Leise Ahnung im Vorfeld
Dieselbe Vorahnung hatte ich bei den Ringen der Macht, von daher will ich mich zwar etwas bedeckt halten, aber…
Ein neues Magazin widmet sich einer Zielgruppe, die sich in öffentlicher Wahrnehmung und Wertschätzung zu kurz gekommen fühlt.
Man sollte Wertschätzung vllt. wirklich nicht anhand der Magazine messen, die einem gewidmet werden, aber wo ist das Problem?
Millionen Männer „im besten Alter“ legen erleichtert ihre uralten „Fix und Foxi“-Hefte beiseite.
Und ihre Ärzteplatten. Hachja.
Denn nun gibt es für sie endlich ein eigenes, auf sie und ihre Bedürfnisse (Essen, Erklären, Restharnprobleme?)
Männer ab Mitte 40 sind bekanntlich innerlich tot und haben überhaupt keine Bedürfnisse mehr. Wenn die taz sich wirklich für andere Menschen interessieren würde, wüsste sie das.
zugeschnittenes Magazin: Die (der/das?) Monsieur.
„Das“ bestimmt.
Erschien der Ableger der Zeitschrift Madame für „Frauen in der Lebensmitte“ bislang als unregelmäßige Modebeilage seiner Medienmutti
„Madame“ ist nur eine Zeitschrift; niemand, weder die taz noch die patriarchale Weltordnung, verbietet oder kritisiert Zeitschriften, die explizit Frauen als Zielgruppe haben. Von denen es eine Menge gibt, insofern sind Frauen zumindest in der allgemeinen Wertschätzung nicht so weit unten.
wird es ab 15. März von der Münchener Looping Group als selbstständig konzipiertes Heft herausgegeben.
Wer will, volle Gönnung!
Alexandros Stefanidis, der Chefredakteur von Monsieur, kündigt … an: „MONSIEUR schreibt, denkt nach und arbeitet für Männer ab 45 Jahren mit klarem Wertekanon.“
Wohingegen die hier etwa auch für Männer schreiben, denken und arbeiten, so dass das neue Magazin redundant wäre? Die taz kann ja gerne einen Ableger wie „taz der Frau“ oder „taz woman“ oder so gründen…
Aber haben den nicht ohnehin fast alle Männer im angesprochenen Alter?
Einen Wertekanon? Mit Mitte 40? Na hoffentlich. Ich vermute, gemeint ist: „…arbeitet mit klarem Wertekanon für Männer ab 45“, aber wenn die nur für „Männer mit Wertekanon“ arbeiten, ist deren Zielgruppe ja immer noch groß genug. Richtig sexistisch wäre ein Magazin für Frauen ab 45 ohne festen Wertekanon.
Oft sogar einen unangenehm (Doppelkorn!) klaren: Man weiß noch, wo im Dorf die Kirche steht, und dass man sie besser dort lassen sollte.
Oder dass Frauen in den Vorstand gehören, nicht ans Fließband.
Das riecht nach einer ziemlich großen Zielgruppe. Hoffen wir, dass Monsieur uns Lügen straft
Eine als Spekulation getroffene Aussage ist keine Lüge. Wo sind eigentlich die ganzen Verrisse von Frauenzeitschriften, die Klischees über Frauen bedienen?
…und die beim Lesen des Wortes „Wertekanon“ hochgerollten Fußnägel mittels kluger und sensibler Inhalte am Ende wieder glattbügelt.
Es ist übrigens nicht so, dass alle Männer denselben Wertekanon haben.
Doch leider stellt sich bereits im Vorfeld eine leise Ahnung von Mimimi ein, wenn Stefanidis gegenüber der Medienfachzeitschrift Horizont von der „vernachlässigten Zielgruppe der Hetero-Männer ab 45 Jahren“ spricht.
Die Brigitte hat (noch) ein Extraheft namens „Brigitte Woman“ mit zuletzt knapp 89.000 verkauften Exemplaren für Frauen ab 40. Wird wohl mehr wegen Gruner und Jahr eingestellt. Aber immerhin noch doppelt so viele wie Monsieurs Einstiegsauflage. Frauen haben weniger Grund zu mimimi, was Zielgruppenaufmerksamkeit betrifft.
Es gehe „um die Sehnsucht nach einer Männlichkeit, die sich weder verleugne noch anbiedere“.
