Von allen möglichen Kunstformen ist Gesang die, wo das Geschlecht des Künstlers die größte Rolle spielt. Man kann das Geschlecht eines erwachsenen Menschen an seiner Stimme erkennen.
Wenn – mal hypothetisch – Männerstimmen beliebter wären als Frauenstimmen, dann wäre das erstmal so.
Aber, natürlich, das ist alles die herzlose Unterdrückungsmaschinerie der seelenlosen patriarchischen Gleichschaltung.
Die Frauenquote auf der Bühne bei Rock im Park und Rock am Ring ist beinahe gleich null: Von 69 Bands ist bei Rock im Park gerade mal eine rein weiblich. Im Vergleich zu anderen Festivals ist das völlig aus der Zeit gefallen – es braucht Veränderung.
Hmm – wie funktioniert das? Muss man sich als Band bewerben, oder kriegt man eine Einladung? Qualifiziert man sich mit verkauften Tonträgen, gedownloadeten mp3-Dateien, Likes bei YT und/oder Tiktok?
Innerhalb von drei Festivaltagen treten auf der Hauptbühne bei Rock im Park in Nürnberg nur zwei Frauen auf – und das am Bass hinter den Frontmännern bei Måneskin und Broilers. Ansonsten: Männer, Männer, Männer. Meist treten sie zu viert auf, teilweise sogar zu siebt (BHZ und 102 Boyz).
Wieso heißen die „102 Boyz“, wenn sie nur zu siebt sind? Außerdem, jetzt ist es schon kritikwürdig, wenn Männer zu viert auftreten. Und ich weiß, dass es den Begriff „Frontmann“ gibt, aber, ehrlich gesagt, militärische Metaphern sind halt militärisch. Andererseits, wenn ie allgemeine Wehrpflicht eines Tages doch eingeführt wird, gibt es bestimmt auch mehr Frontfrauen, als man es in feministischen Kreisen als wünschenswert bezeichnen würde. Wo war ich?
Kaum zu glauben, dass da kein Platz für mehr Sängerinnen, Gitarristinnen oder Schlagzeugerinnen gewesen sein soll.
Wie viele mindestens semiprofessionelle Rock-Bands gibt es denn in D. und Umgebung? Wie viele von denen haben teilweise oder komplett eine weibliche Besetzung? Gibt es dazu Statistiken? Oder, mal investigativ gefragt, welche Rock-Band mit mindestens einer Frau hätte es verdient gehabt, dabei zu sein?
Kritiker werden nun argumentieren, dass es eben einfach nicht genügend gute Künstlerinnen gebe. Andere Festivals zeigen jedoch das Gegenteil: Auf dem Tempelhof Sounds Festival in Berlin, welches ähnlich genre-vielfältig aufgestellt ist, sind bei mehr als der Hälfte der Bands Frauen mit von der Partie, zahlreiche Acts sind rein weiblich.
Der Link ist von 2018. Aber trotzdem die Frage – wie groß müsste die Frauenquote denn sein, um den Frauenanteil in der Rockband-Landschaft zu repräsentieren? 10%, 30%, 50%? Kann ja sein, dass Rock am Ring Frauen unterrepräsentiert und Tempelhof Sounds überrepräsentiert.
Ja, Florence + the Machine sind am kommenden Freitag sogar Headliner!
Offenbar sind Frauen in Rockbands kein Hindernis, berühmt genug zu werden, um Headliner zu sein. Ändert nichts an meiner Frage zum allgemeinen Frauenanteil.
Ebenso ausgeglichen sieht es beim Coachella-Festival in Kalifornien aus: Und wie viele Menschen kommen wohl nur dort hin, um Billie Eilish, Doja Cat oder Megan Thee Stallion zu sehen?
Keine Ahnung? Was ist jetzt der Vorwurf – dass Billie Eilish nicht bei Rock am Ring auftritt?
Das Argument ist somit klar unhaltbar.
Eigentlich ist das Argument: wer gerne weibliche Rockbands live erleben will, sollte nicht zu Rock am Ring bzw. Rock am Park gehen, sondern zu einem der Festivals mit ausdrücklicher Frauenquote. Markt regelt.
Selbst wenn Frauen in dem ein oder anderen Musikgenre unterrepräsentiert sein sollten, müssten sich die Veranstalter um mehr Frauenpräsenz bemühen.
Warum sollten das die Aufgabe der Veranstalter sein, und nicht die der Frauen? Soldatinnen kann man zwangsrekrutieren, aber Kunst wird nur gut, wenn dazu die innere Motivation vorhanden ist.
Tempelhof Sounds und Coachella machen es vor.
Wie gesagt. Nach Kalifornien fliegen, ist vllt. etwas übertrieben, aber dann fahren Sie doch bitte einfach nach Tempelhof.
Um mehr Frauen eine Bühne zu geben, muss der Wille da sein.
Ich fürchte, dass das noch nicht einmal eine künstlerische Entscheidung ist, sondern eine kaufmännische. Lieber die dritte Männerbänd, die wie die anderen beiden klingt, aber mehr Fans hat, als irgendwelche Experimente. Andererseits, der Wille solcher Festivals ist manipulierbar: kaufen sie Tonträger und Merch von Frauen-Rock-Bands.
Ein Blick in die Wirtschaft zeigt, dass es mit Freiwilligkeit nicht klappt.
Ist ein völlig anderer Mechanismus. Das Vorstandsmitglied von VW ist nicht annähernd so starkt mit der Kundenzufriedenheit von VW-Käufern verknüpft wie bspw. Florence und die Machine mit der Zufriedenheit von Florence+the-Machine-Fans.
Jahrelange Appelle haben nicht den gewünschten Effekt und nur ein paar mehr Frauen in die Chefetagen gebracht.
