Philosofischiges Interview

Hierzu

Zur generellen Methodik „Mit Philosophen diskutieren“ siehe auch hier.

Philosoph Omri Boehm: „Die Gegner stört, dass ich die Aufklärung vertrete“

Möglicherweise deshalb, weil die Aufklärung besseres verdient hätte.

Der israelisch-deutsche Denker hält am Dienstag auf dem Wiener Judenplatz eine „Rede an Europa“. Kritik begegnet er mit einem Verweis auf Kant

Klarer Kant gegen Rassismus… nee, Moment.

In seinem Buch Radikaler Universalismus nahm er allzu beflissenen Vertretern der Identitätspolitik mit blendenden Argumenten den Wind aus den Segeln.

Jaaa, das wird eines von diesen unkritischen Interviews. Kant hat aber nie ein Buch geschrieben namens: „Interview der unreinen Vernunft“ Warum wohl?

Jetzt hat der israelisch-deutsche Philosoph Omri Boehm vorab heftige Kritik geerntet: Er hält am Dienstagabend auf dem Wiener Judenplatz eine „Rede an Europa“. … Der Grund: Boehm vertritt unbeirrt die Zukunftsvision eines binationalen Staates Israel.

Ok, ist vielleicht etwas hart, aber Kant würde sagen, dass man nur solche Staatsgebilde vorschlagen sollte, von denen man wünschen kann, in ihnen zu leben. Und, vom Demokratiegedanken her: ein solcher Staat wird nicht nur höchstens von sehr kleinen Minderheiten der Palästinenser und Israelis favorisiert, sondern ich halte es für beide Parteien für eine Unzumutbarkeit, im selben Staat zu leben.

Was aber meint der von ihm vertretene Universalismus?

Keine Ahnung? Der gründet vllt einen eigenen Staat.

STANDARD: In Ihrem Buch Radikaler Universalismus erzählen Sie unter Berufung auf Kant eine alttestamentarische Bibelszene neu: Im Grunde weigert Abraham sich, seinen Sohn Isaak zu opfern.

Ja, siehe hier. Natürlich ist es eine andere Geschichte, wenn man was weglässt, aber auch diese Geschichte muss man interpretieren. Und Boehms Interpretation wäre nicht die einzig zulässige.

Die Idee absoluter Gerechtigkeit rangiert noch oberhalb der Allmacht Gottes.

Eine Idee hat keine Macht. (Ich glaube, die meinen das anders, aber die Formulierung ist halt trotzdem falsch…)

Wird die Idee universeller Gerechtigkeit erst durch Ungehorsam sichtbar gemacht?

Und wenn ja, welche Farbe hat sie dann?

Boehm: Es ist nicht der Ungehorsam, der den Ausschlag gibt. Die Idee absoluter Gerechtigkeit zeigt sich nicht durch ihn. Zum Gehorchen gehören immer verschiedene Autoritäten.

Zum Gehorchen „braucht“ man eine Autorität, der man gehorcht. Nicht mehrere. Aber es ist schon die Frage, ob Abraham, wenn der sich einfach weigert, Isaak zu opfern, einer anderen Autorität gehorcht, oder ob er das meinetwegen aus Arterhaltungstrieb macht. Das ginge aus dem gekürzten Bibelstück nämlich nicht hervor.

Erst durch eine weitere übergeordnete Autorität wird Ungehorsam möglich. Sind wir ungehorsam, gehorchen wir jemandem.

Angenommen, Gott hätte eine Katze und sagt zu der Katze: „Geh und opfere eines Deiner Jungen, die Du lieb hast. Gehe mit ihm auf den Berg und verbrenne es dort.“ Und die Katze macht das nicht. Wem gehorcht dann die Katze?

Auch wenn Abraham gegenüber Gott ungehorsam ist, gehorcht er einer noch höheren Instanz. Diese steht oberhalb von Gott.

Wenn man die Stelle mit dem Engel weglässt, sieht Abraham plötzlich einen Widder, der sich „zufällig“ mit seinen Hörnern im Gebüsch verfangen hat, und entscheidet spontan, den zu opfern.

STANDARD: Eben die absolute Gerechtigkeit.

Boehm: Es stellt sich die Frage, ob es dann noch Gehorsam ist.

