Spanien, ey!

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Wegen ihrer umstrittenen Reform des Sexualstrafrechts ist Spaniens Gleichstellungsministerin zur Belastung für die regierenden Sozialisten geworden. Wer ist Irene Montero, die selbst Feministinnen spaltet?

Oder, noch besser, warum ist Irene Montero?

Irene Montero ist nicht nur die jüngste Ministerin im mehrheitlich von Frauen besetzten Kabinett des spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez, sondern auch die bekannteste. Das hat auch damit zu tun, dass die 34-Jährige die Partnerin von Pablo Iglesias, dem Gründer der Linkspartei Unidas Podemos (UP), ist.

Was für ein völlig feministischer Ansatz, einen Ministerposten zu bekommen: ohne Quote!

Lautstark positioniert sie sich dabei als progressivste aller Politikerinnen des Landes, als Kämpferin für die Rechte der Frauen und gegen machistische Gewalt in Spanien.

Okeee…

Doch genau an diesem Anspruch, so scheint es, ist Montero nun gescheitert.

Weniger gescheitert, sondern mit Karacho gegen die Wand gefahren.

Denn nun zeigt sich, dass das von ihr ausgearbeitete «Nur ein Ja ist ein Ja»-Gesetz, mit dem das Sexualstrafrecht in Spanien verschärft werden sollte, eine grosse Schwachstelle hat.

Dass man das im Nachhinein unmöglich kontrollieren kann? Dass man eine gewisse Willkür erlaubt? Dass „in dubio pro reo“ so ausgehebelt wird? Nein.

Während das neue Gesetz für Vergewaltigungen härtere Massnahmen vorsieht, wurden die Mindeststrafen für andere Sexualstraftaten allerdings reduziert.

Reduziert? DAS war der Fehler? Warum hat man eigentlich die Steinigung abgeschafft? Ach ja….

Dabei «vergass» Montero aber, eine bei Justizreformen übliche Klausel hinzuzufügen, die das Revisionsrecht für schon verurteilte Täter einschränkt. Denn in Spanien können Verurteilte ihre Fälle teilweise neu aufrollen, wenn sich die Gesetzeslage ändert.

Also keine inhaltliche Nachlässigkeit, keine generellen Bedenken, einfach Doofheit.

Juristen und andere Experten hatten Montero schon vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes vor diesen Folgen gewarnt, doch die Politikerin ging nicht auf die Bedenken ein.

Wie bei Scheuer also? Vermutlich klebt sie daher auch so an ihrem Stuhl – von den besten lernen heißt siegen lernen!

In den letzten Wochen haben Richter nun vor der Reform ergangene Urteile überprüft und die Haftstrafen in einigen Fällen um zwei Jahre reduziert.

Wenn das eine übliche Klausel ist, oder jedenfalls in Spanien, ist das Weglassen selbiger doch Absicht. So ein Gesetzesentwurf geht durch zig Hände, wird gelesen, und irgendwer wird bestimmt gesagt haben, dass die Anti-Rückwirkungsklausel fehlt.

Das hat zu einem Aufschrei unter Opfern geführt. Doch die Gleichstellungsministerin zeigt sich davon unbeeindruckt und weist jegliche Verantwortung für den Fehler von sich.

Stellt die Frage, warum sie das wollte? War der Plan, auch rückwirkend die verschärfte Beweislastumkehr einzuführen? Das wäre jedenfalls meine Vermutung.

Die «Machos» unter den Richtern seien verantwortlich, so die Ministerin.

„Männer sind Ratten, begegne ihnen nur mit List.“ Männer verbieten einfach.

Diese würden die Gesetzesnovelle wissentlich falsch auslegen, um ihr zu schaden.

Wenn ein Gesetz falsch auslegbar ist, dann ist das nicht die Schuld derer, die das tun. Der Fehler mit der Rückwirkung ist nicht die Schuld der „Machos“.

Dass die Ministerin die Unparteilichkeit der Justiz infrage stellte, brachte viele Richter gegen sie auf. Der Macho-Vorwurf entbehre jeglicher Grundlage, da 70 Prozent der Sexualstraftaten auf dem Schreibtisch von Richterinnen landeten, konterten sie.

Richterinnen sind natürlich durch die Hirnwellenstrahler gleichgeschaltet.

Das oberste Richtergremium des Landes fordert inzwischen Monteros Rücktritt.

Nein? Doch! Oh… Was genau erwartete sie, was hätte passieren sollen? Wenn man an allgemeinem Machismo glaubt, muss man doch erst Recht damit rechnen.

Ihre Positionen gegen jegliche Kritik zu verteidigen, hat sie schon früh gelernt. Mit 15 Jahren trat die Tochter eines Möbelpackers und einer Erzieherin in die «Kommunistische Jugend» ein.

