Warum man keine Filme mit Nazis mehr drehen kann

Weil darin Nazis vorkommen. D’oh.

Siehe auch hier:

1. Besser geht’s nicht

Die Komödie Besser geht’s nicht mit Jack Nicholson und Helen Hunt war 1997 einer der erfolgreichsten Filme des Jahres – und machte die beiden Hauptdarsteller*innen ein Jahr später sogar zu Oscar-Gewinner*innen.

Wenn man die Gender*wörter zu „die Hauptdarstellerin und der Hauptdarsteller“ und „der Oscar-Gewinner und die Oscar-Gewinnerin“ auflösen müsste, ist der Plural eigentlich noch gerechtfertigt? Eigentlich müsste man einen Dual erfinden…

Es geht darin um Melvin (Jack Nicholson), einen Eigenbrötler mit einer Zwangsstörung, der sein Umfeld permanent beleidigt und in den Wahnsinn treibt und sich wie ein egoistisches Arschloch aufführt, … mit dem N-Wort, … mit dem üblichen Homophobie-Vokabular und tut all das, was man in einem Film 2024 einfach nicht mehr tun kann – zumindest nicht in diesem Kontext. Klar, es handelt sich um einen fiktiven Film und der Typ hat eine Zwangsstörung, aber nein, sorry:

Im welchen Kontext außer „fiktiv“ und „Zwangsstörung“ wäre das denn doch ok? Und eigentlich müssten sich Leute mit Zwangsstörungen beschweren, dass die „alle“ als Arschlöcher dargestellt werden, weil in diesem Film ja Vorurteile über Zwangsstörungen reproduziert werden. Aber, wer ist NOCH schlimmer als Leute mit Zwangsstörungen? Nazis.

2. Was Frauen wollen

Allein der Titel: Was Frauen wollen – man ahnt bereits Böses, wenn Frauen alle über einen Kamm geschoren werden.

Den Film habe ich tatsächlich gesehen; ich fand den nicht soooo toll oder lustig, aber über einen Kamm wurden Frauen trotzdem nicht geschoren.

auch wenn man der Regisseurin wahrscheinlich zugute halten muss, dass die von Mel Gibson zur Schau getragene toxische Männlichkeit stets als schlecht konnotiert dargestellt wird

Rückblickend glaube ich nicht, dass man Männer wie Gibsons Filmfigur Werbung planen ließe, die sich ausschließlich an Frauen richtet. Insofern ist das nicht ein ansonsten völlig plausibles Szenario mit genau einem übernatürlichem Element, sondern kommt mir etwas erzwungen vor. Was, wenn die Hauptperson schwul wäre? Oder irgendein feminismusbewegter Hetero? Oder ein Werbe-Fachmann, der seine Kräfte nutzt, um richtig Asche zu machen? Immerhin ist er kein Nazi.

3. Der Teufel trägt Prada

Anne Hathaway (bekanntermaßen schlank, obwohl das ja nun wirklich egal ist) wird darin als fett und pummelig bezeichnet, permanent werden ihr ihre angeblich zu üppigen Körpermaße vorgeworfen, weil sie offenbar nicht dem Schönheitsideal von Mager-Models entspricht.

Also, liebe Kinder, wenn sogar Frauen wie Anne Hathaway gemobbt werden, müsst IHR solche Sprüche gar nicht an Euch herankommen lassen. Mobbing hat nichts mit Euch zu tun.

Erst, als Andy den patriarchischen Vorstellungen darüber entspricht, wie eine Frau auszusehen und sich zu stylen hat, wird sie für voll und als Frau ernst genommen

Der pradatragende Teufel ist hier aber eine Frau. Immerhin heißt der Film jedoch nicht: „Der SS-Mann trägt Prada“.

4. Bridget Jones

Und noch so ein Klassiker des „Frauenfilms“, wie das früher gerne genannt wurde – auch eine Abwertung, die man sich heute besser verkneifen sollte. Denn wie im Falle von Bridget Jones gehen die Lacher dabei stets auf die Kosten von Frauen, im Film symbolisch verkörpert von Renée Zellweger.

Gehen die Lacher wirklich auf Kosten von „Frauen“, oder vllt doch auf nur Kosten von Bridget Jones? Und ist es vllt nicht besser, wenn man über die Hauptperson Witze macht, als über Nebenfiguren? Leider kamen keine Nazis vor, denn über die darf man noch heute ungestraft Witze machen…. äh… Nein! Ich meine natürlich: „Gott sei Dank!“

Und dann die stets mitschwingende Prämisse, dass eine Frau über dreißig, die noch keinen Mann gefunden hat, nicht komplett ist.

Mutterkreuz wann? Diese ganze Kritik wäre vllt etwas fundierter, wenn tatsächliche Nazis Männer das Hauptpublikum wäre, die die arme Jones auslachen.

5. American Pie

Es gibt eine ganze Reihe sogenannter Teenie-Komödien um die Nullerjahre herum, die man aus heutiger Sicht nicht nur nicht noch mal so drehen und veröffentlichen könnte, sondern die auch rückblickend wirklich verstörend sind.

