Sippenhaft und Schuldgefühle

Hachja.

Mein innerer Pet Shop Boy sing laut mit.

Arbeit am besseren Mann

Arbeit am „guten“ Mann wäre selbst für Pickert zu überheb selbstbewusst.

Wie wäre es mit einer Welt mit zärtlichen, freundlichen, gewaltfreien und gütigen Männern?

Und die Frauen zanken sich um die besten? Indem sie um die bestbezahlten Jobs konkurrieren?

Eigentlich mag ich Männer.

Einige seine besten Freunde sind Männer. Oder irgendwelche seine Freunde. Oder guten Bekannten. Also Männer, mit denen er per Du ist, kennt er bestimmt.

Jemand mit meiner Reputation und meinen Themenschwerpunkten muss das offenbar regelmäßig klarstellen

Wieso „muss“ er das überhaupt? Glaubt ihm das einer?

weil ich andernfalls als Männerhasser gelte.

Entweder ist er es, oder er ist es nicht. In beiden Fällen ist die Behauptung, er wäre es nicht, kein Beweis. Merz ist bspw. mit einer Frau verheiratet – beweist das, dass er kein Frauenhasser ist?

Das liegt hauptsächlich daran, dass ein Großteil meiner Arbeit darin besteht, meinen Geschlechtsgenossen mehr oder weniger detailreich und überspitzt zu erklären, worin wir versagen.

Wer ist „wir“? Ich stelle fest, dass ich ein ziemlich anderes Leben als Pickert führe – inwieweit könnten seine Fehler meine sein, oder umgekehrt? Außerdem: Pauschalaussagen über Frauen, Schwule, Schwarze, Juden, Linkshänder, Lehrer, Sinti, Roma und Autisten sind deshalb „problematisch“, weil damit alle Menschen einer Gruppe als identisch dargestellt werden. Aber bei Männern soll das jetzt richtig sein?

Was wir schlecht machen.

Ich nicht.

Wieso wir bestimmte Zusammenhänge einfach nicht begreifen können oder wollen.

Was zwei unterschiedliche Dinge sind.

Warum wir uns weigern, für unsere eigene Emanzipation Verantwortung zu übernehmen.

Sowas wie das hier? Ich glaube zwar nicht, dass er das meint, aber die eigene Emanzipation, insbesondere, wenn man als Gruppe denkt – was Pickert gerade macht – sähe so aus, dass man sich von anderen Gruppen trennt. Und wenn man sich nur von der eigenen trennt, liefe Pickerts pädagogischer Ansatz ins Leere.

Manchmal, und nicht nur manchmal, verzweifle ich dabei an der Renitenz und der Ignoranz von Männern.

Pickert hat keine Empathie, oder jedenfalls keine für Männer; sonst würde er wissen, dass dieses Argument ein besonders schlechtes ist.

Dann würde ich dieses ganze Themenfeld am liebsten hinschmeißen und den Rest meines Lebens damit verbringen, tatsächlich die Verachtung für Männer zu entwickeln, die mir so oft unterstellt wird.

Und das ist eine Drohung, weil…? Ob er Männer direkt verachtet, ist eigentlich auch sekundär, aber er betrachtet Männer erstens als homogene Gruppe, bei der zweitens jedes Gruppenmitglied für alle anderen mitverantwortlich ist. Aber wenn man nicht will, dass man das mit Frauen, Schwulen, Lehrern oder wemauchimmer macht, sollte man das einfach bleiben lassen.

Die ich mit gutem Recht hegen könnte, weil die Dinge so sind, wie sie nun einmal sind.

Ich bin nicht der Ansicht, dass er das Recht dazu hätte, aber wenn er es hätte, sollte er es auch tun.

In diesen Momenten frage ich mich, wieso wir uns eigentlich nicht in Grund und Boden schämen.

Wegen Gruppenschuld? Niemals. Warum sollte ich mich für Pickert schämen? Warum sollte Pickert sich für mich schämen? Und ich bezweifle, dass er sich für mich schämt, dass ist jetzt der Versuch, Schuldgefühle zu induzieren.

Ist es uns nicht peinlich, als Populationsgruppe die überwältigende Mehrzahl der Schwerverbrecher zu bilden?

Mir nicht.

Vor uns werden Frauen und marginalisierte Gruppen gewarnt.

Es wird auch vor der jüdischen Weltverschwörung gewarnt – sollen sich jetzt Juden schämen?

Von uns geht Gefahr aus.

Von mir nicht. Bzw., meine Gefährlichkeit ist nicht größer als die der Durchschnittsfrau.

Wir führen Kriege.

Ich bin Zivi.

