Oben ohne in den Aldi

Wer kennt Sie nicht, die Kerle mit Bierbauch – s. Symbolbild – die oben ohne Einkaufen gehen? Praktisch alle? Also, alle kennen sie nicht?

SOLLTE OBEN OHNE FÜR ALLE SEIN?

Ja, prinzipiell berechtigte Frage.

Im Herbst und Winter ist es dunkel und kalt – aber diese Jahreszeiten haben im Vergleich zu Frühling und Sommer einen klaren Vorteil: keine nackten Männeroberkörper.

Nackte Männeroberkörper – s. wie gesagt das Symbolbild – sind also etwas schlechtes.

Denn egal, ob beim Training im Fitnessstudio

Kann sein, aber die meisten da haben keinen Bierbauch mehr…

oder beim Jogging im Park

…habe ich ehrlich noch nie einen oben ohne gesehen, und Jogger sehen i.d.R. auch fitter aus…

 im Fußballstadion

…da wohl schon, aber dafür mit Körperbemalung in den Vereinsfarben…

oder beim Feiern

…nein, aber WENN, wäre es nicht öffentlich…

in Bus und Bahn

…echt jetzt?

oder auf dem Rad

…s. Jogging…

im Einkaufszentrum oder im Supermarkt

…äh, nein. Einfach nur nein.

Männer ziehen ganz selbstverständlich in der Öffentlichkeit das T-Shirt aus und laufen oben ohne herum.

Kann ja sein, dass das einige tatsächlich tun, aber es kommt nicht annähernd so häufig vor, wie das hier behauptet wird. Daher fehlt der Beleg, dass das „selbstverständlich“ sei.

Und niemanden scheint es ernsthaft zu stören.

Eine Menge Leute würde das stören, wenn das in der Form vorkäme. An bestimmten Orten – Bäder und Strände vor allem – ist das akzeptiert.

Am wenigsten sie selbst.

Naja, wie soll einem etwas stören, was man gar nicht macht?

Jetzt denkt ihr vielleicht: Ja, wo ist denn das Problem, dass Männer mit freiem Oberkörper in der Öffentlichkeit herumlaufen?

Nein, ich denke: „Wo ist das Problem, wenn praktisch kein Mann mit freiem Oberkörper in der Öffentlichkeit herumläuft?“

Dass sie das fast überall komplett bedenkenlos tun, hat nicht nur mit Hitze zu tun.

Naja. Vllt. mögen Männer es ja kühler als Frauen?

Es zeigt vielmehr, wie verbreitet und akzeptiert maskuline Nacktheit in unserer Gesellschaft ist.

Ähm, NACKTE Männer in der Öffentlichkeit sind verboten, nackte Frauen nicht.

Das ist ungerecht:

Achwas?

Denn weiblich gelesene Personen können sich nicht einfach so obenrum freimachen und unbehelligt rumlaufen, als wäre nichts.

Ich würde mich nicht trauen, oben ohne bspw. einkaufen zu gehen; neben body-shaming-Gründen auch, weil man mich vllt. nicht reinlässt. Hier wird ein Strohmann aufgebaut.

Sie würden – abhängig vom Ort – wenigstens angeglotzt, beleidigt und wahrscheinlich sogar belästigt.

Ist „belästigt“ schlimmer als „beleidigt“? Aber meinetwegen, ein Grund der ablehnenden Reaktionen wird aber sein, dass auch Männer belästigt werden können. Bspw. durch den Anblick oberkörperfreier Frauen. Selbst, wenn die behaupten, dass das keine Absicht sei.

Am Strand mag es „nur“ hier und da unangenehme Blicke geben; in öffentlichen Verkehrsmitteln sähe das schon anders aus.

Aka Orte, die man benutzen muss und bei denen man einander schlecht ausweichen kann. Na, sowas.

Die Vorstellung von einer weiblichen Person, die oben ohne einkaufen oder mit dem Hund um den Block geht, wirkt im ersten Moment befremdlich; bei einer männlichen Person ist das hingegen nicht so.

Ich finde beides befremdlich. Und nicht nur im ersten Moment.

Manchmal werden feminine Menschen selbst bei Hitze in Parks aufgefordert, sich etwas überzuziehen – anders als maskuline.

Je nach Park fände ich das albern bis inkonsequent.

Und sogar Stillende werden ungern gesehen und immer wieder auch aus Cafés und Restaurants verbannt

Wie, die bringen eigene Getränke mit? Aber man versuche mal als Mann in ein Café oder Restaurant oben ohne bedient zu werden…

wenn Jungs am Strand nur eine Badehose und gleichaltrige Mädchen sinnloserweise zusätzlich ein Bikinitop tragen, obwohl sie nichts voneinander unterscheidet.

ist das ebenfalls etwas albern. Uneigentlich gibt es Mädchen, die das genau so haben wollen.

Aber warum können männlich gelesene Personen unbehelligt ihren nackten Oberkörper öffentlich zeigen, feminine Menschen jedoch nicht?

