…whäre mein Vorschlag, wänn ich eine Männa-Zaitung propagieren würde. Gieren vor allem.
Insofern stört es mich nicht per se, wenn der neuste Beitrag zum Genre von Pickert verrissen wird, allerdings, verreißt er es aus sonderbaren Pickert-Gründen.
Zielgruppe: Mittelalte weiße Männer
Das ist nicht verwerflicher als „Junge weiße Frauen“ oder „mittelalte weibliche Christen“ oder wasauchimmer. Selbst „Mittelalte schwarze Männer“ wäre ethisch legitim, nur kaufmännisch etwas sonderbar in Deutschland. In Nigeria natürlich nicht, aber da würde man es nicht auf Deutsch veröffentlichen.
Die Geschichten für weiße Heteromänner sind auserzählt.
Wie kann dann die dritte Verfilmung eines Buches namens „Im Westen nichts neues„, das vor über hundert Jahren spielt, nicht nur gedreht werden, sondern insbesondere künstlerisch so erfolgreich sein, in der es um weiße Männer geht? Oskars so weiß.
Sie galten nie als Spezialinteressen, sondern genossen Allgemeingültigkeit.
Niemand außer denen, die Weiße Heteros als Feindbild aufbauen, behaupten, dass diese eine homogene Gruppe seien. Was vor allem daran liegt, dass sie keine sind. Und, wenn man pingelig ist, „Monsieur“ behauptet das ja auch nicht…
Ein neues Magazin sieht es anders
Ein Magazin ist nicht Pickerts Meinung in einer Frage, die Pickert beantwortet, ohne diese Antwort zu begründen? Ok, wenn Pickert Recht hat, wird das Magazin direkt pleite gehen.
Das neue Magazin „Monsieur“ für mittelalte weiße Heteromänner (MWHMs) wie mich sieht handlich und schick aus und beginnt mit einer fragwürdigen Aussage.
Erstens: steht da „mittelalt“ (auf der Verlagsseite steht „moderner Mann“)? Zweitens: steht da „hetero“? Bzw., wird deutlich, dass homosexuelle, eher junge und eher alte Männer nicht die Zielgruppe sein sollen, oder projiziert Pickert hier? Da eine gegebene Frauenzeitung auch eher nicht für „Frauen“ als Kollektiv sondern jeweils eine bestimmte Altersklasse, Familiensituation oder Bildungshintergrund als Hauptzielgruppe haben kann, will ich nicht bestreiten, dass auch hier eine solche Eingrenzung plausibel ist, aber da Pickert das offenbar als Vorwurf und nicht als Beschreibung verwendet: Beleg erforderlich.
„Essenziell. Nicht für Jedermann“ prangt da auf dem Heftcover als Untertitel, und das stimmt natürlich nicht.
Ja, umgekehrte Psychologie. Wenn da „doch für Jedermann“ stünde, hätte man nicht diesen: „Ich bin aber nicht Jedermann“-Impuls. Und „Essentiell“ für eine Zeitschrift, die das „männliche“ Gegenstück für eine Frauenzeitschrift ist, finde ich auch eher witzig, aber gut.
„Nette Verzichtbarkeiten für möglichst viele von euch“ wäre ehrlicher gewesen. Aber Marketing muss sein, schließlich gilt es ein Heft an den Mann zu bringen.
Vor allem, warum sollte man eine Männerzeitschrift für etwas kritisieren, was sinngemäß bei Frauenzeitschriften andauernd vorkommt? Jetzt könnte man annehmen, dass Frauenzeitschriften einfach nur ein Trick des Patriarchats sind – Ruhm und Ehre und erfolgreiche Unterdrückung wünsche ich – aber dann dienten Männerzeitschriften ja der männlichen Unterdrückung?
…sondern eben auch an eine schwierige Zielgruppe. Vielleicht sogar für die schwierigste Zielgruppe überhaupt.
Weil Männer etwa keine Zeitschriften lesen? Ich habe, ausgehend von Pickerts Beschreibung, eine gewisse Vorstellung, welche Zielgruppe das ist, und zwar nicht „Männer“, oder „Wham“ als ganzes.
Denn das Problem mit MWHMs als Zielgruppe besteht weder in ihrer mangelnden Kaufkraft noch in der gesellschaftlichen Randständigkeit ihrer Interessen. Das Problem ist vielmehr, dass ihre Interessen überrepräsentiert und ubiquitär sind.