Wir verschleiern Frauen.

Ich nicht.

Wir stellen ihnen nach, beuten sie aus, schlagen und vergewaltigen sie.

Ich nicht. Außerdem wird von mir erwartet, dass ich meinen Kopf hin halte, um Frauen zu beschützen, oder?

Wir machen Dinge kaputt.

Ich nicht.

Wir zerstören Menschen.

Ich nicht. Aber wenn’s ein männlicher Mensch ist, wo wäre das Problem?

Jeden Tag hätten wir spätestens zu den Abendnachrichten allen Grund, mit der Faust auf den Tisch zu hauen und laut aufzuschreien, dass es so mit uns wirklich nicht weitergehen kann.

*Schulterzuck. Ich kann nicht mit Dingen aufhören, die ich gar nicht tu. Ich kann nur für solche Dinge die Verantwortung übernehme, die ich verursacht habe oder ändern kann. Ich kann mir gerne wünschen, dass mehr Menschen so wären wie ich, ja. Aber davon kann man sich nichts kaufen.

Irgendwo auf der Welt schränken Männer sexuelle Selbstbestimmungsrechte ein?

Die von Männern oder die von Frauen?

Tja, kann passieren.

Eigentlich ist das Argument: ich habe keine legalen Möglichkeiten, auf die Gesetzgebung eines Landes Einfluss zu nehmen, dessen Bürger ich nicht bin. MIR deshalb einen Vorwurf zu machen ist sinnlos.

Irgendwo anders werden Schwule verfolgt und massakriert?

Gleich um die Ecke wohnte mal eine Buchhalterin, die eine Menge Geld unterschlug. Muss ich jetzt ins Gefängnis?

Haben wir ja nichts mit zu tun.

Ich sag mal so: es gibt Gründe, warum die Ukraine nicht zu Russland gehören will.

Männer der katholischen Kirche begehen über Jahrzehnte grausame Sexualstraftaten mehrheitlich an Jungen?

Feministen ist es egal, wenn Frauen Sexualstraftaten an Kindern gleichwelchen Geschlechtes begehen, sondern främen dergleichen als „männliches“ Verhalten? Ich habe die Sprüche raus.

Schon schlimm so was, weiter geht’s.

Es gibt zahlreiche Organisationen, die sich dagegen engagieren, und nicht wenige davon sind maskulistisch. Außerdem, wer hat eigentlich behauptet, dass hauptsächlich Mädchen Opfer wären?

Nichts, absolut nichts scheint in der Lage zu sein, diesen „Läuft bei uns“-Bro-Code zu durchbrechen.

Ich habe irgendwie ganz selten Frauen in der Zivischule gesehen. Aber hey.

Egal wie widerlich, menschenverachtend und gewalttätig es seit hunderten Jahren zur Sache geht.

Der Witz bei der Sache ist leider der, dass „Frauen“, also die statistische Mehrheit, mit gewalttätigen und unfreundlichen Männern keine Probleme hat, solange die gegen andere unfreundlich und gewalttätig sind. Und manchmal auch ohne diese Einschränkung. Also werden Männer für dieses Verhalten nicht gerade bestraft, was ihre Erfolgsaussichten bei Frauen betrifft. Ansonsten gilt hier die Fabel vom Wolf und vom Lamm: „Du hast mich letztes Jahr beleidigt!“ – „Letztes Jahr war ich doch noch gar nicht auf der Welt!“ – „Dann war es eben Dein Vater oder Dein Großvater und ich fress‘ Dich jetzt trotzdem.“

So unerträglich ist das Ganze, dass man sich am liebsten nur noch auf Publikumsbeschimpfungen verlegen will:

„Pickert: Jetzt mit 5% mehr Publikumsbeschimpfung!“ – „Wieso nur 5%?“ – „Er war ja schon bei 95%…“

Was ist mit euch?!

Mit mir ist gar nichts, was mit anderen ist, weiß ich nicht.

Wieso seid ihr solche Arschlöcher und findet das auch noch geil?

Bin ich nicht und finde ich nicht.

Warum seid ihr eine Schande für alle, die euch jemals geliebt und sich die Mühe gemacht haben, euch zu anständigen Menschen zu erziehen?

Ich bin keine Schande für andere. Ich bin höchstens eine Schande für mich selbst. Aber bestimmte Menschen sind zu bestimmten Verhaltensweisen erzogen worden, weil das „Patri“archat nicht nur manchmal Männern schadet, sondern zugleich Frauen nutzt.

Aber erstens wäre es ziemlich selbstgefällig und verlogen, mich da einfach auszunehmen.