Können erstere ja auch nicht überall, sondern nur an bestimmten Orten, aber gut, warum?

Dahinter steckt, dass die Gesellschaft weibliche Körper anders bewertet und interpretiert als männliche.

Achwas. Warum machen Menschen zwischen Männern und Frauen Unterschiede? Weil sie zwischen männlichen und weiblichen Körpern Unterschiede machen. Das ist SO trivial…

Brüste gelten als sekundäre Geschlechtsmerkmale.

Wieso „gelten“? Sind Sie’s oder sind sie’s nicht?

Das heißt, sie haben nicht direkt mit der Fortpflanzung zu tun und entwickeln sich erst mit der Pubertät.

Das tun Achselhaare auch. Eure Definition ist fehlerhaft. Geschlechtsmerkmale heißt, dass sie sich je nach Geschlecht unterscheiden.

Aber Ähnliches gilt auch für andere Merkmale, zum Beispiel für Bärte.

Ja.

Trotzdem werden männliche Personen mit Rauschebart nicht aufgefordert, sich doch bitte zu rasieren oder ihre Gesichtsbehaarung zu bedecken.

Warum gilt ein abgespreizter Mittelfinger als Beleidigung, ein abgespreitzter Ringfinger aber nicht? Sexualität ist halt nur semilogisch.

Obwohl es durchaus Leute gibt, die Bärte attraktiv finden.

Gibt es auch Leute, die sich von Bärten belästigt fühlen? Denn wenn nicht, ist DAS vllt. der Unterschied?

Feminine Körper werden sexualisiert. Das basiert auf der falschen Vorstellung, weibliche Personen wären sexuelle Objekte, die von maskulinen Personen erobert werden wollen.

no sequitur: auch maskuline Körper werden sexualisiert von Menschen, die zufällig auf maskuline Menschen stehen. Gibt es eigentlich Menschen, die sich von nackten, männlichen Oberkörpern belästigt fühlen?

Und das hat seine Wurzeln im Patriarchat, in dem Männer als Macher gelten, die außerdem ein Recht auf Sex haben und sich beim Anblick von nackten Brüsten einfach nicht beherrschen können.

Ja, die patriarchaische Weltverschwörung immer. Eine Frau, die einen nackten Mann sieht, kann sich auch beherrschen, fühlt sich aber dessenungeachtet belästigt.

Frauen sind dann Schuld an Belästigungen und Übergriffen, nicht die Person, die ihre Brüste sexuell interpretiert und sich nicht im Griff hat.

Nein: Auch Männer können sexuell belästigt werden. Wenn sich ein Mann von nackten Brüsten belästigt fühlt, haben diese Gefühle nichts mit der möglicherweise nicht vorhandenen Intention der Besitzerin besagter Brüste zu tun.

Das nennt man „Victim Blaming“ oder Täter-Opfer-Umkehr.

Wenn eine Frau oben ohne in einem Park angeglotzt wird, kann man sich gerne darüber streiten. Wenn eine Frau oben ohne von jemanden, die oder der das Hausrecht wahrnimmt, aufgefordert wird, sich was anzuziehen oder zu gehen, wird sie weder sexuell belästigt noch soll verhindert werden, dass sie sexuell belästigt wird.

Ein Mann, der einen sonnenverbrannten Bierbauch oder muskelbepackten Oberkörper mit Nippelpiercing spazieren trägt, muss sich über so etwas keine Gedanken machen.

Wetten, dass er sich Gedanken gemacht hat? Wetten, dass die Qualität des Oberkörpers dabei eine Rolle spielten? Da kennt sich jemand aber gar nicht gut mit Männern aus.

Dabei sind weibliche Brüste ein ganz normaler Körperteil, nicht nur eine erogene Zone. Und sie sind schon gar nicht dazu da, um von anderen als Einladung zum Sex interpretiert zu werden

Es gibt Frauen, die Brüste exakt so verwenden. Und zwar mehr als nur drei oder vier. Ein Zeichen so zu interpretieren, wie es häufig verwendet wird, ist legitim. Siehe Mittelfinger im Unterschied zum Ringfinger.

einfach, weil sie existieren und die Frechheit besitzen, irgendwie sichtbar zu sein.

Nuuun, wenn Männer ihren Sixpack durch den Stadtpark joggen, stört es die dann, begehrlich angeglotzt zu werden?

Was passiert, wenn man Männer darum bittet, sich obenrum nicht zu entblößen, zeigt ein Beispiel aus dem vergangenen Sommer.

Hmm, wenn man das Hausrecht inne hat, werden die entsprechenden Männer entweder dem entsprechen oder den Ort verlassen. Alternativ ist es ein Ort, wo es per Gewohnheitsrecht bislang geduldet war, dann könnte es Diskussionen geben.

Unter anderem in Hamburg haben Aktivist*innen Plakate aufgehängt, auf denen stand: „T-Shirt bleibt an – alle haben Fun“

Ich liebe es ja, wenn andere mir sagen, was mir Spaß macht.

und „Wie Sie vielleicht bereits bemerkt haben, ist es den meisten Frauen und Personen anderen Geschlechts (z.B. divers) nicht möglich, sich oberkörperfrei an öffentlichen Orten aufzuhalten.

