Ein Elefant namens Wehrpflicht

Ich habe in den letzten Tagen verschiedentliche Beiträge zum Thema Selbstbestimmungsgesetz gelesen und besproche, und meine freiheitliche Überzeugung geht dahin, dass jedes Individuum selbst entscheiden soll, welche Rollenerwartungen soe erfüllen will. Oder überhaupt welche.

Vom pragmatischen her sollte es nicht so sein, dass man sich beliebig viele verschiedene Ausweise beantragen kann, aber das sind Details.

Der Punkt, der mich nervt, und zwar auf beiden Seiten der Diskussion, ist der große, hellblaue Elefant im Raum. Es ist ein eher kleiner Raum, und man hat ständig den Rüssel vorm Gesicht, und der eine Stoßzahn versperrt den Ausgang, aber er wird nie erwähnt.

Und DAS, liebe Kinder, liegt daran, dass beide Parteien der Diskussion Feministinnen sind, und Feministinnen sind ja durchaus bereit, Meinungsverschiedenheiten zu diskutieren, aber niemals und nirgendwo würden sie einräumen, dass Frauen Privilegien hätten. Und jetzt nicht „Privilegien“ im Sinne von Statistiken, in denen Frauen mal besser wegkommen, sondern eine bevorzugte Behandlung, die verbrieftes Recht ist.

Länder mit einem vergleichbar liberalen Selbstbestimmungsgesetz (Einführung in Klammern) sind laut Tante Wiki:

  • Argentinien(2012) a1
  • Dänemark (2014) c
  • Malta(2015) a1
  • Irland (7/2015) a1
  • Norwegen (6/2016) b
  • Belgien (1/2018) a1
  • Luxemburg (2018) a1
  • Portugal (2018) a2
  • Spanien (2021) a1
  • die Schweiz (1/2022) d

Legende:

a1 = keine Wehrpflicht, a2 = Wehrpflicht ausgesetzt, b = Wehrpflicht für beide Geschlechter, c = Wehrpflicht wird nicht durchgesetzt, weil es genügend Freiwillige gibt, d = nichts von allem

Von all diesen Ländern hat also nur die Schweiz eine Wehrpflicht, die nur für Männer gilt. Jetzt dauert die nur einige Monate, und die Schweiz achtet sehr darauf, in keinerlei kriegerische Aktion oder Spezialmissionen verwickelt zu werden, aber andererseits gibt es das Gesetz dort erst seit einem halben Jahr. Inwieweit beweist das jetzt, dass der naheliegenste aller Gründe, das Selbstbestimmungsgesetz zweckzuentfremden, nicht ausgenutzt werden kann oder würde?

Oder man könnte ja sagen, dass die Situation in D. eher die von Portugal ist, und dass es die Umgehung von Wehr- und Zivildienst als Grund für einen geänderten Personenstand hierzulande eben nicht mehr gibt. Aber nicht einmal das darf thematisiert werden.

Dauernd erzählt man, dass der Feminismus auch Männern helfe, aber dieser kollossale Nutzen wird bestimmt nur aus reiner Bescheidenheit verschwiegen. Lieber noch eine Runde „Männer wollen nur in Frauenräume, um Frauen dort zu vergewaltigen!“ – „Nein, nur in Parks und Beziehungen!“ – „Dohoch, auch in Frauenräumen!!!“ – „Nein!“ – „Doch!“ etc.

3 Gedanken zu “Ein Elefant namens Wehrpflicht

  1. Nicht vergessen. Es gibt aber noch einen zweiten Elefanten – und der war gerade erst in den Medien. Das Renteneintrittsalter. Gilt seit 2000 zwar nicht mehr für Deutschland, aber Österreich und die Schweiz haben geschlechtsspezifische Renteneintrittsalter. In Österreich gilt aktuell eine Grenze von 65 Jahren für Männer und 60 Jahren für Frauen. Das soll aber bis 2033 angeglichen werden – dank dem österreichischen Verfassungsgericht. Da hat ein Transmann gerade vor Gericht verloren, weil er natürlich entsprechend seinem biologischen Geschlecht in Rente gehen wollte. (https://www.derstandard.at/story/2000137688937/keine-ausnahme-fuer-transmann-gilt-maennliches-pensionsantrittsalter)
    In der Schweiz macht es nur ein Jahr aus (65 vs. 64), eine Angleichung hier ist aber meines Wissens nicht geplant. Das widerspricht natürlich dem Schweizer Selbstbestimmungsgesetz, da dürften einige Klagen zu erwarten sein…
    Es bleibt spannend…

    Gefällt 1 Person

  2. Ich habe 22 Jahre Alkoholmissbrauch und zwei Psychotherapien gebraucht, um zu erkennen, dass ich ein massives Thrauma aus dem Zivildienst mitgenommen habe.

    Den meisten Menschen fällt bei der Thematik ein: warum bist du nicht einfach gegangen?
    Als Frau hätte ich das Privileg, daraufhin „victim blaming“ zu rufen.

    Morgen werde ich befördert. Danach kann ich theoretisch noch einmal befördert werden. Dazu muss nur 20 Jahre lang jede Sonderaufgabe mit Freuden erledigen oder nur gute Arbeit leisten und das richtige Grschlecht haben.
    Eine Änderung des Geschlechteintrages im Perso könnte sich lohnen…

    Gefällt 1 Person

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s