Oder Abraham hat die ganze Zeit gewusst oder geahnt, dass das ein Test ist, und wird für seine Gottversteher-Fähigkeiten mit einem Widder belohnt. Oder er dachte sich: „Gott hat mir ein Versprechen gegeben, nicht ich ihm, das bindet ihn, nicht mich.“

Hier kommt Immanuel Kant ins Spiel: Wenn ich autonom bin, gehorche ich etwas Unbedingtem, aber nicht im Sinne einer externen Autorität, denn ich gehorche den Regeln, die ich mir selbst auferlege.

„Keine Kinder opfern!“ oder „Jedenfalls nicht die eigenen!“ Wenn jeder sich selbst Regeln auferlegt, sind diese nicht unbedingt universell…

Kant lehrte uns, dass nur ein Gesetz, das wir uns selbst geben, absolut sein kann.

Wer ist „wir“? Dieselben wie „uns“? Wenn Omri Boehm den Israelis und Palästinensern ein Gesetz gibt, wie ein „binationales Israel“, kann das also nicht absolut sein.

Das bedeutet jedoch nicht, dass ich lediglich meinem subjektiven Willen folge oder irgendeiner Laune. Indem ich mir ein Gesetz gebe und dem kategorischen Imperativ folge, folge ich meinem eigenen Willen.

Was ist jetzt der konkrete Unterschied zwischen „eigenen“ und „subjektiven“ Willen? Nebenbei erfahren wir fast gar nichts über Abrahams Gedanken und Überlegungen, also insbesondere nichts über dessen Wille und Absicht. Vllt ist das so eine „wer zuerst bremst, verliert“-Geschichte, die er gewann? Oder Gott ließ ihn gewinnen, denn Taten zählen mehr als Worte.

Das ist nicht Gehorsam.

Ja, eben!

STANDARD: Das Allgemeine, vermittelt durch die persönliche Einsicht in seine Notwendigkeit?

Boehm: Genau. Die Wesen, die fähig sind, sich selbst ein Gesetz aufzuerlegen, nämlich die Menschen, besitzen Würde.

Das ist tatsächlich mal ein kluger Gedanke, aber was hat das jetzt mit Israel zu tun? Außer hoffentlich, dass es bis jetzt um Kinderopfer ging?

STANDARD: Sie halten in Wien eine „Rede an Europa“. Wie schafft man es auf europäischer Ebene, aus lauter Gleichgestellten eine Gemeinschaft von Gleichgesinnten herzustellen? Von Menschen guten Willens?

Boehm: Die Idee der Egalität ist wegen der Würde von größter Wichtigkeit. Dass die menschliche Würde unantastbar sei, setzt Gleichheit voraus.

Diese Antwort passt nicht zu der Frage. Gleichstellung oder Gleichberechtigung, egal, die Frage war nach „Gleichgesinnten„. Natürlich können unterschiedliche Menschen unterschiedliche Gesinnung haben. Oder auch entgegengesetzte.

Aber Gott sei Dank sind wir nicht alle gleichgesinnt. Wenn wir die Würde anderer achten, tun wir das auch und gerade dann, wenn wir nicht eines Sinnes sind.

Trotzdem wäre es für Israel und Palästina mMn sehr viel besser, wenn sie gar nicht erst versuchten, im selben Staat zu leben. Oder wenn, wären dann Hamas und Fatah wählbare Parteien?

Wenn eine Person etwas vollständig anderes denkt als ich, würdige ich sie am besten, indem ich Folgendes anerkenne: Ihre Zwecke sind ganz andere als meine, aber sie werden von mir als wichtig betrachtet.

Schon, aber dann kommt auch die Stelle mit Abraham und Lot: „Wenn Du dahin willst, gehe ich hierhin, oder umgekehrt.“

Wir respektieren die Ansichten des Gegenübers immer bis – selbstverständlich – zu einer gewissen Grenze. Die ist dann erreicht, wenn besagte Meinung gegen die Würde des Menschen verstößt. Das akzeptiere ich nicht, und damit wird eine Auffassung illegitim.

Jaaaa, aber wenn man gar nicht die Notwendigkeit hätte, mit der Hamas bzw. deren Wähler in einem Staat zu leben? Und die Regierung Netanjahu ist vllt auch nicht unbedingt das beste, was Israel passieren konnte…

STANDARD: Was bedeutet das mit Blick auf den Rückzug der Erste Foundation, die Ihre „Rede an Europa“ plötzlich nicht mehr unterstützen möchte? Weil der Wiener Judenplatz als Ort der Abhaltung ihr nunmehr „unpassend“ erscheint?

