Der im Folgenden besprochene Beitrag, liebe Kinder, ist das, was passiert, wenn jemand ein Problem sieht, es tatsächlich lösen will, es aber leider, leider nicht ganz verstanden hat.
Und vor allem, weil er selbst im Grunde genau dieselbe Denke verinnerlicht hat, die das Problem überhaupt erst verursacht.
Die ausstehende Emanzipation der Männer
Ja, geiler Titel, oder?
Männer sind dazu verdammt, Schellenmänner zu sein, die schlagen und geschlagen werden.
„Verdammt“ ist das falsche Wort. „Jack!“- „Ja, Rose?“ – „Der Gender Pay Gap ist der Beweis, dass das Patriarchat die Welt beherrscht!“
Deshalb muss Männlichkeit verraten werden, damit dieser ganze Unfug aufhört.
„Der Unfug“ ist, dass Männer Frauen beschützen. Das war, soweit es kommuniziert wurde, das Motiv bei Smith.
Panzergrenadierbataillon 72, sechste Kompanie, dritter Zug. Nur damit Sie Bescheid wissen.
„Er ist nicht Mensch, er ist nicht Tier…“ Fürs Protokoll: Ich bin Wehrdienstverweigerer. Die ganze Diskussion um angeblich fehlende oder unzureichende Gewaltbereitschaft bei Männern würde einen völlig anderen Spin kriegen, wenn man von Frauen verlangen würde, dies durch ihrerseits erhöhte Gewaltbereitschaft zu kompensieren. Und in Hinblick auf den Ukrainekrieg sind die nicht-militärischen Maßnahmen noch nicht ausgereizt.
Irgendwie ist es schade, dass der Artikel, auf den ich jetzt schon den dritten Verweis sehe, hinter einer Paywall steht, andererseits habe ich vllt. nicht allzuviel verpasst. Es nervt eigentlich nur, gleichzeitig wegen zu viel und zu wenig Gewaltbereitschaft pauschale Vorwürfe zu bekommen, wenn man ein Mann ist, wohingegen Frauen in der Hinsicht scheinbar nichts falsch machen können.
ich etabliere hier mal besser gleich meine Männlichkeits-Credentials.
Mach doch. Aus bestimmten Gründen sind diese für die folgende Argumentation egal.
Ich habe Orts- und Häuserkampf trainiert, Handgranaten geworfen, Panzerfäuste abgefeuert und bin mit einem Jagdpanzer durch die Lüneburger Heide gefahren, um aufgeheizte Wracks mit einem französischen Raketensystem zu beschießen.
Mir hat man mal gesagt, kleine Menschen mit Abi kämen beim Bund in den Panzer. Was auf mich zugetroffen hätte. Und auf die meisten Mädchen in meiner Stufe (eine war deutlich zu lang, und eine wäre aus völlig geschlechtsunabhängigen Gründen ausgemustert geworden). Nur brauchten die meisten Mädchen anders als keine Brille, was in militärischen Situationen immer gut ist. Und sie waren mindestens so sportlich wie ich.
Bin ich jetzt, da Sie das von mir wissen, in Ihren Augen mehr Mann als in der letzten Kolumne?
Natürlich können auch Frauen schießen, Panzer fahren und lauter andere tolle Sachen. Also ja, die Gleichsetung „Männlichkeit“ und „Gewaltbereitschaft“ ist in der Form falsch. Aber andererseits will er wohl darauf hinaus, dass das ganze Häuserkampf-Szenario nichts mit seiner Männlichkeit, oder jedenfalls dem Versuch, sie zu beweisen, zu tun hätte. Und das widerlegt er selbst.
Oder könnte ich einfach nur ein Typ sein, der lieber zehn Monate Grundwehrdienst als 13 Monate Zivildienst genommen hat, weil er gerne gleichzeitig mit seiner Freundin anfangen wollte zu studieren?
„Ich will nur regelmäßig mit meiner Freundin schlafen. Das hat nichts mit Männlichkeit zu tun.“ Doch. „Männlichkeit“ fasst alle Eigenschaften, Fähigkeiten oder Tätigkeiten zusammen, mit denen Männer versuchen, auf Frauen attraktiv zu werden.
Bin ich vielleicht sogar ein Typ, der nachträglich verweigert hat, weil ihm Waffen und Militarismus zuwider sind?
