WANN SIND WIR ENDLICH GLEICHBERECHTIGT?
Ich bin gleichberechtigt, wenn ich dieselben Rechte wie alle anderen Menschen habe. Wann IHR gleichberechtigt sein werdet, hängt sehr von Eurer Definition von Gleichberechtigung ab.
131 Jahre1 dauert es noch, bis wir alle gleichberechtigt leben können – das hat das Weltwirtschaftsforum für den Global Gender Gap Report 2022 ausgerechnet.
Dass man dergleichen derartig weit extrapolieren kann, halte ich für sehr abwegig. Hätte jemand 1890 die heutige Welt – politisch, wirtschaftlich, juristisch – vorherberechnen können?
Was für eine erschreckende Zahl! Und wenn wir uns einen anderen Bericht von UN Women anschauen, dauert es sogar noch 285 Jahre2
Die hier? Ja, wenn die Ukraine die Flucht von Männern behindert, so das 2/3 aller Flüchtlinge aus der Ukraine Frauen und Kinder sind, und 2/3 aller zivilen Opfer dort Männer, dann ist das frauenfeindlich. Will sagen, der Fehler ist evt. nicht die Statistik an sich…
bis wir weltweit eine rechtliche Gleichstellung ohne diskriminierende Gesetze erreicht haben.
Das ist ein „umgekehrter Whataboutismus“. Wenn jemand sagt: „Deutschland ist sexistisch und rassistisch!“, ist es ein Whataboutismus und kein Argument zu sagen: „In Afghanistan werden Frauen unterdrückt und in China Uiguren.“ Weil eine Sache nicht bloß deshalb gut ist, weil eine andere Sache schlecht ist. Hier wird argumentiert: „Selbst, wenn D. nicht sexistisch ist, leben ‚wir‘ in einer sexistischen Welt, weil andere Länder sexistisch sind.“ Was ganz abstrakt gesehen so stimmt, aber konkret für den Staat und die Gesellschaft, in deren Sprache dieser konkrete Artikel geschrieben wurde, keine Auswirkungen hat, weil sich der Staat und die Gesellschaft hier weder ändern müssen noch können, um woanders auf der Welt etwas zu verbessern.
Am Internationalen Frauentag am 8. März schmücken sich viele mit tollen Worten und oberflächlichen Gesten.
Tja, das kritisiere ich auch aufs Schärfste!
Wenn wir aber von Zahlen wie 131 oder gar 285 Jahren lesen, ist uns ganz schnell klar, dass wir keine Blumen oder Geschenke zum Weltfrauentag brauchen
Gut, lasse ich dann auch.
der Tag muss ein Tag der politischen Forderungen sein. Also doch ein feministischer Kampftag, wie er in feministischen Bewegungen oft genannt wird.
Ja, wenn IHR mit der „globalen“ Situation argumentiert, argumentiert Ihr insbesondere mit Afghanistan. Wenn Ihr Afghanistan als Argument verwendet, darf ich das auch. Weil die Situation in Afghanistan viel schlimmer ist als in D., richtet Eure Forderungen bitte an Afghanistan.
ABER IN DEUTSCHLAND SIND WIR DOCH VIEL WEITER, ODER? LEIDER NEIN.
Erste allgemeine Wahlen gab es hierzulande 1919, damaliges Wahlalter 20. Keine lebende Deutsche hat je nicht wählen gedurft, obwohl sie alt genug war. Deutschland ist offenbar 100 Jahre weiter als Afghanistan.
Okay, hier haben wir mit Artikel 3 des Grundgesetzes die rechtliche Grundlage für eine gleichberechtigte Gesellschaft.
Und hier beginnt die unredliche Argumentation. Ein Recht, dass man auf dem Papier hat, aber aus anderen Gründen nicht wahrnehmen oder einklagen kann, ist de facto nicht existent, so dass man nicht von „gleichen Rechten“ sprechen sollte. Aber DAS ist nicht die Kritik.
Ob Gewalt gegen Frauen und weiblich gelesene Personen, Lohnunterschiede oder auch Repräsentation und Sichtbarkeit – in fast allen Bereichen unseres täglichen Lebens werden Frauen noch immer benachteiligt.
Drei Bereiche „unseres“ täglichen Lebens sind „fast alle“? Aber selbst die drei Beispiele sind keine Beispiele für Ungleichberechtigung.
Jeden Tag versucht in Deutschland ein Mann, eine Frau zu töten – und das ist nur die von der Polizei registrierte Zahl.