Unterschiedliche Gesinnung? Nur so als Theorie.

Boehm: Das sollten Sie die Erste-Stiftung fragen. Ich füge hinzu: Wenn die Legitimität dieser Rede infrage gestellt wird, dann nicht, weil ich gegen die Menschenwürde bin, sondern weil ich sie unterstütze.

Ich biete, ebenfalls als Theorie, an, dass Boehm sich deutlich mehr mit dem Post-Kolonialismus gemein macht, als es der Sache angemessen wird. Z.B. liest man über Boehm a.a.O.:

„Boehm hat mit Blick auf Israels Politik wiederholt das Wort „Apartheid“ verwendet. Er selbst will den Begriff ausdrücklich nicht mit dem südafrikanischen Apartheidsystem verglichen wissen.“

Wie faul kann man denken? Boehm so: *mhm. Erstens, wenn man einen sehr eng definierten Begriff, der mit einer sehr bestimmten historisch-politischen Situation verknüpft ist, verwendet, das aber nicht als Vergleich verstanden wissen will, sollte man nicht jedes Mal sagen: „Da ist aber nicht gemeint, was Ihr alle denkt!“, sondern einen anderen Begriff verwenden. Zweitens, wenn dieser Begriff regelmäßig von „Postkolonialisten“ verwendet wird, um Israel mit dem realen Apartheid-System gleichzusetzen, und in sonstigen Kontexten praktisch nie auftritt, macht man sich mit der postkolonialen Schule gemein. Aber hey, nur eine Theorie.

Dieser Trend sollte uns Sorgen machen, denke ich, vor allem, wenn wir uns um Europa inmitten des Aufstiegs der nationalistischen populistischen Rechten sorgen.

Die werden bestimmt nicht davon stärker, wenn Boehm auf den Apartheid-Begriff verzichtet.

STANDARD: Wie meinen Sie das?

Boehm: Leute wie Ariel Muzicant, die sich beschwerten, dass ich postkoloniales Denken in den israelischen Kontext einführe, sind schlecht informiert.

Ja, weil Boehm mit dem Mist nicht angefangen hat.

Ich bin ein lautstarker Gegner des postkolonialistischen Denkens, theoretisch und im israelisch-palästinensischen Kontext.

Dann sollte man nicht so trottelig sein, postkolonialistische Begriffe zu verwenden. Ich halte Wording jetzt nicht für allzu wichtig, aber den Bock hat er selbst geschossen.

Was Muzicant an meiner Position zu stören scheint, ist nicht mein angeblicher „Postkolonialismus“, sondern die Tatsache, dass ich mit Kant den Universalismus der Aufklärung vertrete. Das ist natürlich legitim, wenn auch besorgniserregend.

Der Universalismus sagt meines Erachtens nicht, dass Palästinenser und Israelis in einem Staat leben müssen. Wiederum a.a.O.:

Der deutsch-israelische Philosoph vertritt die Auffassung, Israelis und Palästinenser sollten in einem gemeinsamen Staat zueinanderfinden: im Wege einer Föderation, die auf der Gleichheit und Gemeinsamkeit aller Staatsbürger beruht.“

Gleichheit, ok, aber Gemeinsamkeit? Welche Gemeinsamkeit? Wie sollte das gehen? Mal abgesehen, wie sollte das gegen den Willen der Betroffenen gehen? Von wegen Würde und so.

Nimmt sich diese nach dem 7. Oktober 2023 und der Ausweitung des Gazakrieges nicht utopischer denn je aus?

Noooin, das war schon immer völlig abwegig.

Boehm: … es wäre noch viel weiter von jeglicher Realität entfernt, heute von einer „Zwei-Staaten-Lösung“ zu sprechen.

Man könnte natürlich auch den Gaza-Streifen Ägypten zuschlagen und das West-Jordanland Jordanien. Will zwar auch irgendwie keiner, aber das interessiert Boehm ja sonst auch nicht. Nebenbei:

„In seinem Buch Israel – eine Utopie plädiert Boehm obendrein für eine gemeinsame Gedenkkultur von Juden und Palästinensern. Die Erinnerung an die Shoah soll mit derjenigen an die Nakba, die Vertreibung der Araber aus Palästina, verknüpft werden.“

Ok, mal abgesehen davon, dass die Shoah in Qualität und Quantität deutlich über die Nakba hinausging, sollte man nicht nur die Shoah thematisieren, sondern auch die systematische Vertreibung von jüdischen Arabern aus den arabischen Ländern nach ihrer Unabhängigkeit. Und VOR der Nakba.