Kann ich vllt. annehmen, dass das eine rhetorische Frage ist? Die Fraktion der „echte Männer gehen zum Bund“-Sager würden sagen, dass er gerne Sex mit seiner Freundin hatte, aber jetzt nicht mehr zur Verfügung stünde, besagte Freundin vor den Russen zu schützen. Was jetzt nicht mein Argument ist. Mein Argument ist, wenn Frauen auch zum Wehr- oder Zivildienst müssten, hätten Pickert+Lebenskomplizin direkt gemeinsam Zivildienst machen können, gleichzeitig mit dem Studium begonnen und fertig wär die Laube. Und es ist nicht Pickerts Schuld, dass das nicht so war, aber er scheint das auch nicht zu hinterfragen. (Ach halt, wenn sie gleichzeitig mit dem Studium angefangen haben, war er ein Jahr eher mit der Schule fertig. Hmmm.)
Und wenn dem so ist, bin ich dann weniger ein Mann?
Hat er für sich selbst verweigert oder für seine Freundin/Frau?
Habe ich Teile meiner Männlichkeit eingebüßt, als ich mich entschied, kein Fleisch mehr zu essen oder mir die Samenleiter durchtrennen zu lassen?
Ich sag mal so: Stiere und Ochsen essen beide kein Fleisch, aber die einen gelten als Symbol für Männlichkeit, die anderen nicht. Andererseits sorgt das wohl für unkomplizierteren Sex, weil seine Frau nicht mehr die Pille nehmen muss. Das macht ihn also attraktiver für sie.
Bin ich womöglich „entmannt“, weil ich meine Kinder in Tragetüchern transportiert habe?
Keine Ahnung?
Weil ich mir gelegentlich Röcke anziehe?
Wenn es seiner Frau gefällt, ist das Männlichkeit.
Bin ich, um vollständig im Jahr der patriarchalen Ohrfeigen anzukommen,
weniger Mann, weil man mir als Kind ins Gesicht geschlagen hat?
Nein. Niemand, auch nicht Stoverock, behauptet, dass Chris Rock irgendwie „unmännlich“ wäre, weil er geschlagen worden ist. Sonst wäre fast jeder Mensch mit Penis „unmännlich“. Und ganz bestimmt wird eher behauptet, keine Schläge als Junge bekommen zu haben mache einen Mann „weich“ oder „unmännlich“. Oder, noch besser, vorm Standbild der Artemis Orthia mindestens einmal jährlich blutig gepeitscht zu werden macht „männlich“. Das war ein Ritual von vier der fünf Dörfer, die später Sparta wurden, und stammt noch aus den dunklen Jahrhunderten; ursprünglich sollte es wohl Menschenopfer ablösen – die Göttin will Menschenblut auf ihrem Altar, aber das der Mensch dabei sterben muss, hat sie nicht gesagt – und irgendwann war es nur noch eine Touristenattraktion, bei der allerdings – laut Cicero – ab und zu die ausgepeitschten Jungs auch starben. Was die Sache besonders sinnlos macht. Wo war ich? Achja: Pickert überzeichnet hier keine vorhandene männerfeindliche Position, sondern baut einen Strohmann auf.
Und war ich es in anderen Momenten mehr, als ich andere Männer beleidigt, erniedrigt und ihnen Schmerzen zugefügt habe?
Gab es Frauen, die ihm da zugejubelt haben? Wenn ja, dann ja. Was Männlichkeit ist und was nicht, entscheiden Frauen. Männer mögen sich deren Entscheidungen merken, aber es waren immer Frauen, die sie getroffen haben.
Denn das sind die Fragen, die man(n) sich 2022 offenbar stellen muss.
Muss man nicht. Aber, wenn man es aus Interesse tut: Männlichkeit ist etwas, wenn Frauen es an Männern attraktiv finden.
Dem Comedian Oliver Pocher wurde auf einer Boxkampfveranstaltung von einem Angreifer ohne Vorwarnung mit voller Wucht ins Gesicht geschlagen.
Ja, hier hat wohl der Geschlagene zur Abwechslung die Partei von Frauen ergriffen. Haltet Ihr es immer noch für eine gute Idee, Frauen beschützen zu wollen? Nebenbei, einer Olivia Pocher wäre das nicht passiert. Insofern ja, dieser Feminismus nutzt auch Männern.
Und während im Internet schnell die Rede von „Ehre genommen“ und „Ehre wiederhergestellt“ die Rede war, ist es meine Aufgabe, Ihnen mitzuteilen, wie viel Arbeit noch vor uns liegt.
Ich kann mir viel Arbeit und Ohrfeigen ersparen, wenn ich mich das komplett raushalte. Und ich bin bei „Arbeit“ und „uns“ immer misstrauisch.
Sie mögen vielleicht den Eindruck haben, dass wir inzwischen lange genug über Männlichkeit und neue Männer gesprochen haben.
Wenn der „neue“ Mann ein Weißer Ritter ist, der seinen Lebenssinn darin sieht, die Probleme von Frauen zu lösen, dann ist er nicht „neu“. Pickert unterscheidet sich vom klassischen Weißen Ritter eigentlich nur durch die fehlende Bereitschaft, Gewalt auszuüben und möglicherweise, sie zu erleiden. Ja, schön für ihn.