Ungeachtet, wie ich zu dem Gesetz stehe, ihre Position wird ja nicht einfach kritisiert, sondern sie kritisiert erstmal andere.

Von Anfang an war es für Irene Montero nicht leicht, aus dem Schatten des deutlich eloquenteren und beliebteren Partners herauszutreten.

Jüngste Ministerin. Jaja, dieser Schatten.

Umso verbissener kämpft Montero in ihrer Rolle als Gleichstellungsministerin nun um Anerkennung – und Aufmerksamkeit.

Ja, aber wäre ein durchdachteres Gesetz, was ihr nicht um die Ohren fliegt, nicht viel besser? Oder ist Aufmerksamkeit im Zweifel wichtiger als Anerkennung? Glaube ich persönlich nicht, aber so verhält sie sich.

Überhaupt hat Montero ein Problem, mit Spaniens Feministinnen zu kommunizieren.

Na, wie das wohl kommt? Es gibt ein Thema, dass Feminisitnnen spaltet, und das ist nicht sex-positive vs. sex-negative Feminismen: Selbstbestimmungsgesetze…

…dem sogenannten «Ley Trans». Bevor sie dieses auf den Weg brachte, traf sie sich nur mit LGBT-Verbänden und liess die klassischen Feministinnen aussen vor.

Na, mit Juristinnen redet sie ja anscheinend auch nicht (mehr).

Montero fordert, dass Jugendliche bereits im Alter von zwölf Jahren ihr Geschlecht im Melderegister umschreiben lassen und ab 16 Jahren frei über Geschlechtsumwandlungen entscheiden können. Vorher musste man volljährig sein.

Es geht noch nicht einmal um „Menschen mit Penissen auf Toiletten für Menschen ohne Penisse“-Diskussion, sondern darum, Jugendliche langfristige Entscheidungen nicht komplett alleine treffen zu lassen.

Die Spaltung … geht mittlerweile so tief, dass die jeweiligen Verbände getrennt demonstrieren.

Was jetzt nicht ganz so schlimm ist, wie es sich anhört. Man muss ja meinetwegen nicht zusammen mit Alice Schwarzer demonstrieren, nur weil die Feministin ist.

So wie etwa am Weltfrauentag im März oder beim Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen Ende November.

Ende November? Nicht Movember? Oder Equal Death Day?

Deutlich mehr Frauen schlossen sich dem Demonstrationszug an, auf dem der Rücktritt von Montero gefordert wurde.

Na, sowas. Tatsächlich auch Kolleginnen von ihr, denn die finden nicht gut, dass die…

der Opposition damit kontinuierlich neue Angriffsflächen bietet. Das bereitet Sorgen, denn im nächsten Jahr wird in Spanien gewählt.

So ein Pech aber auch. Eine eher mäßig kompetente Politikerin macht eher vermeidbare Fehler, kritisiert Dritte und muss mit Konsequenzen rechnen. Scheiß Patriarchat.

 Deshalb informierte der Koalitionspartner Montero nun, dass man dem Gesetz zur Transsexualität in dieser Form nicht zustimmen werde.

Und denkt an die Anti-Rückwirkungsklausel. Nicht, dass Ihr verklagt werdet, weil jemand schon nicht als jugendlich seiendes Individuum transitieren durfte.

Montero … vermutet eine Verschwörung zwischen den Sozialisten und dem konservativen PP.

Warum denn auch koalieren, wenn man genausogut verschwören kann? Reptos, Reptos überall! Sozialisten und Konservative könnten natürlich auch eine gemeinsame Regierung ohne Montero (und ihre Partei) bilden, und werden das demnächst vllt. auch machen. *Schuppenhautkratzgeräusch.

Zuletzt drohte sie gar damit, im Gegenzug andere Gesetzesvorhaben der Sozialisten zu blockieren.

Mädel! Die Sozis stecken doch mit den Konserven unter einer Decke. Wenn Du Dein Ok nicht gibst, werden sich sicher einige aus der „Opposition“ in die Bresche werfen und diese Gesetzesvorhaben eben so durchdrücken. Weil Verschwörungen eben so ablaufen.

Frau Montero ist bei ihrer Zielgruppe also nicht beliebt, nicht beim Koalitionspartner und bei der eigenen Partei auch etwas mäßig gut intergriert. Und bald sind Wahlen. Falls sie in der nächsten Legislaturperiode keine Rolle mehr spielt, kann das ja nur an dem reptiloid-maskulistischen Bündnis gegen Montero liegen.

2 Gedanken zu “Spanien, ey!

  1. Doch die Gleichstellungsministerin [..] weist jegliche Verantwortung für den Fehler von sich.

    Das nennt man Gleichstellung, Chapeau! Exakt das, was auch JEDER männliche Minister in diesem Fall tun würde.

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