Oder dass es keiner Vermittlung bedürfe.

Hat das irgendwer behauptet? „Joar, die Israelis und Palästinenser kriegen das bestimmt auch ohne Vermittlung hin!“ Nicht sein Ernst.

Diese beiden Illusionen haben uns in die gegenwärtige Katastrophe geführt.

Niemand hat behauptet, dass der jetzige Zustand ein funktionierendes „Zwei-Staaten-System“ sei. Bzw., man hatte vllt die Illusion, dass sich das noch stabilisiert, aber es war nicht die Illusion, die die Katastrophe auslöste.

Wenn wir keine Alternativen zu den weitverbreiteten Illusionen entwickeln, werden wir eine Katastrophe verursachen. Die Leute dachten, ich würde übertreiben. Sie sollten noch einmal darüber nachdenken, wenn sie jetzt die Zwei-Staaten-Lösung oder keine Lösung anbieten und so tun, als sei dies vernünftig oder irgendwie realistisch.

Wem „anbieten“? Persönlich bin ich der Auffassung, dass die jetzige Situation von der Hamas quasi im Alleingang verursacht wurde, und die kurzfristige Lösung die Entmachtung der Hamas beinhalten muss. Mittelfristig kann man, wie gesagt, sich auch was anderes einfallen lassen, und meinetwegen auch mit Gewalt durchsetzen. Sorry, bin sehr zynisch inzwischen.

Boehm: Leider ja. Und gerade jene, die der Zwei-Staaten-Illusion anhängen, verschlimmern die Katastrophe, indem sie noch immer keinen Waffenstillstand fordern.

Vor vielen Jahren gab es die Schlagzeile: „Westerwelle verurteilt Gewalt in Ägypten“ Fehlte leider am nächsten Tag die Schlagzeile: „Gewalt in Ägypten zeigt Westerwelle den Mittelfinger.“ Wenn Westerwelle schon sich nicht durchsetzen kann…

Wer an einer politischen, nicht an einer militärischen Lösung interessiert ist, muss damit beginnen, die Gespräche über die Zweistaatlichkeit in Richtung einer Föderation zu lenken.

Ich glaube leider nicht, dass „wir“ den Luxus haben, uns die Art der Lösung aussuchen zu können.

STANDARD: Was tun mit all den möglichen Partnern, denen am Existenzrecht Israels nicht das Geringste liegt?

Boehm: Natürlich steht das Existenzrecht Israels außer Frage.

Das ist nicht die Frage. Die Frage ist, was man mit Menschen macht, die bestimmte Regeln nicht einhalten wollen.

Die Frage lautet, wie man die Vision eines demokratischen jüdischen Staates weiter beibehalten kann, auch wenn es keine Zweistaatenlösung geben wird und die Mehrheit der israelischen Bevölkerung de facto nicht jüdisch ist.

Wer ist „man“? Die Frage ist, wie man die Vision Existenz eines demokratischen jüdischen Staates beibehalten kann, wenn ein nennenswerter Anteil seiner Bürger als judenfeindliche Terroristen aktiv sind oder es bis vor kurzen waren.

Man muss in die Richtung einer Föderation denken – damit berühre ich übrigens auch das Europa-Thema.

Ja. Ob Europa funktionieren hätte, wenn es keine (selbst semi-effektive) Entnazifizierung gegeben hätte UND man nicht erst noch zwei Generationen gewartet hätte?

Man kann nicht die Zuerkennung nationaler Souveränität an den Anfang stellen – und die Würde des Menschen erst hinterher hinzuaddieren.

Das ist im Prinzip ja richtig, aber dass es in Europa einigermaßen funktioniert – und es gibt viele, die das bestreiten, hallo GB – liegt gerade daran, dass die „Würde des Menschen“ bereits ein etablierter Wert war. Und dass die, die früher aufeinander schossen (und schlimmeres) schon altersbedingt in der Minderheit waren.

Das tun heute beide Seiten, und das führt zu einer Katastrophe. Das ist die Logik, die ich zu durchbrechen versuche, auch in meiner „Rede an Europa“.

Weil eine Rede, die „an Europa“ gerichtet ist, besonders viel Aufmerksamkeit auf einem anderen Kontinent erreicht. Handele so, dass die Logik Deines Handelns auch von irgendwelchen Kindergartenkindern nachvollzogen werden kann.