Mit diesem Eindruck lässt sich Geld verdienen. Bücher, Kurse und Coachingangebote, die Männer wieder an ihre Urkraft / in die Männlichkeit / auf den Pfad der Wildheit / (hier bitte beliebiges Männlichkeitsklischee einfügen) zurückführen sollen, haben Hochkonjunktur.
Das wird wohl so sein. Eine Menge Dinge, die Männer machen, sollen Frauen gefallen, obwohl sich am Ende rausstellt, dass sie das nicht tun. Oder jedenfalls so dämlich sind, dass der Mehrwert nicht besonders groß ist.
Weil Männer keine miesen Arschlöcher mehr sein wollen, aber auch nicht als verweichlichte Schwächlinge gelten möchten,
Da dieses Entweder-oder schon öfter vorkommt: wieso? Zwischen männlich und weiblich gibt es ein Kontinuum an beliebig vielen Zwischenschritten, aber zwischen Arschloch und Schwächling nicht? Nebenbei ist es Främing zu behaupten, früher wollten Männer miese Arschlöcher sein. Hachja, der Feminismus hat ein Herz für Männer.
die – wenn es drauf ankommt – nicht einmal ihre Frauen verteidigen, sind sie anfällig dafür, mit Rat zu korrektem männlichem Verhalten geschlagen zu werden.
Ein Stück weit mag das so sein. Aber Pickerts Problem ist, dass er Männer zwar gelegentlich verteidigt, wenn auch meistens kritisiert, aber Frauen nie kritisiert. Und das ist das Problem für all seine Theorien und Erklärungen und Forderungen: es gibt eine Menge Incels, die Arschlöcher sind. Warum gibt es aber Arschlöcher, die keine Incels sind? Weil manche Frauen genau diese Entweder-Oder-Denke haben.:“Lieber ein Arschloch als Mann, vorzugsweise eines, dass zu anderen arschiger ist, als einen Schwächling.“
Genau deshalb stehen wir auch immer noch am Anfang dieser Debatte. Solange wir uns intellektuell mit der Frage aufhalten, ob es nun männlicher sei, eine Waffe abzufeuern und sein Land zu verteidigen oder zu fliehen, sind wir keinen Schritt weiter.
Einerseits ja, andererseits geht es gerade nicht darum, ob man als nicht-militärischer Mann Erfolg bei Frauen hat, sondern, ob man so indirekt zum Ukraine-Konflikt beiträgt. (Offengesagt glaube ich auch nicht, dass Putin wegen Tamponautomaten auf dt. Männerklos in die Ukraine einmarschiert ist, aber das ist auch nicht Pickerts Perspektive.)
Männer werden sich wieder anhören müssen, dass es irgendwie unmännlich sei, wenn sie gepunktete Socken tragen, kochen und sich kümmern.
Ok, wenn ich mit gestreifen Socken bei Frauen besser punkten kann… Die Frage bei so etwas ist, wer mir erzählt, dass etwas unmännlich sei – Frauen oder Männer?
Wir werden weiterhin fleißig „Die Rückkehr der Ohrfeige“-Texte schreiben und lesen und uns fragen, warum das mit dieser Geschlechterkiste überhaupt so postmodern kompliziert sein muss.
Wieso „wir“? Wieso „fleißig“? Und es könnte tatsächlich noch unkomplizierter sein, aber wenn es mehr als zwei Geschlechter gibt? Geometrische Reihe und so.
Und Männlichkeit bleibt ein absurder Götze, vor dem sich ausnahmslos alle zu beugen und ihre Zeit mit Götzenbeschwichtigungsgesten zu verplempern haben, anstatt geschlechtsübergreifend wirklich mal Dinge geregelt zu bekommen.
Ich räume ja gerne ein, dass eine Menge Dinge, die Männer machen, um männlich zu wirken, tatsächlich absurd sind. Der Punkt, den Pickert hier übersieht, ist, dass zumindest die Heteros dergleichen nur wegen Frauen machen. Wenn Männer aufhören würden, was für Frauen zu tun, so dass Frauen wie Jada ihre Kränkungen, Krankheiten und sonstige Probleme alleine lösen müssten, fände er das bestimmt auch nicht gut.
Sie verdammt Männer dazu, Schellenmänner zu sein. Männer, die schlagen und geschlagen werden. Die ihr Geschlecht markieren und belegen müssen, damit ja keine Unklarheiten herrschen.
„Verdammt“ ist nach wie vor das falsche Wort. Ein Mann, der Männer ständig auffordert, sich für Frauen einzusetzen, sollte zumindest auffallen, dass Smith als Angreifer und Pocher als Angegriffener genau DAS gemacht haben.
