Frauenfilme 5: Sucker Punch

Mal wieder was zum Thema Frauenfilme:

Sucker Punch bietet vielfache Interpretationsmöglichkeiten, denen aber allen gemein ist, dass starke mutige junge Frauen gegen ihre Unterdrückung kämpfen.

Dass eine mutige starke junge Frau „Babydoll“ heißt, tut ihr dabei keinen Abbruch. Ich gehe jetzt nicht allzusehr auf die Details des Filmes ein; wer ihn kennt, wird verstehen, worauf ich anspiele, und der Rest wird nicht gespoilert.

Die möglichen Interpretationen (wer andere hat, sage Bescheid):

  1.  Babydoll leidet seit dem Tod ihrer Schwester tatsächlich unter Wahnvorstellungen, kommt in eine Nervenheilanstalt und redet sich ein, in einem Edelbordell zu sein. Was die etwas bessere Alternative wäre, unter Drogen mit irgendwelchen ekligen Kerlen schlafen, muss sie so oder so, aber in dem Bordell gibt es wenigstens Handtücher. Imaginäre vermutlich. Irgendwie entwickelt sie mit ihren Leidensgenossinnen einen Plan, aus dem Elend herauszukommen. Was wirklich vorgeht, erfahren wir nie, weil wir nur die Wahnvorstellungen sehen. Bei den Tanzwelten kann es sich um reine Allmachtsphantasien Babydolls handeln, in denen sie stark und mutig ist und ihre Lieben beschützen kann, anstatt sie versehentlich zu erschießen oder so.
  2. Babydoll ist in einem Bordell, und die Anstalt ist die Illusion. Beide Varianten sind theoretisch gleichwertig, weil irgendwie niemand (iirc) mal „Irrenhaus“, „Puff“ oder dergleichen sagt, und wenn, wäre das noch nicht einmal ein eindeutiger Hinweis auf die eine oder andere Variante, weil das Ironie sein könnte. Wenn sich jemand fragt, warum geistig zurechnungsfähige Zwangsprostituierte freiwillig auf die Ideen eines halluzinierenden Neulings mit hypnotischen Tanzstil hören sollten – nun, das wäre die erste Sache, die sie seit längerem freiwillig tun, und von daher besser als alles andere. Und die Risiken werden tatsächlich diskutiert. In einer harrypotteresken Spiegelszene. Oder sie sind halt auch nicht mehr so ganz zurechnungsfähig, und teilen Babydolls Illusionen. Oder zumindest einige.
  3. Sowohl Bordell als auch Irrenanstalt sind real in Parallelwelten. Babydoll hat die Fähigkeit, mittels Tanz die Realitätsebene zu wechseln. Auch nicht unlogischer als mittels Zauberspiegeln, Wandschränken, Büchern oder Super-Duper-Mega-Hightech. Babydolls Mentor hätte in dieser Interpretation den Vorteil, echt zu sein, und keine (geteilte) Illusion.
  4. Die Nervenheilanstaltebene ist die einzige echte, und alles andere ist symbolisch zu verstehen. (Bordell: Unterdrückung der Frau; Drache mit Gelege: Patriarchat; Deutsche Kaiserliche Dampfmaschinen-Zombies: Maskulisten; Oni: Heteronormativität; Hypnotische Tänze: Lapdance; Futuristischer Zug: Vergangenheitsbewältigung; Lude/Pfleger, der Frauen umbringt: Unterdrückung der Frau; Lobotomie: Sex, Quatsch, Frauenunterdrückung; dicker hässlicher Stiefvater mit pädophilen Tendenzen: keine Ahnung; junge Frau, die einen Kartoffelsack schleppen muss: Ausbeutung junger Frauen)
  5. Zack Snyder versuchte, verschiedene Demobänder zu diversen Fantasy-Subgenres, die er mal gedreht hat, zu einem ganzen zusammenzuschneiden. Mit Ausnahme ein paar loser Enden am Schluss ist ihm das auch ganz gut gelungen.
  6. es soll keinen Sinn haben, sondern Leute zum Interpretieren animieren.

Zu letzterem muss ich sagen, dass das noch besser funktioniert hätte, wenn die Auflösung entweder besser oder zumindest doppel(dreifach)bödiger gewesen wäre. Wenn man die Nervenklinik als Normalität nimmt, ist jemand wegen einer Urkundenfälschung drangekriegt worden und demnach nur ein eher kleines Licht. Dieselbe Person hat aber anscheinend zwei Morde begangen, ohne das auch nur angedeutet wird, ob sie damit durchkam, oder wie sie als Mensch in der Anstaltsebene annehmen könnte, damit durchkommen zu können. Was hieße, dass die anderen Welten nicht so real sind, dass Tote in ihnen auch in der Anstalt tot wären, oder dass diese Welten nur für Babydoll zusammenhängen, und eine Person in der Bordellebene nichts mit der scheinbar identischen Person in der Anstalt zu tun hat, was dem Ende wie es präsentiert wurde, widerspräche, oder das die Morde doch keine Morde waren, in welchem Falle wir aber nicht erfahren, was stattdessen passiert ist. Oder jemand hat da nicht zu Ende gedacht. Grummel.

Achja, und auch, wenn die Mädels öfter über Blue reden, sie reden auch darüber, wie sie ihrem Leben als objektifizierte Frauen entkommen können, auch, wenn sie dabei ihr Leben riskieren. Was bei praktisch jeder Interpretationsweise das Thema dieses Filmes ist. Aber ja, manche halten das für ein Alibi, weil die Frauen, mit denen man sich als Publikum identifizieren soll, etwas Haut zeigen.

Irgendwas ist doch immer…

3 Gedanken zu “Frauenfilme 5: Sucker Punch

  1. Das Interessante hierbei ist, dass „Sucker Punch“ als „frauenfeindlich“ von der feministischen Szene wahrgenommen wurde. Starke Frauen gehen nur dann in Ordnung, wenn sie nicht sexy aussehen, sonst:

    FRAUENFEINDLICH

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    1. Dafür hat Zack Snyder ja auch „300“ gedreht. Infolge eines fragwürdigen Männerbildes und eines dem entsprechenden sozialen Druckes werden sexy durchtrainierte Männer gezwungen, in eine aussichtslose Schlacht zu ziehen, und zwar mit bloßem Oberkörper, denn Brustpanzer sind was für Mädchen. Erwartungsgemäß sterben sie auch, „den Gesetzen jener gehorchend“.
      300 ist demnach mindestens so männerfeindlich, wie Sucker Punch frauenfeindlich, also gleicht sich das alles wieder aus.

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