Die Lohnlücke ist ein Armutszeugnis für Deutschland
Mal wieder hier.
Frauen verdienen immer noch deutlich weniger als Männer. Geht es so weiter, werden sich die Stundenlöhne erst in 50 Jahre angleichen.
Geht es mit der Geschwindigkeit weiter, mit der jährlich neue Geschlechter entdeckt werden, sind Frauen dann die privilegierte Mehrheit.
Die Politik muss endlich handeln.
Dies ist kein Problem, dass durch ungerechte Gesetze erzeugt wird, und daher nur indirekt durch Gesetze lösbar.
In kaum einem anderen westlichen Land ist der Unterschied beim Stundenlohn zwischen Männern und Frauen so groß.
Früher sagte man: „Geh doch nach drüben!“, wenn jemanden was nicht passte, und meinte die DDR. Heute wäre die Empfehlung, in die USA auszuwandern.
Der Gender-Pay-Gap hat katastrophale Konsequenzen nicht nur für viele Frauen und deren Kinder, sondern auch für Wirtschaft und Gesellschaft.
Die Wirtschaft, so scheint mir, leidet darunter höchstens, weil sie Männern mehr als Frauen zahlen „muss“. Wenn sie damit aufhört, wäre das wirtschaftlich gesehen besser.
Nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes betrug im Jahr 2022 der durchschnittliche Stundenlohn von Männern in Deutschland 24,36 Euro, der von Frauen lediglich 20,05 Euro. Das ist ein Unterschied von knapp 18 Prozent.
Oder anders: Männer kriegen 21% mehr als Frauen. Für die ungleiche Arbeit zwar, aber: „Skandal!“ Wie dumm muss diese Wirtschaft eigentlich sein?
Zahlreiche wissenschaftliche Studien zeigen, dass knapp zwei Drittel des bestehenden Unterschieds durch drei Faktoren erklärt werden können:
Also 14% von den 21%? Also guter Mensch nehme ich natürlich Frauen als Basis meiner Berechnung. Feiert mich!
erstens, dass ungewöhnlich viele Frauen in Deutschland in Teilzeit arbeiten.
Das muss man weiter erklären: für das Monatseinkommen ist Teilzeit natürlich ein erheblicher Einfluss. Für den Stundenlohn aber erstmal nicht, allerdings auf lange Sicht dann schon, weil Vollzeitarbeiter schneller Erfahrung sammeln, daher eher Gehaltserhöhungen bekommen, eher befördert werden und vor allem, weil Mitarbeiter mit Personalverantwortung typischerweise Vollzeit arbeiten.
Zweitens, dass Frauen recht selten in Führungspositionen sind.
Was insofern auch die Folge von „erstens“ ist.
So zeigte das DIW Managerinnen-Barometer kürzlich, dass der Anteil von Frauen in Vorständen von großen Unternehmen noch immer nur 16 Prozent beträgt.
Joah, aber dafür werden die durchschnittlich besser bezahlt, weil ein modernes Unternehmen gerne eine Managerin im Portfolio haben will. Markt regelt und so. Allerdings diese Spitzengruppe ist so klein, dass die kaum den GPG großartig verändert.
Und drittens arbeiten Frauen sehr viel häufiger in Berufen, in denen schlechtere Löhne gezahlt werden – beispielsweise in der Pflege-, in der Gesundheits- und Bildungsbranche.
Wenn man der Ansicht ist, dass diese Branchen bessere Löhne zahlen müssten oder sollten, weil ihre Wichtigkeit oder ihr Personalbedarf ansonsten nicht gewürdigt werden, ok. Wenn man das nur fordert, weil da viele Frauen arbeiten, im Unterschied zur Müllabfuhr z.B., ist das einfach sexistische Lobbyarbeit.
Kritiker behaupten, diese drei Eigenschaften seien vor allem die „freie Wahl“ von Frauen und daher auch kein Problem.
„Kritiker“ von was? Er ist ein Kritiker, weil er den GPG kritisiert. Zu Unrecht in dem Umfang, wie ich finde, aber er ist der Kritiker, also ist meine Partei die der Kritiker-Kritiker? Jedenfalls ja, freie Wahl. Ohne „. Niemand zwingt die Frauen.
