Holzhammer

Zur „Causa Schilling“ siehe auch beim Kollegen Nömix.

Bei der Standard steht zu lesen:

Holzhammer-Feminismus bringt keine jungen Frauen in die Politik

Dann lasst es doch auch!

Die Causa Lena Schilling wirft wichtige frauenpolitische Fragen auf. Auf diese Fragen überstürzte und letztlich falsche Antworten zu geben schadet dem Feminismus

Es schadet dem Feminismus, wenn so getan wird, als wäre jede junge Frau automatisch gut für den Feminismus. Außer auf der ganz plumpen „Wenn auch inkompetente Frauen befördert werden, ist das Gleichberechtigung!“

Was bedeuten die Ergebnisse der Recherchen rund um Lena Schilling für den Feminismus?

Dass IHR mal wieder vom Einzelfall auf die Gesamtheit schließt. Wie immer eigentlich.

Dutzende Menschen, mit denen der STANDARD gesprochen hat, berichten über verzerrte oder unwahre Erzählungen von Schilling, in denen sie von angeblich selbsterlebten Belästigungen und Beziehungsgewalt bei Bekannten sowie einem Spitzenpolitiker spricht.

Andererseits… nunja… DEN Feminismus gibt es ja gar nicht. Nicht alle Feminismen haben Narrative über Belästigungen und Beziehungsgewalt. Schilling ist überhaupt nicht repräsentativ und so. Wegen: Einzelfall!

Was bedeutet derlei für die MeToo-Bewegung?

Und was haben die Illuminaten damit zu tun? Einzelfall!

Welche Auswirkungen könnte die Causa für die Repräsentation von Frauen in der Politik haben, für die Motivation junger Frauen generell, sich in die erste Reihe zu stellen?

Wieso? Jede Frau, die genug soziale Fähigkeiten hat, um für Politik geeignet zu sein, sollte erkennen, dass üble Nachrede und Verleumdung Eigentore sind. Es sei denn, man wird nicht erwischt. Es wäre also ein leichtes, nicht dasselbe zu tun wie Schilling. Oder man tut es doch, gibt sich aber mehr Mühe, nicht erwischt zu werden.

Es wäre falsch wie gefährlich, jetzt zu behaupten, es sei das „Ergebnis eines überspannten Feminismus, dass nun jede Frau Belästigung herbeifantasiert“.

Wenn in einem Fall sogar die Frau, um die sich Schilling angeblich Sorgen machte wegen brutaler häuslicher Gewalt, sich diese Art von „Unterstützung“ verbittet, ist das tatsächlich nicht einfach „überspannter Feminismus“.

Es ist aber auch falsch, diese wichtigen Fragen mit der – feministisch durchaus gut gemeinten – Argumentation, man würde „nur mit einer jungen Frau so umgehen“, abzutun.

Die Argumentation ist ja auch Quatsch. Will man etwa Welpenschutz für junge Frauen? Will man, dass alte Männer, die sowas täten, nicht kritisiert und ggfs. aus Amt und Würden entfernt werden? Wenn man beide Fragen verneint, kann man das Argument nicht bringen. Wenn man auch nur eine davon bejaht, ist das nicht gerade feministisch. Außerdem wäre die Mindestforderung, dass das Argument gelten könnte, dass man empirisch Männer nachweist, die sich wie Schilling verhielten aber deutlich harmloser angegangen wurden.

Die am Vormittag nach Veröffentlichung der Recherchen einberufene Pressekonferenz der Grünen war kein Dienst am Feminismus. … Es gäbe diese Vorwürfe nur, weil Lena Schilling eine Frau und jung sei.

Nebenbei, stellt sich die Partei also NUR deshalb hinter Schilling, weil sie eine junge Frau ist, und ein alter Mann wäre jetzt sein Mandat und seinen Listenplatz los?

Doch das ist ein Holzhammer-Feminismus. Frau und jung zu sein – das reicht nicht als Antwort oder Teflon auf alle Fragen.

Teflon? DAS! IST! SPARTAAAAA! *Leonidas-Kick. Es gibt eine Menge Feministinnen, die exakt so argumentieren: „Nur, weil xy eine Frau ist?“

Unzählige Studien belegen, dass Frauen bis heute allein aufgrund ihres Geschlechts anders und schlechter behandelt werden als Männer – warum und inwiefern sie viel stärker von sexualisierter Gewalt betroffen sind.

So viel stärker nun auch wieder nicht, aber das ist ja nur das halbe Argument. Das ganze Argument ist, dass diese Schlechterbehandlung einerseits mir einer Besserbehandlung andererseits korrespondiert, bei der Frauen mehr Empathie und Beschützerinstinkte ernten. Der Punkt ist trotzdem der, dass man einem Mann ihr Verhalten nicht erlauben würde, bzw., selbst wenn, man es ihm nicht erlauben sollte. Also…?

Somit ist Geschlecht auf struktureller Ebene eine zentrale Analysekategorie, wenn es darum geht, auf Missstände hinzuweisen. Aber: Das darf nicht blindlings als Schutzschild gegen konkrete Fragen an eine Politikerin benutzt werden, die andere schwerer Vergehen wie der sexuellen Belästigung beschuldigt.

Ach, nee? Ach, NEEE? Ja, gut, dann merken wir uns das für die Zukunft. Oder für Amber Heard. Oder Charlotte Roche. Oder oder oder. Einzelfälle!

Es ist der hartnäckigen Arbeit vieler Frauen zu verdanken, dass sexistische Anwürfe an Politikerinnen mittlerweile schneller als solche entlarvt und öffentlich gemacht werden.

Es ist kein Sexismus, wenn die Vorwürfe zutreffen und keine Lappalie sind. Bzw., wenn der Wahrheitsgehalt der Vorwürfe mehr als nur „gerüchteweise“ belegt ist.

Diese Arbeit darf nicht leichtfertig für andere Zwecke genutzt werden – das würde der starken feministischen Bewegung der vergangenen Jahre tatsächlich schaden.

Es gibt Menschen, die genau so argumentieren: dass diese Arbeit tatsächlich für andere Zwecke genutzt würde, und dass das dem Feminismus tatsächlich schade. Aber ja, da hat sie natürlich Recht.

Werden sich aufgrund der Vorkommnisse noch weniger Frauen zumuten, in die erste Reihe zu treten? Natürlich kann es dazu führen.

Hat je ein Mann davor zurückgeschreckt, in die Politik zu gehen, weil ein anderer Mann als Politiker wegen Fehlverhaltens abgesägt wurde? Kann sein. Waren das dann aber vllt die, die dachten: „Wie, ich darf keine abgeschriebene Doktorarbeit haben?“ oder „Was, ich darf keine Spenden an mich privat annehmen?“, kann das sein? Wenn ja, sind ja genau die abgeschreckt worden, die man abschrecken sollte. Also yäy!

Ein Gedanke zu “Holzhammer

  1. Nebenbei, stellt sich die Partei also NUR deshalb hinter Schilling, weil sie eine junge Frau ist, und ein alter Mann wäre jetzt sein Mandat und seinen Listenplatz los?

    Genau das. Und dann faseln sie davon, dass Frauen schlechter behandelt werden.

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