Folgende Besprechung stammt noch von VOR der Premiere, aber immerhin.
All Men Must Die – und Frauen auch — der Freitag
Außer Galadriel, bitches.
Game of Thrones, die erfolgreichste Serie in der Geschichte des Kabelsenders HBO …
Eine Geschichte aus den glorreichen Tagen von einst! Ruhm und Ehre und alles dem mächtigen GRRM!
Doch dann kam das Finale, und mit ihm die große Enttäuschung.
All good things must end! Wie in Mittelerde. („Aber Mycroft, damit ist bloß gemeint, dass sie enden, nicht, dass sie aufhören, gut zu sein!“ – „Must! END!!!“)
Wenn nun mit House of the Dragon ein Spin-off in die Vorgeschichte der Saga eintaucht, sieht es sich zwei enormen Herausforderungen gegenüber.
Der Fluch der Prequelitis? Nein, es ist ja klar, dass alle Beteiligten sterben werden, bevor das Spiel von Eis und Feuer spielt – selbst ohne GRRM als Autor leben Menschen keine 200 Jahre.
Es gilt nicht nur beim Vergleich mit einer anderen lang erwarteten Fantasy-Produktion zu bestehen, Ringe der Macht, die ab nächster Woche bei Amazon Prime Video zu sehen ist.
HotD – die Abkürzung sieht ein bisschen klingonisch aus – hat eine Rekordeinschaltquote. DRDM hat nur einen Rekord an Spott und Ablehnung. Insofern…
Sondern außerdem die Fehler der Vergangenheit gutzumachen.
Toitoitoi. Die Fehler sind ja bekannt.
Die ersten sechs der insgesamt zehn Folgen von House of the Dragon geben dem enttäuschten Publikum von damals Grund zur Hoffnung. Inhaltlich setzen sie nämlich genau an einem Punkt an, der Game of Thrones am Ende besonders viel Kritik einbrachte
Okeee, die Art, wie man die Belagerung von Winterfell in einer Folge abhandeltet – ein Vorgang, der bei Wicke und die Starken Männer fünf Folgen beanspruchte, und Homers Ilias behandelt nur ein paar Wochen von ganzen zehn Jahren – ist wohl nicht gemeint. Der Hauptfehler war, dass die Enden der meisten Charakterbögen wenig plausibel waren. Was man hätte verhindern können, indem man ihnen entweder mehr Zeit ODER plausiblere Enden verpasst hätte.
dem brüsken Umgang mit einer der wichtigsten weiblichen Hauptfiguren und noch dazu der größten Hoffnungsträgerin für gesellschaftlichen Wandel.
Ok, beim folgenden stelle ich nicht den Anspruch, für andere zu sprechen: aber dass Daenerys das Rad zerbrechen würde, habe ich nie geglaubt. Erstens, weil da schon klar war, dass alle Pläne bei GoT scheitern, und zweitens, weil der Feudalismus ein derartiges Kernproblem der Welt von Eis und Feuer ist, dass man ihn nicht einfach abschaffen könnte. Diese Art Kurfürstentum am Ende ist schon eher, was ich erwartet habe.
Über viele Staffeln hinweg verfolgten die Zuschauer seinerzeit die kleinen Schritte …, … um dann in den finalen, hektisch erzählten Folgen mit anzusehen, wie sie plötzlich in kürzester Zeit enorme Strecken zurücklegte.
Ja, wo sie Verbündete hat und nicht einfach Gefolge. Es ist zwar richtig, dass die Folgen zu viel erzählten, und zu schnell, und dafür die Szene, wo Jon und Bran Sansa und Arya Jons Herkunft erzählen, wegließen, aber dass sich das beschleunigt, war doch hoffentlich zu erwarten, oder?
Die Anfälligkeit für Größenwahn und wütende Entschlossenheit zeichnete sich zwar schon zuvor stellenweise ab.
Jein – sie war nicht grausamer als ihre Gegner, sie war nicht grausamer als ihre Verbündeten, UND sie war nicht so grausam, wie sie hätte sein können, ohne sich bei ihren Leuten unbeliebt zu machen. Bis zu den Glocken. Aber man könnte ihr Ende auch dann schlecht finden, wenn es besser vorangedeutet worden wäre.