Wenn das so wäre, dass MWHMs 1. relativ einheitliche Interessen hätten, die 2. überall repräsentiert würden, dann würden diese ja auch von der Brigitte repräsentiert, und MWHMs würden die Brigitte lesen. Oder die Madame, die „weibliche“ Vorlage von das Monsieur. Aber so ist es nicht. Manche Männer mögen Sport, also gibt es Magazine über Sport. Manche mögen Computerspiele, also gibt es Computerspielzeitungen. Manche mögen die Jagd, oder Eisenbahnen, oder Terrarientiere, oder Aquarientiere, usw.
MWHMs haben keine Spezialinteressen, weil sie Jahrhunderte darauf verwendet haben, ihre Spezialinteressen zur Allgemeingültigkeit zu verhelfen.
Die ganzen Eisenbahnnerds, die den Rest der Menschheit mit ihrem Lieblingsthema vollquatschen…
Sie sind profillos, weil alle und alles viel zu lange ihrem Profil zu entsprechen hatte.
Wie gesagt, seine Argumentation basiert auf der falschen Annahme, alle MWHMs hätten a.) die gleichen Spezialinteressen, die b.) auch in Zeitschriften behandelt werden, die explizit für nicht-MWHMs beworben werden. Nebenbei, wenn man a.) doch als gegeben nimmt, warum sollte man diese Spezialinteressen in nicht-MWHM-Zeitungen aufnehmen? Oder, weiter gedacht, wozu sollte es überhaupt Zeitungen geben, die nicht für MWHMs beworben und gedruckt werden? Sollen die lesbischen, jungen Frauen doch einfach Männerzeitungen lesen!
Ihre mangelnde Unterscheidbarkeit ist ihr Markenzeichen.
Wenn man dem eigenen Narrativ glaubt…
Mittelalte weiße Heteromänner wie ich sind vollkommen belanglos. Das tut natürlich schon auch weh, ist aber unvermeidbar.
Welches Spezialinteresse gibt es, das MWHM typischerweise haben, aber Frauen, Schwarze, Homosexuelle und alle sonstigen Menschen, die aber unter 40 sind, typischerweise nicht? Sex mit Frauen? Wollen auch Heteros unter 40 und Lesben jeden Alters.
Was gegenwärtig geschieht, ist nichts weniger als eine dringend notwendige kopernikanische Wende in einem androzentrischen Weltbild. MWHMs sind nicht der Mittelpunkt des Universums.
Achwas? Terrarienfans aber auch nicht, trotzdem gibt es Zeitschriften für Terrarienfans. Und ja, es gibt auch weibliche Terrarienfans, aber wenn Pickert die Sinnhaftigkeit von Terrarienmagazinen nur deshalb nicht kritisiert, weil die auch Frauen lesen, ist das ja auch sexistisch.
Sie sind nicht mal mehr der unbestrittene Mittelpunkt in politischen Talkshows, wo sie ihre Positionen so vorhersehbar vertreten, dass man auch einfach in jedem nur denkbaren Fernsehformat die immer gleiche Sprachnachricht abspielen könnte.
Jaaa, aber wenn alle MWHWs dasselbe denken und sagen würden, wären solche Talkshows ja ziemlich langweilig, weil gar keine Diskussion aufkäme. Offenbar ist das aber nicht so. Insofern liefert er sein eigenes Gegenargument.
Sie sind es auch nicht in den sozialen Netzwerken, wo sie Frauen immer noch ungefragt erklären wollen, wie die Welt funktioniert, während ihnen immer häufiger vorgeschlagen wird, dass es womöglich angebrachter wäre, vielleicht einfach mal die Schnauze zu halten.
Pickert erklärt die Welt anderen Männern, ohne sie zu verstehen. Yäy, Fortschritt. Weil es Männer statt Frauen trifft. Im Westen alles wie immer also.
„Essenziell. Nicht für Jedermann“ heißt in seinem Fall, dass „Robert Habeck als Vorbild für uns alle taugt“ und Werbung für Parfums und Uhren gemacht wird.
Sooooo, und jetzt kommt die Stelle, wo „wir“ merken können, welche konkrete Gruppe den Heftmachern wohl am ehsten vorschwebt. Oder jedenfalls den Werbetreibenden, aber das hängt ja zusammen…
Um eine „Rennmaschine am Handgelenk“ tragen zu wollen, muss Mann eben schon etwas ganz Besonderes sein.
Reich. Das Wort heißt „reich“. Da aber die meisten MWHMs nicht besonders reich sind, und andere MWHMs Uhren für Geldverschwendung halten, ist die geplante Zielgruppe wohl ein eher kleiner Teil aller MWHMs.
„Mann ändert sich“ gerade, ahnt zwar der Chefredakteur im Editorial, aber so richtig reicht es dafür dann doch nicht: Uhren, ein bisschen was über Freundschaft, Uhren, Stil, Schuhe, Verkehrswende, Uhren.
