Bundesjugendspiele

Sind jetzt kein Wettkampf mehr, sondern ein Wettbewerb. Ja, tolle Wurst. Bei letzterem wird man auch verglichen, aber nicht mit dem Bundesdurchschnitt, sondern mit dem Klassendurchschnitt, was die eigene Leistung einfach nur verzerrt, nur eben in beide Richtungen. Ein durchschnittlich begabtes Kind in einer unterdurchschnittlich guten Klasse, bezogen auf den Bundesdurchschnitt, schafft vllt eine Ehrenurkunde, in einer besonders sportlichen Klasse aber vllt nur die Teilnahmeurkunde. Yäy. Das ist immer noch der Wettbewerbgedanke, das ist nicht grundsätzlich eher geeignet, Freude am Sport zu erzeugen, das ist einfach nur dasselbe.

Ich habe persönlich, trotz schlechten sportlichen Fähigkeiten, übrigens keine besonders schlechten Erfahrungen mit der Veranstaltung; einmal hat man mir eine Urkunde – keine Ahnung welche, die niedrigste, die es halt gab – buchstäblich nachgetragen, die ich gewonnen hatte, aber weil ich nicht damit gerechnet hatte, bin ich schon nach Hause gegangen. Ich habe den Verdacht, der Sportlehrer wollte mir eine Freude machen oder mich motivieren, und irgendwo einen Haken extra gemacht oder großzügig gerundet… Jedenfalls, wie man vllt merkt, habe ich dadurch auch keine Motivation gewonnen, fand es aber auch nicht „demütigend“, und meinetwegen muss man es auch nicht abschaffen.

Aber, wenn ich lese, es „sei zudem eine wichtige Erfahrung, dass andere auf manchen Gebieten besser sind, der Umgang mit Misserfolgen sei auch ein wichtiger Lerninhalt.“, dann denke ich: „Um den sportlichen Kindern zu zeigen, dass andere Kinder noch sportlicher sind als sie, müssen unsportliche Kinder verpflichtet werden, ihre Unsportlichkeit unter Beweis zu stellen.“ Dann das ist jedenfalls, was passiert.

Warum zwingt man die Sportskanonen nicht zu Gesangs- und Musikwettbewerben, um ihnen zu zeigen, dass andere nicht nur in anderen Bereichen besser sind, sondern dass sie selbst in manchen Bereichen so richtig schlecht sind und gar nichts können? Oder zu Buchstabierwettbewerben? Gedichtvorlesen und Schauspiel? IQ-Tests für alle?

Wenn Umgang mit Misserfolgen ein wichtiger Lerninhalt ist, ist es wichtig, dass jedes Kind etwas machen muss, was es niemals freiwillig auch nur ausprobieren wollte, denn nur so ist der wünschenswerte Misserfolg garantiert.

Falls ich jetzt auch ohne demütigende Erfahrungen etwas „salty“ klinge – die Aussage „Kinder sollen Spaß an Sport und Bewegung haben und dazu bieten wir eine Gelegenheit, wo sie auch mal Erfolgserlebnisse haben können jenseits von ’nicht als letzte in die Mannschaft gewählt werden‘ oder 4+ in Sport.“ ist das genaue Gegenteil von „Erfolgserlebnisse hat jeder, wir müssen Kindern zeigen, dass man auch ohne sie Spaß haben können muss.“ Es ist mir schon klar, dass beides pädagogische Konzepte sind, die nicht völlig absurd sind, aber Bundesjugendspiele als Institution unkritisch zu verteidigen, wie das von diversen Kolumnisten passiert ist, ist schon etwas peinlich…

Weiterführende Literatur auch hier.

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