Nicht umsonst sah selbst Slavoj Žižek in ihrem Ende einen „Ausdruck einer patriarchischen Ideologie, die starke politische Frauen fürchtet“
Und DEShalb wird Sansa Königin im Norden? Sie scheint mir eine Frau zu sein, sie handelt politisch und sie ist nicht nur stark, sondern heißt auch noch so. Und wenn sie mal heiratet, wird ihr Mann ihren Namen annehmen.
„Die radikale Königin, die Freiheit für alle wollte, unabhängig von sozialem Status und Hautfarbe, wurde eliminiert, der Normalzustand wiederhergestellt.“
Freiheit für den Norden! Sie wurde nicht eliminiert, weil sie „Freiheit für alle“ wollte. Man kann das Ende blöd finden, wie man lustig ist, aber das ist nicht das, was passiert ist.
House of the Dragon … rückt mit Prinzessin Rhaenyra Targaryen (Milly Alcock/Emma D’Arcy) eine Protagonistin in den Fokus, die wie ihre Nachfahrin die bestehende Ordnung herausfordert.
Das ist kein Beweis, dass ihre Geschichte irgendwie besser ausgeht. Denn die sprichwörtliche Münze werfen die Götter offenbar nicht schon bei der Geburt eines Targaryens, sondern irgendwann später.
… immerhin als Frau, die Aspirationen auf den Eisernen Thron hegt und damit die erste weibliche Herrscherin über das Reich wäre.
Wie schon gesagt – in dem Kontext einer Feudalkultur ist das nicht SO abwegig, und auch nicht so super gleichberechtigt.
Darauf, dass die Rolle der Frau im androkratischen Westeros …
Ja, dieser frauenfreundliche Aspekt wird in den Trailern betont und vermutlich auch in der Serie thematisiert; in dem Zusammenhang fällt mir Tar-Míriel aus dHdR-dRdM ein – siehe gesten – die Königin von Numenor – heller als Silber, Elfenbein und Perlen – über die sich Nerds beklagen, weil sie eigentlich keine souveräne Königin war.
Beim „Großen Rat von Harrenhal“ lässt König Jaehaerys (Michael Carter) einige Jahrzehnte zuvor über seine Nachfolge abstimmen. Zur Wahl stehen sein Enkel Viserys Targaryen (Paddy Considine) sowie dessen Cousine Rhaenys Targaryen (Eve Best)
Abstimmung? ABSTIMMUNG??? Und wenn sie nur von Adeligen durchgeführt wird, und nur Angehörige derselben Sippe zur Wahl stehen – was für ein demokratischer, anti-aristokratischer Wahnsinn ist das denn?
der alle Qualitäten einer guten Königin nachgesagt werden.
Wen schert’s? In einer Demokratie wählt man auch die Partei, von der man sich die meisten Vorteile verspricht, nicht die, der die meisten Qualitäten nachgesagt werden.
Sie unterliegt aufgrund ihres Geschlechts bei der Abstimmung und trägt seitdem den Beinamen „Königin der Herzen“.
Und kommt einige Zeit später bei einem verdächtigen Autounfall zusammen mit ihrem Geliebten ums Leben?
Im englischen Original lautet dieser „The Queen Who Never Was“, was der Sache wesentlich näher kommt.
Jedenfalls war Tar-Míriel in der Buchvorlage auch eine nicht-gewesene Königin. Aber weil ich nicht so hart-nerdig bin, wie ich sein könnte, ist das nicht ganz mein Problem.
Schließlich gehört in der Gegenwart zu König Viserys’ größten Sorgen, dass sowohl die Lords als auch das Volk gegen die Regentschaft seiner Tochter Rhaenyra aufbegehren könnten
Adel UND Volk? Also alle? Das ist ja, das wäre doch, also – eigentlich demokratisch?
weil sie eine Frau auf dem Thron nicht zu akzeptieren bereit sind.
Ich glaube, das VOLK ist ihm sogar egal.
Dass er sie dennoch zu seiner Erbin ernennt, ist eine Verzweiflungstat, aus der Not geboren, keine männlichen Nachkommen zu haben – und ein taktischer Zug zugleich, der dem Ziel dient, seinen ungezügelten Bruder Daemon (Matt Smith) als König zu verhindern.