Ich will Ihnen dazu einen Gegenvorschlag machen, damit wir im nächsten und allen darauffolgenden Jahren nicht in der immer gleichen Feedbackschleife aus „Wo waren eigentlich die ganzen Männer, als es galt, dieser oder jener Bedrohung mit Gewalt zu begegnen?!“
„Jack?“ – „Ja, Rose?“ – „Wo war eigentlich Gondor, als die Titanic versank?“ Die emanzipierte Antwort hier wäre: „Es ist nicht meine Bedrohung. Warum sollten Frauen ihre Probleme nicht alleine lösen?“ Aber das ist ja auch wieder nicht richtig.
dem so gern zitierte Diktum meiner Kollegin Nina Pauer stecken, nach dem „auf junge Frauen die neue Männlichkeit schrecklich kompliziert und furchtbar unsexy wirkt“
Eine Frau wird ja wohl eher als Pickert wissen, was für Frauen sexy ist und was nicht. Tatsächlich ist das eine falsche Dichotomie: man kann einer Bedrohung mit Gewalt begegnen, man kann einer Bedrohung anders als mit Gewalt begegnen, man kann zum Schluss kommen, dass eine Sache gar keine reale Bedrohung ist, oder, dass eine Bedrohung zwar vorhanden, aber das Problem anderer Leute ist. Letzteres mag jetzt nicht gerade solidarisch klingen, aber nunja.
Männer schulden nichts und niemandem ihre Gewaltbereitschaft.
Soll das heißen, Frauen schulden ihre Gewaltbereitschaft schon jemanden, oder bloß, dass Frauen keine haben? Aber, so pauschal gesagt, „schulden“ Männer niemanden etwas.
Außerdem ist es Bestandteil ihrer noch ausstehenden Emanzipation, dass es ihnen wirklich sehr egal sein darf, ob Frauen ihr Innenleben kompliziert und unsexy finden.
Stimmt schon. Aber auch hier gilt, dass es Männern alles egal sein darf, was Frauen von ihnen denken, und dann gibt es keinen Grund mehr für Männer, sich feministisch zu engagieren. Weil es dann egal ist, ob man für feministisch gehalten wird.
Männer schulden Frauen keine Unkompliziertheit oder kernige Sexiness.
Witzigerweise bestreitet Pickert aber nicht, dass „kernige“ Männer bei Frauen schon recht sexy sind. Wenn ich also auf Frauen sexy wirken will, nicht, weil ich es ihnen „schulde“, sondern aus mehr egoistischen Gründen…
Also lassen Sie uns alles auf den Tisch legen: Männlichkeit muss verraten werden, damit dieser ganze Unfug irgendwann aufhört. Jedes kleine Detail, jeder schmutzige Trick, jeder Kränkungsmechanismus und jede stolze Anwandlung.
Wenn Frauen sich also beklagen, dass Mädchen in Afghanistan nicht zu Schule dürfen, sollen sie doch selber da einmarschieren.
Jeder Schmerz, jede Liebe, jede Feigheit und jeder Mut.
Ukrainerinnen an die Front.
Damit wir kein Geheimnis und kein Gewese mehr darum machen.
Es ist kein Geheimnis. Und jemand, der sonst für eine Gesellschaft arbeitet, die Gewese um allzu freizügige Werbung macht, sollte sich mal nicht anstellen.
Damit wir uns endlich sehen und zueinanderfinden, anstatt weiterhin diesen tristen Schellenmännermummenschanz aufzuführen.
Tja. Wie in dem Lied hier? Wenn Männer nicht keine „Schellenmänner“ mehr sein sollen, ok. Darum sollte er einfach Frauen sagen, dass sie keine Schellenmänner mehr daten sollten? Oder jedenfalls keine mehr von der austeilenden Seite? Weil er dann Frauen sagen würde, was sie machen sollen.
Pickert sieht etwas das ein Mann sagt oder tut, was ihm nicht gefällt und behauptet dann gleich das sowas typisch Männlichkeit ist. Er sieht sich mit einem Teleskop eine Stelle des Weltraums an und behauptet er hat das volle Bild.
Wenn Männer helfen, aufbauen, schützen, unterstützen, fördern oder positiv herausfordern dann kommt Pickert nicht in den Sinn sowas mit Männlichkeit in Verbindung zu bringen.
Pickert sieht etwas das ein Mann sagt oder tut, was ihm nicht gefällt und behauptet dann gleich das sowas typisch Männlichkeit ist. Er sieht sich mit einem Teleskop eine Stelle des Weltraums an und behauptet er hat das volle Bild.
Wenn Männer helfen, aufbauen, schützen, unterstützen, fördern oder positiv herausfordern dann kommt Pickert nicht in den Sinn sowas mit Männlichkeit in Verbindung zu bringen.
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