Entscheiden Frauen wirklich freiwillig, beruflich weniger Verantwortung zu übernehmen
Nein, denen wird eine Knarre an den Kopf gehalten.
in schlechter bezahlten Berufen
Sie ergreifen freiwillig einen Beruf, von dem sie vorher wissen können, wie viel man darin verdient.
im internationalen Vergleich mit deutlich weniger Arbeitsstunden zu arbeiten?
Ja, wer kennt nicht die harten Arbeitskämpfe – früher durfte man nur drei Stunden am Tag arbeiten, weil die bösen Fabrik-Oligarchen den armen Arbeitern den Dreck unter den Nägeln nicht gönnten, und 90 Prozent der Arbeit durch Steampunk-Maschinen und Clockworkpunk-Roboter erledigen ließen. Noch in den 80ern riefen die Gewerkschaften zum Streik auf, um wenigstens 35 Stunden pro Woche arbeiten zu dürfen.
Jegliche Evidenz beantwortet diese Frage mit einem klaren Nein.
Diese Evidenz muss aus besagten Hirnwellenstrahlern bestehen. Ansonsten kann man das nicht erklären.
Viele Frauen in Deutschland geben an, gerne mehr Stunden arbeiten zu wollen, dass ihnen jedoch dazu viele Hürden in den Weg gestellt werden.
Wie viele sind „viele“? Wer stellt Ihnen diese Hürden in den Weg? Die Wirtschaft, die ja ein Interesse n möglichst vielen Arbeitnehmern hat, um die Lohnkosten zu drücken? Nebenbei, wer fragt eigentlich Männer, ob die evt. weniger arbeiten wollten (was die Lohnkosten wieder steigern würde)?
Die Betreuung von Kindern und das Bildungssystem sind in Deutschland so gestaltet, dass Eltern zeitlich vergleichsweise viel in Anspruch genommen werden.
Ich sag mal, ein größeres Betreuungssystem ist möglich, wird dann aber auch teurer. Vor allem, wenn man ja höhere Löhne in der Bildungsbranche fordert.
Das Steuersystem, vor allem durch das Ehegattensplitting oder durch Minijobs, macht es häufig wenig attraktiv für Frauen, …
Das wäre kein Hindernis. Und vor allem ist es kein Zwang, weniger zu arbeiten.
Zudem lässt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in vielen Unternehmen viel zu wünschen übrig.
Das ist tatsächlich etwas, was evt. politisch änderbar wäre. Aber das würde Müttern und Vätern helfen, nicht „Frauen statt Männern“.
Frauen wollen auch nicht deutlich seltener Führungsverantwortung übernehmen als Männer, es wird ihnen nur schwerer gemacht
Es wird auch Männern schwer gemacht. Aber das hat mit dem GPG, wie gesagt, nur peripher zu tun.
Die dritte Begründung, Frauen arbeiteten freiwillig in Berufen mit generell schlechterer Bezahlung, ist schlichtweg ein Schlag ins Gesicht vieler Frauen.
Die Behauptung ist nicht: „Frauen wollen wenig Geld verdienen“, sondern: „Frauen wählen ohne äußeren Zwang Berufe, von denen sie wissen, wie wenig Geld sie verdienen.“ Wenn jemand vor der Wahl steht, einen Beruf zu erlernen, der wenig Einnahmen generiert, hat soe die Wahl:
- den Beruf zugunsten eines anderen nicht zu ergreifen
- den Beruf ergreifen und sich gewerkschaftlich/arbeitskampftechnisch um bessere Löhne oder allgemeine Arbeitsbedingungen zu engagieren
- den Beruf ergreifen oder auch nicht, und politisch für mehr Geld in der Branche zu kämpfen (bei wichtigen Branchen ist das nicht aussichtslos)
- den Beruf ergreifen und auf die Gesellschaft schimpfen
So hat eine Studie des DIW Berlins bereits 2020 gezeigt, dass systemrelevante Berufe … besonders häufig von Frauen ausgeübt werden, aber gleichzeitig auch durchschnittlich deutlich weniger Bezahlung und weniger Wertschätzung erhalten.
Meine Vermutung ist nach wie vor, dass das nicht daran liegt, dass da jemand etwas gegen Frauen hat. Aber selbst wenn, könnte man das ja sehr leicht bekämpfen, in dem man ihn (oder sie, aber nunja) einfach auflaufen lässt. Wennimmer mehr Frauen lieber bei VW am Band stehen werden statt Bettpfannen austauschen, werden die Löhne in der Pflege steigen müssen. Und die bei VW sinken, wegen Angebotssteigerung.