Jedenfalls wurde Tar-Míriel durch eine Gesetzesänderung Thronfolgerin, da ihr Vater mit seinem Bruder und später dessen Sohn sehr unterschiedlicher Meinung war, was Gott und die Welt betraf. Leider nutzte ihr das wenig, weil ihr Vetter sie zwang, ihn zu heiraten, damit er trotzdem König wurde. Das war in Númenor gleich doppelt verboten, weil die Hochzeit gegen ihren Willen erfolgte und außerdem Hochzeiten zwischen solch nahen Verwandten verboten waren, aber in der Spätzeit Númenors waren Gesetze mehr so Vorschläge. (Ich könnte mir vorstellen, dass diese Stelle zu einem Zeitpunkt spielt, als sie zwar schon Königin, aber noch nicht zwangsverheiratet war.) Bei Tolkien ist das ein einzelner Absatz, aber HotD macht aus dem Szenario eine Serie. Warum wird Rhaenyra nicht gezwungen, ihren Vetter zu heiraten? Heiraten in Westeros scheinen das Einverständnis der Frau nicht zwingend zu benötigen, und ein Gesetz, demzufolge man nichtmal die eigenen Vettern und Cousinen heiraten darf, käme den Targaryens wohl wie dämlicher Aberglaube degenerierter Ureinwohner vor. Andererseits galt Tar-Míriel Onkel/Schwiegervater als jung gestorben, weil er keine 200 Jahre alt wurde, aber offenbar die besseren Gene hatte als die Targaryens. Ich hacke darauf herum, weil Valyria und Númenor beides Atlantis-Imitate sind. Aber gut, eine Frau auf einem Drachen heiratet, wen sie will. Oder wen ihr Drache nicht frisst, wenn sie ihn entscheiden lässt.
Mit Alicent Hohenturm (Emily Carey/Olivia Cooke) wird Rhaenyra ein gleichaltriger weiblicher Konterpart gegenübergestellt, der anders mit den patriarchalen Strukturen umgeht.
Und schwupps, da geht das Narrativ von der antipatriarchalen Story den Bach runter. Wenn sie gegen Männer, meinetwegen dargestellt durch ihren unangenehmen Vetter, kämpft – ok. Aber wenn ihr Hauptwidersacher eine Frau ist?
Mit einer erprobten Melange aus wortgewandten Dialogen, einem ausgeglichenen Figuren-Ensemble, in dem mit nuancierteren Kategorien als „gut“ und „böse“ gearbeitet wird, und den altbekannten Schauwerten
Das ist das andere Problem für das Narrativ – wenn Figuren unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe, Status und was nicht alles nicht eindeutig gut oder böse sind, kann man schlecht „das“ Patriarchat zum Feind erklären.
Die Frage, wer nach dem heranziehenden Erbfolgekrieg auf dem Eisernen Thron sitzen wird, verbindet House of the Dragon mit einem noch stärkeren Interesse an besagten weiblichen Perspektiven.
Die Perspektive einer weiblichen Adeligen in einem feudalen Kaiserreich – hat die mehr mit einer Bäuerin gemein als mit einem männlichen Adeligen? Also, von der Charakterzeichnung ist das alles bestimmt toll, aber als sozialer Kommentar?
Wer bei der Originalserie aufmerksam war, weiß aber schon, dass auch diese Frauen nicht den großen Wandel herbeiführen werden.
Oder, wer drei zufällige Folgen gesehen hat. In der falschen Reihenfolge. Auf Finnisch. Eine Serie zu sehen, weil man sich eine spannende Geschichte, interessante Figuren und tolle Dialoge wünscht, reicht natürlich nicht. Sie muss auch pädagogisch wertvollerweise Feminismus verbreiten.
Vielleicht ist das Game-of-Thrones-Universum für eine solche Geste einfach zu sehr in der Realität verhaftete Fantasy
Dann schaut doch besser Rad der Zeit. Oder irgendwas von Star Trek. Oder meinetwegen Roseanne. Oder She-Hulk? Keine Ahnung.
denn in der wächst der weibliche Anteil an der Macht bekanntlich auch eher gemächlich.
Elisabeth, die zweite ihres Namens, aus dem Hause Windsor reagiert seit Urzeiten das Vereinigte Königreich. Weil England es erlaubt, dass auch Frauen den Thron erben. Seit theoretisch Edward I. Sein letzter Sohn blieb jedoch am Leben. Soll heißen – weibliche Thronfolger machen die Welt nicht emanzipierter.