Das Magazin ist wohl weder besonders links noch besonders feministisch, kann das sein? Was soll man dann erwarten?
Zum Gespräch über die Verkehrswende werden drei Herren gebeten. So essenziell und nicht für jedermann ist „Monsieur“ dann nämlich schon, dass man dazu jetzt nicht unbedingt eine Expertin wie Katja Diehl befragen muss.
„Jedermann“ und „Monsieur“ sind deutliche Hinweise, dass das Ding von Männern für Männer ist. Im Unterschied zu Pinkstinks. Warum bitten die eigentlich nicht Katja Diehl zum Gespräch? Feministische Verkehrswende ist doch sicher ein Thema.
Später im Heft wird die „Eleganz des Rauchens vermisst“.
Mein Vater ist übrigens an Lungenkrebs gestorben. Mit 53. Ich vermisse ihn. Wessen Zielgruppe bin ich wohl nicht?
Mann preist Uhren an, die über 20 Riesen kosten.
Tja.
Ein bisschen Porsche-Begeisterung und dabei so aussehen wollen wie Wall-Street-Typen, die uns in den 1980ern und 1990ern den Turbokapitalismus beschert haben.
Auch: tja. Die Kritik insofern teile ich dann ja gerne, aber die meisten MWHMs sind offenbar keine Wall-Street-Typen, aber – um auf den Anfang zurückzukommen – es gibt jetzt vllt. auch nicht so viele Wall-Street-Typen-Magazine. (Und ohne teure Uhr wurde man früher bestimmt aus dem WTC geworfen, und nicht unbedingt aus den Erdgeschoss. Kennt man ja.)
Ach ja: Für den Psychokram wird anschließend eine Frau befragt, die etwas Kritisches zur Leistungsgesellschaft und zur Selbstoptimierung sagen darf.
Kommt mir jetzt auch eeetwas kontraproduktiv vor, aber ich kenne es nur per Ferndiagnose.
Die Chance, eine „Liebeserklärung“ mal nicht nur einer prominenten Frau zu machen, die Mann gut findet, wird anschließend vertan.
Sondern mehreren Frauen. Oder einem Mann? Oder einer unprominenten Frau? Oder einer prominenten Frau, die Mann schlecht findet? Okee…. keine Ahnung,
Aber dafür gibt es einen wirklich guten Text über Sexspielzeuge für Männer.
Man braucht gar keinen Porsche!
Das alles führt zu nichts, weil mittelalte weiße Heteromänner auserzählt sind.
Brigitte führt zu nichts, Terrarien führen zu nichts, Eisenbahnen führen tatsächlich schon irgendwohin. Soll heißen, selbst wenn die Geschichten über Bartagamen „auserzählt“ wären, hört die entsprechende Zeitung ja auch nicht auf, solange irgendwer was über Bartagamen lesen will. Patriarchat!!!
Alle anderen müssen sich deren Storys nämlich schon viel zu lange anhören.
Erstmal – obwohl ich MWHM bin, betrachte ich mich nicht als Teil der Zielgruppe. Was jetzt nicht ausschließt, dass mich die eine oder andere Geschichte darin ansprechen könnte, aber eben nicht das Heft als solches. Was jetzt umgekehrt nicht heißt, dass es schlecht sei, und/oder, dass es demnächst wieder eingestellt wird, aber die Zielgruppe ist viel enger als Pickert es sieht (fairerweise: Leute, die sich keine Rolex leisten können, aber gerne wollten, fühlen sich vllt. trotzdem angesprochen, so, wie sich die Eisenbahnfans auch keine eigene Lok kaufen können – ich meinte nicht Modelleisenbahnen!). Zweitens – kein Stück Kritik am Inhalt? Ist der Artikel über die Verkehrswende abgesehen vom Geschlecht der Befragten jetzt gut, schlecht oder mittel? Warum genau ist der Beitrag über Sexspielzeug gut? Offensichtlich will Pickert nicht, dass man dafür Geld ausgibt, aber dann könnte er doch einfach den schlimmsten Artikel verreißen…
Wer nicht über ihre Witze lacht, hat keinen Humor. Wer sie nicht spannend findet, hat sie nicht verstanden. Wer ihren Kram nicht kaufen will, ist fortschritts- und lustfeindlich.