Wie würde man die Toten Hosen dazu bringen können, Campino mit einer Frau zu ersetzen? Generisches Femininum hin oder her.
Es muss also der Begriff fallen, den niemand wirklich mag, aber ohne den sich auch nichts zu bewegen scheint: die Frauenquote.
Wie würde man die Toten Hosen zwingen können, Campino mit einer Frau zu ersetzen? Außerdem, da es ja Festivals mit höherer Frauenquote gibt – warum gehen zumindest nicht die ganzen weiblichen Rock-Fans dahin? Wenn es denen nicht wichtig ist, ist es dem Rest der Welt erst recht nicht.
Wir schreiben das Jahr 2022 und manche Festivalveranstalter haben offensichtlich noch immer nicht verstanden, was an einer beinahe 100-prozentigen Männerquote auf der Bühne verwerflich ist.
Logischerweise müsste es auch eine Frauenquote im Publikum geben. Wenn Frauen für 50% aller Umsätze sorgen, löst sich das Problem von allein.
Die Sichtbarkeit von Künstlerinnen scheint ihnen egal zu sein.
Davon abgesehen, dass es ja um die Hörbarkeit geht – es ist ihnen egal. Die haben Kosten und brauchen einen Zustrom an Publikum. Alles andere ist diesen beiden Problemen unterworfen.
Da hilft auch die Rechtfertigung wenig, dass zentrale Bereiche und Führungspositionen weiblich besetzt seien, wie etwa die Veranstaltungs- und Festivalleitung.
Wenn nicht einmal DIE mehr Frauen auf der Bühne wollen, tja.
Denn es zeigt das veraltete Muster, das Frauen so lange unterwarf: Sie arbeiten im Hintergrund als fleißige Bienchen, während Männer im Vordergrund die Lorbeeren ernten. Sie kocht im Hintergrund Kaffee, während er im Vordergrund die wichtigen Geschäfte führt.
Die Frauen in der Veranstaltungs- und Festivalleitung führen wichtige Geschäfte und kochen keinen Kaffee. Da fällt wohl jemand – Meike Kreil – auf die eigenen Narrative herein. Auch, wenn das Muster durchbrochen wird, ist das ein Beleg des Musters.
Dass es auch anders geht, zeigt Komikerin Carolin Kebekus: Aus Protest gegen die geringe Frauenquote bei Festivals veranstaltet sie am Pfingstmontag in Köln ein rein weibliches Festival mit 24 Acts namens „Cock am Ring“. Sieh an, es gibt sie also doch, die Festivalkünstlerinnen.
„Überwiegend“ weibliches Festival. Ob die auch rein weibliche Technikteams haben? Außerdem, 24 Acts gegenüber 70 bei Rock am Ring/im Park? Selbst, wenn alle von Cock am Ring da auftreten würden, läge die Männerquote bei über 70 %. Außer, man lädt 24 männliche Bands aus, dann bei unter 2/3. Nagut, man könnte noch Florence und Maschine einladen, Billie Ellish und irgendwann hat man die 50 %. Aus dem Link:
24 Acts vorwiegend mit Frauen haben Songs von Männerbands vom diesjährigen oder früheren „Rock am Ring“-Programmen gecovert.
Kulturelle Aneignung! Covert doch Sachen von Frauen! Oder denkt Euch was eigenes aus, d’oh!
Aber im Ernst – wenn Kebekus ihre Frauenförderung ernst meinte, würde sie ein jährliches Festival nur mit Frauen gründen, und den Gewinn nicht Rock am Ring spenden, sondern ins nächste Festival.
Ernstgemeinte Frage:
Wenn Billie Ellish auftritt, wieviele Frauen hat sie dann dabei? Oder tritt sie alleine auf?
Ich bin für eine min. 50%-Frauen-Quote bei Roadies und Bühnenbauern!
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Die naheliegende Lösung wird übersehen. Frauenquote in Song-TEXTEN: Jedes zweite Wort MUSS weiblich sein.
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„Innerhalb von drei Festivaltagen treten auf der Hauptbühne bei Rock im Park in Nürnberg nur zwei Frauen auf – und das am Bass …“
Ich habe mal bei einem genderprogressiven Gitarrenlehrer gelesen, dass sein Instrument Frauen benachteiligt, aus irgendwelchen Gründen – zu straffe Saiten, zu breites Griffbrett, zu weiter Bundabstand, was auch immer. Obwohl es viele Bauarten gibt. Und jetzt ist das einzige Instrument, das Frauen auf dem Festival spielen, der weitaus unhandlichere E-Bass. Witzig.
„Kaum zu glauben, dass da kein Platz für mehr Sängerinnen, Gitarristinnen oder Schlagzeugerinnen gewesen sein soll.“
Dann geht doch in die Oper. Dort gibt es Geigerinnen, Harfenistinnen, Flötistinnen, Kontrabassistinnen und natürlich – Sängerinnen. Welche oft paarweise mit Männern auftreten (Eurydike/Orpheus, Pamina/Tamino, Rosina/Lindoro, Brünnhilde/Siegfried etc.) , was natürlich wegen der Cis-Heteronormativität auch wieder schlecht ist. Und außerdem sind im Publikum zu viele alte weiße Männer (mit ihren Frauen). O. k., dann eben nicht.
„Denn es zeigt das veraltete Muster, das Frauen so lange unterwarf: Sie arbeiten im Hintergrund als fleißige Bienchen, während Männer im Vordergrund die Lorbeeren ernten. Sie kocht im Hintergrund Kaffee, während er im Vordergrund die wichtigen Geschäfte führt.“
Also doch in die Oper gehen! Dort gibt es echte Diven. Seit jeher.
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