Boehm: Wer könnten die möglichen Partner einer solchen Verabredung sein? Kleine Schritte in die richtige Richtung könnten durch die israelischen Palästinenser erfolgen, also durch israelische Staatsbürger.

Also Leute, die nicht in einer „Apartheid“ leben? Krass.

 Es gibt Initiativen wie „A Land for All“, in der Juden und Palästinenser seit einigen Jahren zusammenarbeiten. Die dort Organisierten sprechen sich nicht explizit gegen eine Zwei-Staaten-Lösung aus, wiederholen aber auch nicht die alte Rhetorik des Oslo-Abkommens.

Tja. Was machen die seit dem 7. Oktober so? Aber klar, man kann sich derartig organisieren, und das ist ja prinzipiell gut und im Sinne des kategorischen Imperatives und dergleichen, aber…

Wie sich ein solches Denken auf das Westjordanland übertragen lässt, auf Gaza, das ist wahrhaftig nicht einfach.

Es gibt bestimmt auch viele Palästinenser, die gegen Hamas und Fatah sind, aber deren Bereitschaft, eine andere (israelfreundliche) Regierung zu wählen, schwindet im jetzigen Krieg wahrscheinlich. Und ohne eine palästinensische, demokratisch legitimierte Regierung, die eine Föderation zustimmt, ist es mit der Würde der ganzen Veranstaltung auch nicht weit her.

In der Westbank war das Führen solcher Gespräche möglich – natürlich vor dem 7. Oktober. Es ist nur sehr viel weniger realistisch, diese Optionen nicht zu behalten.

Er verwendet das Wort „realistisch“ falsch. Gemeint ist hier wohl „zielführend“ oder so.

Boehm: Der Skepsis liegt die irrige Annahme zugrunde, dass die Realität einfach ist. Die Situation ist sehr komplex, fast unmöglich, und deshalb ist es unrealistisch zu glauben, dass die Lösung einfach und vertraut sein kann.

Eine Lösung, die kompliziert und ohne Präzedenzfall ist, ist vermutlich aber auch nicht gut. Mein Punkt ist aber nicht, dass eine „Föderation“ nicht einfach und vertraut wäre, sondern der, dass das kaum jemand von denen will, die darin leben würden.

Wahre Skeptiker sind diejenigen, die ihre eigenen Annahmen infrage stellen; die „Skeptiker“ hier sind zu oft Dogmatiker, die sich weigern, das zu tun.

Annahme: „Israelis und Palästinenser haben größtenteils keinerlei Interesse, mit den jeweils anderen im selben Staat zu leben. Oder in derselben Föderation.“ Infragestellung: „Könnten Menschen, die letztes Jahr noch durch Terroranschläge, Massenvergewaltigungen und Entführungen ihre Familien und Freunde verloren, und Menschen, die dieses Jahr – auch, wenn es kein Genozid ist – von einem flächendeckenden Krieg überzogen werden, der nur dann „sauber“ ist, wenn man den Begriff „sauber“ stark relativiert, und ebenfalls Familien und Freunde verlieren, sinnvollerweise den Wunsch verspüren, im selben Land zu leben?“ Antwort: „Nein.“

Würden sie das tun, könnten sie Positionen einnehmen, die zwar schwierig und weit hergeholt, aber realistischer sind.

Umsetzbar! Ich weiß jetzt, er meint „umsetzbar“! Von verschiedenen kaum umsetzbaren Lösungen ist eine kaum umsetzbare Lösung auch nicht so viel schwieriger umzusetzen als eine andere.

Ein Gedanke zu “Philosofischiges Interview

  1. Inhaltsleeres Geschwafel und Null Verständnis der Situation. Da kommen wertlose wie inhalsleere Floskeln wie „Die Würde des Menschen“ und „Natürlich steht das Existenzrecht Israels außer Frage“. Mal 10 Sekunden Geschichte lesen; der Staat Israel existierte etwa genau so lang, bis eine ganze Menge Nachbarländer seine Existenzberechtigung in Frage stellten.

    Mit dem Ergebnis, dass es sich mit der Existenzberechtigung eines palestinänsischen Staates nicht mehr so hat – es gibt jedefalls keinen. Darüber redet aber keiner, nichtmal die Israelis.

    Like

Hinterlasse einen Kommentar