Ganz ehrlich – dafür brauche ich auch keine Zeitung. Aber machen wir die Geschlechtertauschprobe: wird bei Frauenzeitschriften etwa eine Weiblichkeit dargestellt, die sich verleugnet oder anbiedert? Wenn ja, wäre das etwa gut? Wenn nicht, wie kann man das bei Männern kritisieren?
Hier klingt er wieder an, der grimme Freund Wertekanon, und es fällt so entsetzlich schwer, ein Produkt nicht jetzt schon zu zerreißen, das uns ja bislang noch gar nichts getan hat.
Tja, wie gesagt, RdM. Aber da bin ich immerhin die Zielgruppe.
Wer weiß denn, ob es nicht sternhagelvoll weiser, bescheidener und emanzipativer Gedanken sein wird?
Wenn es genauso männerorientiert wird wie Frauenzeitschriften frauenorientiert sind, wäre das natürlich furchtbar.
Wollen wir ihm nicht einfach eine Chance geben?
Nein.
Hat die nicht auch der vernachlässigste alte Hetero verdient?
Eine Chance jetzt oder eine Zeitschrift?
Ganz davon abgesehen, wäre er auch von der Straße runter, wenn er zu Hause friedlich in der neuen Monsieur blättert. Und nicht in Waffen- oder Autoheftchen.
Achja, Frauenzeitschriften sind ja extra dafür da, dass Frauen sich nicht über Autos und Waffen informieren. Brigitte Woman wird wegen besserer Hirnwellenstrahler eingestellt, nicht wegen Umstrukturierungen. (Aber G+J hasst seine Angestellten, das kommt erschwerend hinzu.)
Wäre das nicht ein Gewinn für ihn, wie für uns alle?
Keine Ahnung? Für wen ist die Brigitte ein Gewinn?
Denn wenn bei der Zielgruppe von „konsumfreudig und souverän“ die Rede ist, sowie von „Vorlieben, die sie sich auch von Trends nicht ausreden lässt“, denkt wohl nur ein Schelm dabei nicht an „freie Fahrt für freie Bürger“.
Was bin ich heute wieder für ein Schelm.
Da kann Robert Habeck als Role Model des flotten Mittelalten noch so erotisch vom Cover der ersten Nummer schmunzeln.
Aus Gründen, die man sich vllt. auch als empathielose Medienperson denken könnte, halten Heteros jeden Alters Habeck nicht für erotisch. Aber ja, warum ist Habeck hier der „Posterboy“?
Immerhin hat Monsieur nichts gegen Madame: „‚Monsieur‘ ist wahrscheinlich das erste Männermagazin weltweit, das aus der Rippe einer ‚Frau‘ entstanden ist“, beschreibt Stefanidis mit biblischer Kraft seine weibliche Geburtshelferkröte.
Die Rippenmetapher funktioniert noch. Die weibliche Geburtshelferkröte hingegen hilft genau nicht mehr bei Geburten als sonstige Krötenweibchen auch, sonst hießen sie ja Geburtshelferinnenkröten, Sie Genie. Wobei „Geburt“ den Vorgang bei diesen Kröten auch nur sehr ungenau beschreibt.
„Wahrscheinlich“ ist das Lieblingswort des der Recherche müden Journalisten. So etwas gab es nämlich durchaus schon mal: Das weibliche Achtsamkeitsmagazin Flow bekam im Jahr 2016 durch einfache Umstellung der Buchstaben den männlichen Ableger Wolf für den sensiblen Mann mit selbst gehäkelten Eierwärmern.
Und?
Die Zielgruppe war jünger als die von Monsieur – Körperhygiene, Sex und Zukunft waren für sie folglich keine Fremdworte.
Hmm, die dreckige, unattraktive und apathische Zielgruppe von Monsieur, so behauptet der taz-Kommentar demnach, dächte, sie sei unbeliebt, aber die taz widerspricht der angenommenen Behauptung direkt: nur, weil die taz eine Gruppe verachtet, heißt dass ja nicht, dass alle die Gruppe verachten.
Lesen wollte das Heft anscheinend trotzdem keiner
Tja. Der Fehler lag bestimmt bei den Männern. Weil: Patriarchat.
Das Magazin wurde schließlich eingestellt. Droht Monsieur das gleiche Schicksal?
Niemand ist gezwungen, dass Ding zu kaufen. Also regelt der Markt. Weil: Patriarchat.
Interessanter und sympathischer Ansatz das neue Magazin. Aber mit Habeck auf der Titelseite als „Vorbild“…. damit haben sie mich gleich wieder verloren.
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