Gleichzeitig müssen sie sich nun anhören, sie hätten doch freiwillig diese Berufe gewählt und das sei auch gut so.
Erstens: ein Müllmann, der sich bei mir über seinen Stundenlohn beschwerte, würde ich dasselbe sagen. Ebenso ein Krankenpfleger, Bankkaufmensch, Journalist oder sonstige berufstätige Person.
Zweitens: weder ich noch sonst einer der „Kritiker“, soweit ich weiß, will verhindern, dass Krankenschwestern, Müllmänner, Bankkaufleute oder Journalisten versuchen, ihre Tarifverträge zu verbessern.
Drittens: es ist nicht „unsere“ Schuld, als Individuen oder als „die“ Gesellschaft, dass andere Menschen schlecht bezahlt werden. Als Arbeitgeber evt. schon, aber das ist dann eher nicht politisch lösbar.
Selbst wenn man die Berechnung des Gender-Pay-Gaps um diese drei Erklärungen anpasst,
Also ungleiches Geld für ungleiche Arbeit.
bleibt noch immer ein sogenannter bereinigter Gender-Pay-Gap von sieben Prozent…
Wenn man Mutterschaftsurlaub u.a. rausrechnet, ist er im niedrigen einstelligen Prozentbereich.
… der zu einem erheblichen Teil auf andere Diskriminierungen beruht.
Auf anderen Diskriminierungen. Aber es ist keine Diskriminierung, wenn die Monteure bei VW mehr verdienen als die Kindergärtner in Wolfsburg.
Selbst diese sieben Prozent bedeuten nicht wenig Geld: Bei einem mittleren Einkommen von 3.500 Euro im Monat für einen Mann bedeutet dies, dass eine Frau 245 Euro im Monat weniger erhält.
Oder, der Mann kriegt 8% mehr.
Würden Sie freiwillig auf so viel Geld jeden Monat verzichten?
Kommt drauf an – ein Job, der etwas besser bezahlt wird bei ansonsten gleichen Bedingungen (Arbeitszeiten, Arbeitsweg, Arbeitsbedingungen, etc.), oder einer der etwas besser bezahlt wird, aber insgesamt stressiger ist?
Die schlechtere Bezahlung trägt entscheidend zu zahlreichen Benachteiligungen von Frauen in Deutschland bei.
Ja, wie die Wehrpflicht. Der Superjahressold, auf den Frauen verzichten müssen und stattdessen studieren oder Ausbildung machen, haut ja allein schon den GPG raus.
Eine Eliminierung des Gender-Pay-Gaps würde das Armutsrisiko in Deutschland, vor allem für alleinerziehende Mütter und ihre Kinder, die in unserem Land ungewöhnlich stark von Armut betroffen sind, deutlich reduzieren.
Bessere Bezahlung reduziert generell das Armutsrisiko. Eine „Eliminierung“ des GPGs kann aber auch bedeuten, dass Männer einfach weniger Geld bekommen. Yäy, Mathe!
Es würde die Stellung der Frau in der Partnerschaft stärken.
Suchen Frauen sich Männer eigentlich immer noch nach Einkommen aus?
Und es würde auch die Altersarmut bei Frauen deutlich verringern.
DAS Problem könnte man auch lösen, indem man das Renteneintrittsalter an die Lebenserwartung anpasst. Yäy, Mathe!
Die Erwerbstätigkeit von Frauen ist heute das größte ungehobene wirtschaftliche Potenzial.
Vorschlag: es wird ein Gesetz eingeführt, wonach Arbeitgeber männlichen Arbeitnehmern für dieselbe Arbeit 10% mehr Geld als Frauen zahlen müssen. Natürlich würden Arbeitgeber alle Männer schnellstmöglich loswerden, um Frauen einzustellen.
Eine bessere Bezahlung und damit einhergehend eine höhere Beschäftigung von Frauen könnte helfe, die Fachkräftelücken zu schließen.
