Mittlerweile in Benin

Ich verstehe ja, dass es schön ist, dass mal ein größerer Hollywoodfilm in Benin spielt. Tatsächlich auch ohne „Quotenweiße“, also irgendwelche berühmte weiße Stars, die den Film irgendwie mehr Aufmerksamkeit verschaffen sollen (was nicht notwendigerweise schlecht ist, aber selten gut.) Aber, wie gesagt

Von allen möglichen Zeitungen würde ich allerdings gerade von der taz erwarten, dass sie einen kritischen Blick auf allzu verzerrte Darstellungen historischer Ereignisse hat, und daher die Problematik hierbei zumindest erwähnt

Stattdessen:

Zum Unabhängigkeitstag am 1. August hat Präsident Patrice Talon eine 30 Meter hohe Amazonen-Statue eingeweiht und Mut, Kampfbereitschaft und Tapferkeit der weiblichen Armee betont.

So ein bisschen wie der „Herrmann“ im Teutoburger Wald. Nur halt eine Schwarze statt eines Weißen. Cherusker hatten vermutlich aber auch Sklaven…

Aber hey, die taz kann trotzdem auch voll kritisch sein und so:

Ein schwarzer Superheld in einem Film von einem afroamerikanischen Regisseur, in dem fast nur afroamerikanische Schauspieler zu sehen sind.

Und ein paar afroeuropäische und euroeuropäische, und asiatoasiatische, und ein euroamerikanischer, und der alte König ist mWn sogar tatsächlich afroafrikanisch. Dafür, dass die meisten Figuren aus einem besonders isolierten afrikanischen Binnenland kommen, ist das ziemlich divers.

Dass dieser Film anderthalb Jahre nach dem #Oscarsowhite-Sturm als Zeichen eines progressiven Hollywood gefeiert wurde, liegt auf der Hand.

Außerdem war er auch ziemlich gut, fand ich. Aber hey, Hauptsache politisch progressiv.

Genauso wie 2017 „Wonder Woman“ zum feministischen Symbol ernannt wurde, als würde es einen Unterschied machen, ob eine Regisseurin oder ein Regisseur eine leicht bekleidete Heldin möglichst erotisierend in Szene setzt.

Jaaaaa, neeee, nichts gegen Wonder Woman I, wenn ich bitten darf. Sie wurde nicht mehr erotisiert als der durchschnittliche männliche Superheld. Und die Fragwürdigkeiten von WW 1984 will ich vllt. einmal wannanders diskutieren. Wannanders forevar!

Bei „Black Panther“ ist die Sache noch komplizierter, es handelt sich zwar um einen schwarzen Superhelden, aber nicht um einen Amerikaner.

Inwiefern macht das irgendwas komplizierter? Die meisten Schwarzen leben nicht in Amerika. Aus Gründen…

König des fiktiven afrikanischen Staats Wakanda, der durch Unmengen des Minerals Vibranium mit technologischer Macht gesegnet ist, aber auch genau das darstellt, was sich das westliche Kino seit jeher unter Afrika vorstellt: atemberaubende Landschaften und halbnackte Menschen, die traditionelle Kostüme vorführen, ihren König in archaischen Riten wählen und sich gerne mit Speeren und Macheten bekämpfen.

Uuuuund? In der Vorschau zu „Woman King“ kommen Speere und Macheten vor, die Menschen haben nicht grundsätzlich mehr an als in Wakanda („halbnackt“ trifft tatsächlich auf die Duellszenen zu, die ja so gaaar nicht sehr attraktive Männer inszenieren), und wie „archaisch“ Dahomey im Unterschied zu Wakanda ist, sei mal dahingestellt… achja, und die Kriegerinnen in Wakanda tragen Glatze, die von Dahomey nicht. Nicht alle Afrikanerinnen sind gleich!

Ein progressives Afrikabild ist das kaum, zumal der Antagonist aus der Verwandtschaft stammt: T’Challa kämpft gegen seinen Cousin Killmonger

Dieser „nigerianische“ Prinz, der dauernd irgendwelche Weißbrote abzockt! Aber es ist eben nicht alles Vetternwirtschaft. Außerdem, „Antagonisten aus der eigenen Verwandtschaft“ beinhalten auch:

  • Thor und Loki
  • Bruce Banner und sein Vater
  • Scarlett Widow und die bucklige „Familie
  • bei DC Batwoman und ihre Schwester
  • und ein Stück weit generell bei Wonder Woman…

Ist jetzt also nichts, was nur oder hauptsächlich Schwarzen passieren kann.

In gewisser Weise verkörpert er die Ängste des weißen Amerikas vor einer Rebellion der Schwarzen, die Jahrhunderte der Repression nicht länger hinnehmen wollen.

Es ist tatsächlich etwas die Frage, ob Killmonger mehr der tragische Antiheld oder der frauenfeindliche Mistkerl ist, aber immerhin eine bessere Figur als „sonderbares Alien #158“, würde ich sagen.

Ihm gegenüber steht der Black Panther, den Chadwick Boseman als übervorsichtigen Mann spielt, der die Möglichkeiten seines Volks lieber zurückhält.

Ja, am Anfang sieht er seine Aufgabe darin, die Politik seines Vaters weiterzuverfolgen, am Ende macht er das, was er für das bessere hält. Scheiß Patriarchat!

Dies verrät viel über die verquere Ideologie des Films.

Jeder Film, dem man nicht zustimmt, hat eine „Ideologie“. Keine Nummer kleiner!

… mag man als willkommene Abwechslung vom Einerlei betrachten …

Die Idee, die Welt nicht mit Waffen zu einem besseren Ort zu machen, sondern mit Werkzeugen, was das Ende des Filmes zeigt, ist vllt. zuuuu kompliziert, aber doch immerhin eine bessere Alternative?

man könnte aber vermuten, dass bewusst darauf verzichtet wird, einen schwarzen Helden zu zeigen, der mehr tut, als gegen Verwandte zu kämpfen.

Ohhhh, das ist ein Problem für Euch, liebe taz? Dass Schwarze gegen Schwarze kämpfen? Stimmt, man hätte Klaw mehr in den Focus stellen sollen, der ist ja weiß, aber dann würde man ja einen Weißen in den Focus stellen.

So weit, dass es möglich wäre, einen Schwarzen die Welt retten zu lassen, am besten auch noch in den USA, ist Hollywood dann noch nicht, trotz aller Progressivität.

Ich kann mich an eine seeeehr umfangreiche Schlacht erinnern, wo Zweibeiner aller Hautfarben – einschließlich grün und blau-violett – die Welt retten mussten. War allerdings ein paar Filme später.

Aber ja, ein Schwarzer, der nicht gegen Weiße kämpft, ist der taz nicht gut genug, aber Schwarze, die gegen Schwarze und Weiße kämpfen, schon, auch wenn das eine in der Phantastik – also in einem in großen Teilen erfundenem Universum – geschieht und das andere ein etwas sehr geschönter Historienstoff ist, also deutlich weniger fiktionalisiert sein sollte…

(Fairerweise muss man sagen, es gibt auch eine etwas weniger verklärte Rezi bei der taz, nämlich die hier, in der der Film dem Zeitgeist zugeschrieben wird statt der historischen Realität.)

2 Gedanken zu “Mittlerweile in Benin

  1. Aus der Rubrik „Sex and the City – der schlechteste Actionfilm aller Zeiten“?
    Naja, wie Brecht angeblich sagte: „Wenn ein Drehbuch und ein Kopf zusammenstoßen und es klingt hohl, ist es nicht immer die Schuld des Buches.“

    Gefällt 1 Person

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