Niemand wird gezwungen, Monsieur zu kaufen, und dessen Inhalte sind nicht ubiquitär, so dass man sich von Uhrenwerbung ganz gut fernhalten kann. Was ist jetzt also der Vorwurf in dem Zusammenhang? Dass das Heft nicht feministisch ist? „Das Heft ist schlimm, weil Leute, die das Heft lesen sollen, unlustig, langweilig und geldgeil sind.“ – „Computerspiele sind schlimm, weil mal ein Computerspielspieler Amok gelaufen ist.“
Dass diese Rechnung heute nicht mehr so aufgeht wie früher, kann Mann natürlich bedauern, ist aber eigentlich ein Grund zum Feiern.
Dass es nicht feministisch ist, eindeutig. Ob diese Rechnung aufgehen wird oder nicht, weiß ich zwar genausowenig wie Pickert, aber wenn nicht, wäre das auch nicht so schlimm für mich.
Daher hier die Abschlussfrage: Sag mal, Monsieur, wenn Mann so viel für Uhren übrig hat wie du – warum merkt Mann dann nicht, dass es an der Zeit ist, sich neu zu erzählen?
*Schenkelklopf. *Brüll-vor-Lachen. *Bodenroll.
Da fehlt ein „Geld“ im Satz. „Wenn Mann so viel Geld für Uhren übrig hat…“ Ernsthaft, ich bin vllt. nicht so superlinks, aber mein Einwand wäre doch in erster Linie, dass da reiche Männer bedient werden sollen. Und als halbwegs linker Mensch kann man natürlich auch der Ansicht sein, dass die nicht unbedingt eine eigene Zeitung bräuchten – obwohl sie sie selbstverständlich haben dürfen – oder wenn schon, dann vllt. eine mit etwas kritischeren Aussagen als „Rauchen war schon elegant“ und so.
Kein Plan, wie kapitalismusfreundlich Monsieur nun tatsächlich ist, aber Pickert ignoriert die Konsumkritik zugunsten von Männerkritik, bzw. setzt die gleich. Weil er halt nichts anderes gelernt hat.
„MONSIEUR ist das neue Luxusmagazin für den modernen Mann. Es bietet liebevoll kuratierte Inhalte zur aktuellen Männer-Fashion-, Kunst- und Design-Szene: Der Geschmack einer renommierten Gruppe von Meinungsführern ist die Richtschnur für alle Themen und optischen Strecken“
Nils versteht sich da als Zielgruppe, weil er als moderner Mann einer Gruppe von „Meinungsführern“ hinterherläuft.
Mir ist das vollkommen schnuppe, was die da schreiben. Ich muss aber Nils ausnahmsweise mal Recht geben, dass Leute wie Nils oder andere dumme, metrosexuelle Tunten Jahrhunderte darauf verschwendet haben, ihre Spezialinteressen zu Allgemeininteressen umzudeklarieren. Ebenso Frauen. Zum Beispiel „Expertinnen“ wie Katja Diehl – wer denkt beim Thema Verkehr & Mobilität nicht sofort an eine Literaturwissenschaftlerin? Oder an Nils, Experte für Expertinnen? In – äh – Literaturwissenschaften? Oh – *da* kräht der Hahn.
Wie ist denn die Auflage von dem Stuss, der auf Ausgabe 1 Robert Kinderbuchautor draufdruckt? 1? Weil, die hat ja nun der Nils gekauft? Aber ganz ehrlich bin ich da zu klassisch Mann, und im mittlerwen Alter, von daher sehe ich nicht ein, wieso ich versuchen sollte, da was zu ändern; Undank ist der Welt Lohn, sagte schon ein anderer Mann im mittleren Alter.
Mirwegen können Nils und die Redaktion des Metrosexuellen-Schwachsinns gerne unter sich ausmachen, wer wen isst. Ich fang dann so ab 10% Bevölkerungsreduktion an, mir langsam Gedanken zu machen.
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Ich habe einen anderen Verdacht: Irgendjemandem ist aufgefallen, dass NP nicht pink, queer oder wasauchimmer genug für seinen aktuellen Job ist. Daher wollte er an anderer Stelle mehr über Frauenbewegung schreiben und hat sich dort beworben. Leider ergab sich im Gespräch, dass die bösen, männlichen Chefs zur Erhöhung der Verkaufszahlen etwas von einer anderen Art der Frauenbewegung („Auf! Nieder!“) lesen wollten, denn Sex, nicht gender, sells. Tja, und so bekam er den Job nicht, weshalb er die Zeitung verreißt.
Bitte diese schöne Verschwörungstheorie von den Unterlingen, Pardon gehirngewaschenen Frauen, in die Hirnwellenstrahler, Heil dem Patriarchat, einspeisen lassen …
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Ja, ein Magazin, dass selbstbewusste Männer adressiert, die nicht Buße tun, wie sie es eigentlich tun müssten, diese Monster.
Das provoziert die Feministen. Mäh.
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