Das ist mit Abstand nicht der erste Grund, warum diese ganze Argumentation Schwachsinn ist. Aber ja, es ist ein Grund.

Und zweitens funktioniert es nicht.

Achwas.

Glauben Sie mir, ich habe es versucht.

Das war keine ironische Überspitzung, kein gestellter Sarkasmus und keine zynische Satire, das war etwas, was er tatsächlich versucht hat. Wovon er mal dachte, dass es funktionieren könnte, und von dem er mit dem Zeugnis seiner eigenen Erfahrung überzeugen will, dass das nicht funktioniert. Anstatt mit gesundem Menschenverstand.

Und ich werde es wohl auch immer wieder tun, weil ich immer wieder in Versuchung gerate.

Jemand, der trotz Einsicht das eigene Fehlverhalten nicht ändert, will, dass andere das tun. Allerdings hat er nicht ganz verstanden, warum es nicht funktioniert.

Männer haben nachvollziehbarerweise kein Interesse daran, sich beschimpfen zu lassen.

Frauen etwa? Aber das ist nur der halbe Grund. Oder nur ein viertel Grund, denn:

  1. Pickert hängt zu sehr den eigenen Narrativen an, und deshalb sagt er zwar, dass Feminismus auch Männern helfen würde, aber die Stellen, wo Männer am meisten benachteiligt sind, sind die Stellen, wo Frauen die meisten Vorteile haben, und daran will er – meinetwegen unbewussterweise – nichts ändern: von Pseudo-Alibi-Eigeninteressen wie „Missbrauch in der katholischen Kirche“ abgesehen thematisiert er kein Wechselmodell, Selbstmordraten, Unfallquoten usw. .
  2. Pickert schert Männer über einen Kamm, selbst wenn er mal keine „Publikumsbeschimpfung“ betreibt. Jetzt sind manche Männer wirklich so, wie Pickert das darstellt – die wollen sich vermutlich nicht ändern – und manche sind so nicht – die müssen sich nicht ändern. Wer ist dann überhaupt sein Publikum?
  3. Pickert will offenbar, dass Männer nicht nur sich persönlich ändern, sondern auch andere Männer. Also nicht nur ich soll keine Frauen vergewaltigen, sondern bin auch verantwortlich dafür, dass das auch sonst kein Mann macht. In der Kirche gibt es weniger Schuldgefühle, weil die immerhin an die persönliche Schuld glaubt.

Sie wachen davon nicht auf, sie lassen sich davon nicht beeindrucken und sehen dadurch auch ganz sicher nicht die Notwendigkeit ein, ihr Verhalten zu ändern.

Notwendig für wen? Für Pickert?

Schade, das mit dem Beschimpfen kann ich so gut. Ist auch sehr ressourcensparend und wenig aufwendig.

Wird er dafür nicht auch noch bezahlt? Insofern ist es ja auch erfolgreich. Er kann auch seine Familie miternähren. yay!

Heteronormative Männlichkeit in Grund und Boden zu schreiben und in Brand zu stecken ist einfach.

Ja, und? Das hält keinen Hetero davon ab, weiterhin auf Frauen zu stehen. Schüchterne Männer haben weniger Erfolg bei Frauen als solche, die mal einen Korb riskieren, also müsste man – wenn man Schüchternheit unterstützen will – Frauen auffordern, öfter mal den ersten Schritt zu tun.

Ich tue das ziemlich häufig, ich weiß, wovon ich rede.

Ja, das tut er wirklich. Hat das schon mal einen Effekt gehabt? Also einen, den er wollte?

Perspektiven entwickeln, freundlich bleiben, Einladungen aussprechen

Welche Perspektive? Tenor ist bei ihm, und nicht nur hier, man müsse sich als Mann ändern, um Frauen zu helfen. Oder meinetwegen Schwulen. Es ist keine Einladung, wenn man von mir will, dass ich etwas für andere tue, insbesondere, wenn das eigentlich nur das ist, was sonst „toxische Männlichkeit“ genannt wird.

das wiederum sind die Dinge, die hier und da nachhaltig jemanden bewegen und verändern können und genau darum unheimlich schwer zu machen sind.

Es wäre nicht „unheimlich schwer“, sich für Männerhäuser zu engagieren. Gegen Arbeitsunfälle. Für bessere Obdachlosenhilfe. Oder – Pickert hat halt seine Schwerpunkte – öfter mal auf solche Projekte  zu verlinken. Aber nein, und diese Diskontinuität zwischen „Ich will ja auch für Männer etwas gutes!“ und „Männer sollen machen, was ich von ihnen will!“ ist halt unehrlich un versaut ihm die Tour.