Das ist kein Problem mangelnder Gleichberechtigung. Es ist verboten, Frauen umzubringen, schon der Versuch ist strafbar, Morde und Mordversuche an Frauen sind nicht häufiger als an Männern, werden nicht weniger hart verfolgt und nicht milder bestraft.
Ein anderes Beispiel ist der Gender Pay Gap, also der Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen3.
Ja, das hier. Es gibt kein Gesetz, keine Vorschrift und keinen Tarifvertrag, der Unternehmen zwingt, Männer mehr Geld zu zahlen als Frauen. Frauen werden insbesondere nicht mit fünf Jahren Haft bestraft, wenn sie so viel Geld verdienen sollten wie Männer.
Das Bundesarbeitsgericht hat in einem Grundsatzurteil entschieden, dass Arbeitgeber*innen vom Prinzip „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ nicht abweichen dürfen, nur weil Männer höhere Gehaltsforderungen stellen als Frauen.
Offenbar ist dieses Recht einklagbar. Wieso ist das ein Fall für mangelnde Gleichberechtigung?
Und auch bei der Sichtbarkeit und Repräsentation von Frauen und nicht-binären Personen gibt es noch einiges zu tun. Zum Beispiel im Fernsehen: Expert*innen in Informationssendungen sind hauptsächlich männlich,
Da kann der Gesetzgeber ja nichts zu.
Das muss doch alles schneller gehen! Wir setzen auf: Bildung! Und zwar auf allen Ebenen: Kitas & Schulen, Unternehmen, die breite Öffentlichkeit. Ganz unterschiedliche Menschen, die wir mit ganz unterschiedlichen Kampagnen und Angeboten ansprechen.
Das Unternehmen hat kein Interesse daran, eine nicht-tarifgebundene Frau so viel zu bezahlen wie einem ebensolchen Mann, sondern wird eher dem mann das höhere Gehalt nicht zahlen. Dass irgendein potentieller Mörder seine Opfer verschont, weil Pinkstinks mal ein paar Flyer verteilt, glaube ich nicht. Und Repräsentation ist ein zweischneidiges Schwert, wie man jetzt im Ukrainekrieg sieht…
In denen wir auf Augenhöhe und mit viel Humor erklären, wie sich fehlende Gleichberechtigung und Sexismus im Alltag äußern
Das mit dem Humor stimmt definitiv. Ich muss immer viel lachen.
wie fehlende Gleichberechtigung und Sexismus allen Geschlechtern schaden und was jede*r Einzelne dagegen tun kann.
Also, ich habe deshalb ein Jahresgehalt verloren. Und Ihr so?
Das gemeinsame Ziel: einen öffentlichen Raum zu schaffen, in dem sich alle Menschen – egal welchen Geschlechts – sicher fühlen können, egal zu welcher Uhrzeit.
Ganz aaaallgemein – wenn jemand ein Gesetz bricht, ist das Ungerech, aber nicht die Schuld des Staates, der den Gesetzesverstoß ahndet, sobald er es kann.
Warum darf in unserer Gesellschaft Menschen vorgeschrieben werden, ob sie ein Kind austragen oder nicht?
Weil auch das Kind zur Gesellschaft gehört, und der Staat schützt seine Bürger auch voreinander.
Der Bericht weist auch auf eine besorgniserregende Kehrtwende bei der Armutsbekämpfung hin
Und das ist sexistisch, weil…
Bis Ende des Jahres werden etwa 383 Millionen Frauen und Mädchen in extremer Armut leben, verglichen mit 368 Millionen Männern und Jungen.
Rund 4% mehr weibliche Arme. Das ist weniger als die statistische höhere Lebenserwartung von 5% weltweit. Ich habe keine Lust, das jetzt genauer auszurechnen, aber die vier Prozent liegen eher an der unterschiedlichen Anzahl von Männern und Frauen als an frauenfeindlichem Sexismus.
Noch 131 Jahre, bis wir in einer Gesellschaft leben, die allen guttut?
Tja, man kann ja auch auswandern, oder?
Unfähig wie sie sind, können sie die Beschleunigung nicht berechnen: Vor 10 Jahren sagte eine Genderistin voraus, bis zur „Gleichberechtigung“* dauere es noch 400 Jahre.
*ausschließlich auf Gebieten, wo Frauen zurückliegen. Umbringen dürfen sich die Männer weiterhin mehrheitlich, das ist egal.
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