Ich habe mir die nie angeguckt, sondern war nur froh, aus dem Alter herauszusein. Jetzt ist hier aber nicht das Problem, dass „wir“ über männliche Jugendliche lachen statt mit ihnen, sondern…

Da ist das sexuell erfolgreiche Alpha-Männchen Steve Stifler, der sich einfach nimmt, was er will – schließlich ist er ein Mann.

Dass der mehr ein Angeber ist, ist jetzt keine legitime Charakterinterpretation? Bzw. als implizites Opfer von „Deine Mudda“-Witzen? Mutter Stifler hat nämlich den Begriff „Milf“ popularisiert, und zwar fast im Alleingang. Immerhin besser als eine Nazi-Filmreihe.

6. Tropic Thunder

Bereits als die Action-Komödie Tropic Thunder von Ben Stiller im Jahr 2008 ins Kino kam, hagelte es Kritik – vor allem wegen des Blackfacings, als aus Robert Downey Jr. ein schwarzer Mann wurde.

Das ist SO nicht richtig, er spielt einen Schauspieler in Blackface. Also nicht er selbst, sondern seine Rolle tut das kritisierte Verhalten. UND dieses Verhalten wird im Film selbst kritisiert, weil er so einem schwarzen Kollegen den Job wegnimmt. Wer sowas kritisiert, muss auch Bruno Ganz für den ganzen Nationalsozialismus seiner berühmtesten bekanntesten Rolle – A. Hitler in „Der Untergang“ – kritisieren.

7. Frühstück bei Tiffany’s

Ganz schlimm und aus heutiger Sicht wirklich beschämend ist das Beispiel aus dem bekannten Filmklassiker Frühstück bei Tiffany’s aus dem Jahr 1961 mit Audrey Hepburn. Darin spielt der weiße, US-amerikanische Schauspieler Mickey Rooney einen Japaner – und zwar mit viel Make-up, Zahnprothese und stereotypischen Accessoires ausgestattet, und dann auch noch slapstickhaft übersteigert, was so dermaßen rassistisch ist, dass es einem fast die Schuhe auszieht.

DAS ist etwas anderes als „einen Schauspieler spielen, der seinerseits ein Rolle spielt“ oder „eine Figur spielt, die rassistisch ist“. Insofern würde ich den Kritikpunkt stehen lassen. Wenn das jemals ein Remake bekommt, wird der „Japaner“ bestimmt ein Nazi-Nachbar. Oder komplett gestrichen.

8. Der Schuh des Manitu

Ein weiteres schlimmes Beispiel in Sachen Rassismus und kulturelle Aneignung ist der deutsche Komödienklassiker Der Schuh des Manitu ­

Ok, da werden kunstgeschichtliche Zwischenschritte unterschlagen. Karl May schreibt einen explizit anti-rassistischen Roman über die übelbeleumdeten Apatschen. Der wird verfilmt, wobei einige rassistische Aspekte wieder reinkommen (Winnetou sticht hervor, weil er komplett bekleidet ist…). Dazu gibt es eine derartig überzogene Parodie, dass eigentlich jeder merkt, dass das kein historischer Film sein kann. Und das soll jetzt rassistisch und homophob sein, weil man anderen nicht zutraut, nicht rassistisch und homophob zu sein. Seien wir froh, dass die Nazis nicht Karl May verfilmten…

9. Superbad

Kenn ich gar nicht. Kamen aber zum Glück keine Nazis drin vor, oder? Die wären supermegaultrabad.

10. Pretty Woman

Für viele Menschen ist Pretty Woman immer noch die tollste RomCom der Welt

Ok, heute würde man diese Geschichte wohl gaaaanz anders erzählen. Angefangen mit Genderflip.

Es geht schon damit los, dass der Wert von Vivian (Julia Roberts) daran festgemacht wird, wie teuer ihre Klamotten sind – darüber sind wir mittlerweile doch hinaus, den Wert eines Menschen an dessen Besitztum zu messen, oder?

Das ist doch eigentlich nicht die Aussage, die der Film macht, sondern die, die Figuren im Film machen, richtig? Weil man sonst auch „Schindlers Liste“ nicht mehr drehen dürfte, darin wird der Wert eines Menschen von den Nazis an noch viel schlimmeren Kriterien gemessen.

Hinzu kommt, dass alle Protagonisten von ihr, der Sexarbeiterin, erwarten, dass sie sich ändert, weil sie ansonsten weder als vollwertiger Mensch, geschweige denn als Frau eines reichen Mannes gelten kann.

Wie viele Protagonisten hat denn so ein Film? Und wenn ich die Zusammenfassung richtig verstehe, geht es genau darum, dass Macht-Geld-Gefälle zu überwinden, insofern wird auch dieser Film für eine Sache kritisiert, der er widerspricht.

Ansonsten fällt mir gerade Horst Wessel ein, der hat ungefähr so seine Lebensgefährtin kennengelernt.

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