Das ist jetzt sehr aus Sicht der bösen, frauenfeindlichen Arbeitgeber gedacht: wenn mehr Frauen beschäftigt sind, erhöht sich das Angebot an Arbeitskräften, und die Bezahlung kann niedrig bleiben. Fachkräftemangel bedeutet typischerweise: „Mangel an billigen Fachkräften“
Unternehmen stehen vor riesigen Herausforderungen und brauchen diverse und innovative Teams.
Welche Unternehmen? Wenn die Krankenhäuser, Altenheime und so weiter die Mitarbeiterinnen und -beiter, die sie bis dato hatten, nicht gescheit bezahlen konnten, werden sie weitere Fachkräfte erst recht nicht bezahlen können. Wenn sie sie nicht bezahlen wollen, nun, selber Schuld. Wenn hier aber sagen wir ein Industrieunternehmen wie VW gemeint ist, ist das ein non sequitur, wie der Fachmensch sagt, denn wenn selbst die schlechte Bezahlung in der Pflegebranche Frauen nicht motivieren kann, lieber in der Industrie zu arbeiten, was dann?
Eine stärkere Beschäftigung von Frauen würde Unternehmen produktiver machen.
Man muss Frauen dann eben dazu zwingen, in die Industrie zu gehen.
Und es würde dem Staat helfen, Sozialausgaben einzusparen und generell leistungsfähiger zu werden.
Nein, der Staat muss dann mehr Geld für Kinderbetreuungseinrichtungen ausgeben. Ok, dass kann dann durch mehr Steuereinnahmen gegenfinanziert werden, aber „einsparen“ ist nicht ganz die richtige Vokabel.
Der Gender-Pay-Gap in Deutschland ließe sich halbieren, so wie in manchen nordischen Ländern, wenn Hürden und Diskriminierung für Frauen abgebaut würden.
Ja, das sieht dann so aus…
Eine Abschaffung des Ehegattensplittings und von Minijobs
Minijobs nur für Männer!!!!
Aber auch die Gesellschaft muss sich öffnen. Gerade unter jüngeren Menschen wünscht sich eine Mehrheit der Männer gleiche Chancen für ihre Partnerinnen im Arbeitsleben und will selbst mehr Verantwortung für Familie und Kinder.
Dann muss sie sich nicht mehr „öffnen“, dann „öffnet“ sie sich…
..aber viele junge Familien können diese Veränderung nicht umsetzen, auch weil Unternehmen nicht die Voraussetzungen dafür schaffen.
Es ist nicht die Schuld von „Unternehmen“, dass Frauen in schlecht bezahlten Pflegeberufen arbeiten. Es ist schon eher die Schuld von Unternehmen, wenn sie weder familienfreundliche Arbeitszeiten noch unternehmenseigene Kinderbetreuungen anbieten. Wobei mir nicht genau klar ist, wieso der Drei-Schicht-Betrieb im Krankenhaus irgendwie familienfreundlicher sein soll als der Drei-Schicht-Betrieb in der Fabrik? Oder könnte es sein, dass Pflegeberufe den GPG auch nicht gerade im Alleingang aufreißen?
Es ist an Politik, Unternehmen und Gesellschaft, die unzähligen Hürden für Frauen auf dem Arbeitsmarkt aus dem Weg zu räumen und für eine faire Bezahlung zu sorgen.
Die Bezahlung ist insofern fair, als dass man auch als Frau weiß, was man wo verdienen kann. Und man kann als Frau den Beruf frei wählen, streiken, den Arbeitgeber, den Job oder letztlich selbst den Beruf wechseln und auch alle arbeitsrechtlichen Schritte gehen, die ihre männlichen Kollegen haben, wenn sie mit ihrem Gehalt nicht (mehr) zufrieden sind. Der Staat sorgt für die Gesetze und die Infrastruktur, um sie durchzusetzen.
Das würde nicht nur enormes Potenzial mobilisieren und die Sozialsysteme zukunftsfester machen, sondern auch mehr Freiheit und Chancengleichheit schaffen.
Wie man die Kurve von „Unternehmen unterdrücken Frauen“ zu „Man muss mehr für Unternehmen tun“ kriegt einerseits, und wie man gleichzeitig so tut, als wären Frauen unfrei und hätten keine Chancen, weil einige von denen ohne Not schlecht bezahlte und harte Berufe in der Pflege ergreifen.
Frauen wählen schlechter bezahlte Jobs, weil sie die angenehmeren Jobs sind, weshalb sie schlechter bezahlt sind.
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