Denn die Alternativen dazu gibt es ja auch noch.

Er meint noch nicht einmal Unfallvorsorge.

All die Anleitungen dafür, mit Macht und etwas mehr Charme als früher wieder zum üblichen Arschlochtum zurückzukehren, damit Mann endlich wieder das bekommt, was ihm vorgeblich zusteht.

Ich denke nicht, dass irgendwer ernsthaft zwischen einem Pick-Up-Ratgeber und einem Pickert-Ratgeber hin-und hergerissen ist, weil beide völlig unterschiedliche Dinge versprechen; aber wenn er DAS als seine Hauptkonkurrenz sieht, sollte ihm auffallen, dass der Pick-Up-Ratgeber seinem Publikum irgendwie tatsächlich einen Vorteil verspricht.

Diese eingebaute Patriarchatssicherung, die Männern vermittelt, dass sie sich bloß nicht zu sehr mit ihrem Innenleben beschäftigen sollen…

Jaaa, aber wenn ich mich mit meinem Innenleben beschäftige, merke ich, dass ich mich mehr um meine eigenen Probleme sorgen sollte als um die von anderen. Persönlich finde ich nicht, dass ich Pick-Up für mein Glück brauche, aber wenn man Pickerts Narrativ zuende dächte, käme evt. heraus, dass Männer sich nicht mehr mit Schuldgefühlen manipulieren ließen. Und das kann Pickert ja unmöglich wollen.

… ja nicht zweifeln, revidieren oder gar Verunsicherung zulassen und sich korrigieren dürfen…

Tugenden, die Pickert selbst ja völlig fremd sind…

…macht die Sache auch nicht einfacher.

Das kann sogar sein, allerdings sehe ich das Hauptproblem bei Pickert seine innere Unlogik – entweder, man will, dass Männer sich so ändern, wie es ihren Seelenfrieden am besten dient (und dazu gehört, dass man sich keine Vorwürfe macht oder anhört, was jemand auf dem Nachbarkontinent verbricht), oder man will, dass Männer sich so ändern, wie es den eigenen Wünschen am besten entspricht. Jedenfalls hat Pickert kein erkennbares Interesse am Seelenfrieden anderer Männer.

Deshalb nicht ganz und gar dem Zynismus zu verfallen ist Schwerstarbeit

Soll ich jetzt Mitleid haben?

(falls Sie wissen sollten, wie das geht, geben Sie mir gerne Bescheid)

Wer derartig widersprüchliche Botschaften vermittelt, hat es eigentlich nicht anders verdient.

Nur baut man mit Zynismus keine neue Welt, die wir alle so dringend gebrauchen könnten.

Sondern?

Eine Welt mit zärtlichen, freundlichen, gewaltfreien und gütigen Männern, die einander den Rücken stärken, anstatt ihn sich gegenseitig zu brechen.

Weiter oben war der „Bro-Code“ ja noch das Problem. Jetzt ist er die Lösung. Und ich bin noch nicht einmal pro-Bro-Code, aber mit Zynismus kriegt man mehr gerissen als mit dauernden Widersprüchlichkeiten.

Die Frauen als gleichwertig betrachten statt als Ressource und Objekt.

„Ganz dünnes Eis, Rose.“ – „Ach, halt die Klappe, Jack!“ Wenn ebensoviele Frauen wie Männer obdachlos wären, ebensoviele Arbeitsunfälle hätten, bei Arbeitsunfälen ebensohäufig getötet würden, oder genausooft Selbstmord begingen, würden Feministen das auch nicht gut finden.

Die sich und andere endlich wichtig nehmen, anstatt alle mit ihrer unsäglichen, an Minderwertigkeitskomplexe geketteten Überheblichkeit zu strafen.

Manche Männer haben Minderwertigkeitskomplexe und sind deshalb nicht überheblich. Manche Männer sind überheblich und haben keine Minderwertigkeitskomplexe. Manche sind weder überheblich noch haben sie Minderwertigkeitskomplexe, und manche haben beides. Auch, wenn das paradox ist. Aber um aus der Nummer rauszukommen, braucht man am allerwenigsten einen Typen, der mit Schuldgefühlen Leute manipulieren will.

3 Gedanken zu “Sippenhaft und Schuldgefühle

  1. Hat dies auf uepsilonniks rebloggt und kommentierte:
    Apokolokynthose seziert, warum Nils Pickert nichts weiter ist als ein mieser kleiner Sexist, der in miesen sexistischen Zeiten lebt, in welchen miesen kleinen Sexisten viel Raum bereitgestellt wird. Prädikat wertvoll.

    Like

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