leid zu Souveränität und Stärke oder ohne Schmerz und Leid zur Unsouveränität und Schwäche? Ich befürchte, er will mit Schmerz und Leid zu Schwäche und Unsouveränität.

Denn wie ich aufzuzeigen versucht habe: Auch das wäre wieder nur eine Fassade.

Entweder ist man stark, dann braucht man keine „Fassade der Stärke“, oder nicht, dann baut man sich vermutlich so eine Fassade auf.

Deshalb ist es eben nicht so einfach, mit dem einfach Mann sein… Aber nicht unlösbar.

Ja, er hat jetzt weitere Argumente vorgebracht, warum es einfach unangenehm und absolut nicht erstrebenswert ist, einfach Mann zu sein. Sollen das doch andere machen.

2.3 Männerpolitik

männer.ch hat als Dachverband der progessiven Schweizer Männer- und Väterorganisationen einen klaren Strategieentscheid gefällt:

Militärische Metaphern sind immer gut und haben so rein gar nichts mit dem Männerbild zu tun, welches IHR eigentlich bekämpfen müsstet.

Wir verwenden bis mindestens ins Jahr 2027 alle unsere Kräfte darauf, einen Wertewandel zu ermöglichen, der sorgsame Männlichkeiten zur neuen Normalität machen.

Man kann nicht alles im Griff haben, schon vergessen? Aber davon mal abgesehen, keine Umerziehung, keine „neue“ Männlichkeit, aber „sorgsame“ Männlichkeiten sind ok. Begeisterung!

„Caring masculinities“ heisst das Fachkonzept dazu. … Der Begriff kursiert seit einigen Jahren in der Fachdiskussion, ist aber nach wie vor nicht wirklich klar konzeptualisiert.

Dann kommen Sie bitte wieder, wenn das Konzept steht, und verschwenden Sie nicht unsere Zeit mit Bullshit-Bingo-Bla.

Erschwert wird die Suche nach einer einheitlichen Definition durch den Umstand, dass auch Männer in traditionellen Lebensentwürfen Sorge zur Familie tragen

Oh, nein. Wie schrecklich.

auch wenn dies im klassischen Ernährer-Modell eher ein «Sorgen für die Familie» als ein «Sorgen in der Familie» ist.

Ach, plötzlich sind solche präzisen Formulierungen wichtig? Weil man sonst den Gegenentwurf nicht schlechtreden kann.

Alle Formen sorgenden Tätigseins bauen dabei auf dem gleichen Fundament, im Modell beschrieben als „Bezogen- und Verantwortlich-Sein als Haltung und Kompetenz“.

Es fühlt sich selbst bei deutschen Wörtern wie Managementgelaber an. Selbst Politikergelaber, wiewohl ähnlich bedeutungsvoll, wird immerhin knapper formuliert, um das „normale“ Publikum besser abzuholen.

 „Caring“ ist so ziemlich das exakte Gegenteil des zwar brüchiger gewordenen, aber noch immer dominierenden Männlichkeitsbilds, in dessen Zentrum die Bereitschaft zur Fremd- und Selbstausbeutung, zur Verletzung der Grenzen von sich selbst und von Dritten steht.

Ist es nicht. Natürlich kann man sich auch in der Pflege aufreiben. Natürlich können Pflegekräfte ausgebeutet werden. Umgekehrt wird Männern regelmäßig, insbesondere im militärischen Bereich, wo die schlimmsten Auswüchse bekanntlich herkommen, gepredigt, dass sie sich für andere ausbeuten sollen: nicht nur Gott und Vaterland, sondern auch Frau und Kindern.

“Doing caring work is associated with having a more flexible definition of masculinity, men’s roles, and men’s caring capabilities”1.

Wenn ich hypothetischerweise gar nicht an einer Familiengründung interessiert wäre, und beziehungstechnisch nicht unbedingt an einer lebenslangen Ehe, wäre es meine Flexibilität, den ganzen Kram zu überspringen.

Das Wertvolle daran: Caring Masculinities stellen eine potenzielle Positivdefinition transformierter Männlichkeit dar, indem eben nicht nur gesagt wird, was Männer nicht (mehr) tun sollen.

Wertvoll für wen?

 Das Konzept bietet so einen Horizont, eine Alternative, Orientierung. Und das ist zentral, wenn Männer im Gleichstellungsprozess einen Gewinn sehen sollen.

Oder, ich mache einfach, was ich will, und wenn ich damit keinen Erfolg habe, ist das mein Problem, nicht das von anderen. Ernsthaft, wenn jemand im Bergbau keinen Job mehr findet, wird der eher auf Tiefbau oder so umgelernt, nicht auf Krankenpfleger.

Elliott (2015) bringt es auf den Punkt: “We cannot deconstruct male power without reconstructing the emotional lives of men2”.

Die Macht von Männern wird nicht vom emotionalen Leben von Männern verhindert. Auch nicht umgekehrt. Und natürlich können auch Singles Emotionen haben; die ganze Denke dahinter kommt mir weltfremd vor.

Das entsprechende Leitbild auf Ebene Paar und Familie ist das Dual Earner/Dual Carer-Modell, die Solidargemeinschaft (in Abgrenzung zur traditionellen Versorgungsgemeinschaft).

Warum überhaupt Leitbilder? Weil sonst jedes Paar macht, was es will.

Dabei geht das Konzept der caring masculinities über die faire quantitative Verteilung von Tätigkeiten hinaus, weil mit Care eben nicht nur being engaged, sondern auch being concerned gemeint ist. Equality meint dann nicht nur hälftige Übernahme von Care-Tätigkeiten, sondern auch hälftige Übernahme von Care-Verantwortung.

Bingo! Wir haben ein Bullshit-Blah-Bingo! Aber getreu dem Motto: „Spiel dumme Spiele, gewinn bescheuerte Preise!“ darf ich mit meine Belohnung nur denken.

Soweit die Worte der heutigen Lesung.

Ein Gedanke zu “Männerarbeit II: The Macht of Manager-Bullshit-Bingo-Blah!

  1. Auch diese Säue kennen nichts anderes, als am Mann herumzunörgeln. Egal, ob traditionelle Rollenverteilung oder Feminismus: Der Mann soll eine Sklave der Frau sein, soll sich selbst dazu dressieren. Ich wünsche diesen Feministen eine schöne Trennung an den Hals, dann können sie mal sehen, wie weit sie mit ihrem Gewäsch kommen und dann haben sie vielleicht auch die Erkenntnis, dass um ganz konkrete und harte Rechte geht, die diese Verräter eben nicht einfordern.

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