Wie ich weiter oben schrieb, gilt das für die meisten öffentlichen Orte für alle Geschlechter.

Das Weglassen der Oberbekleidung kann für diese Personen unangenehm bis gefährlich werden. Bitte nutzen Sie Ihr ‚Oberkörperfrei-Privileg‘ nicht aus.”

Warum eigentlich? Wenn ich anderen dasselbe Sonderrecht einräume wie mir, und ICH mich nicht an den nackten Oberkörpern anderer Geschlechter störe, sie nicht kritisiere, angreife oder belästige – gleiches Recht für alle – ist es keine Doppelmoral meinerseits, wenn ich ebenfalls oben ohne herumlaufe.

Das hat für Aufregung gesorgt. Sogar das LKA hat sich eingeschaltet, weil die Plakate denen der Stadt Hamburg täuschend ähnlich sahen.

Das ist das Hausrecht. Wenn die Stadt oben-ohne-Bereiche einrichten will, ok. Wenn die Stadt oben-ohne für alle verbieten will, meinetwegen. Wenn Dritte Flyer gegen oben-ohne-Männer verteilen, auch gut. Wenn sich jemand als „Stadt Hamburg“ ausgibt – nicht ok. Demnächst kassieren die auch noch Bußgelder.

Dabei gibt es in Deutschland kein Gesetz, dass Nacktheit in der Öffentlichkeit ausdrücklich verbietet. Zumindest, solange sie keinen sexuellen Bezug hat.

Ja, wer entscheidet das? Die Deliquentin wohl nicht. Aber ja, es gibt kein Gesetz, das Frauen Nacktheit in der Öffentlichkeit ausdrücklich verbietet.

Allerdings kann das an öffentlichen Orten, an denen sich andere davon gestört fühlen, eine Ordnungswidrigkeit darstellen und zu einem Platzverweis oder einer Geldbuße führen.

Tja, DAS wäre doch ein Hebel: wenn sich Pinkstinks oder sonstwer von bloßen Männeroberkörpern gestört fühlen, einfach mal zu Anzeige bringen.

Ein weiterer Aspekt ist Macht. Dass maskuline Menschen ihren Oberkörper jederzeit entblößen können, ohne dabei sexuell gelesen zu werden

Wieso sollten maskuline Oberkörper nicht sexuell gelesen werden? Wer verbietet das? Was verhindert das? Wie kommen die auf diese Behauptung?

demonstriert Überlegenheit.

Eigentlich demonstriert ein Sixpack mit entsprechenden Schultern Überlegenheit, weil das Muskeln sind und je mehr Muskeln ein Mensch hat, des überlegener ist er körperlich. Grobe Daumenregel.

Sie beanspruchen dadurch den öffentlichen Raum für sich und zeigen gleichzeitig, dass sie mehr Freiheiten besitzen als weibliche Personen, die das eben nicht überall können.

Das gegenteilige Gesetz habe ich weiter oben verlinkt.

Dazu kommt: Maskuline Körper werden längst nicht so harsch kommentiert wie feminine.

HIhihahiaihihiahihaihohahohohehohoh – das glauben die WIRKLICH!

Nur, weil Männer oberkörperfrei rumlaufen können, ohne mit Kommentaren, Sanktionen und Belästigungen zu rechnen haben, haben sie aus unserer Sicht nicht das Recht, es auch jederzeit zu tun.

Weil WIR damit Probleme haben, wollen wir, dass das anderen verboten wird. Auch, wenn wir sehr dehnbare Begriffe von „jederzeit“ verbreiten.

 Solange feminine Personen sich im öffentlichen Raum nicht sicher fühlen können

Letztes hieß es noch, die eigene Wohnung wäre für Frauen der gefährlichste Ort.

ist es wichtig, dass Männer dies anerkennen, sich reflektieren, ihr eigenes Verhalten kritisch hinterfragen und ggf. ändern.

*Schulterzuck – es gibt nach wie vor eine Menge Frauen, die ihre Brüste als sexuelles Signal verwenden. Beschwert Euch bei denen.

Bis irgendwann alle mit nacktem Oberkörper rumlaufen können, ohne dass irgendeine Person dafür beschämt wird.

Also auch Männer mit Bierbauch? Ich schaue auf EUER Symbolbild.

Es ist außerdem ein netter Zug, Rücksicht auf Mitmenschen zu nehmen; nicht überall ist oben ohne angemessen und respektvoll.

Ja? Cafés, Restaurants, Supermärkte, Einkaufzentren?

Vor allem jedoch ist es nicht okay, weibliche Körper einzuschränken, weil sie von anderen sexualisiert werden.

Hm, wenn Frauen aber ihre eigenen Körper sexualisieren, ist es plötzlich doch ok? Das sieht doch wieder nach einem catch-22 aus.

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