Hier wird einmal exemplarisch gezeigt, dass schlechte Argumente für eine Sache eigentlich Argumente dagegen sind. Bzw., so wahrgenommen werden. Danke an Herrn Niggemeier, der sich das ganze angesehen hat, damit wir das nicht müssen. Und für das bestdenkbare Symbolbild für „Aneinandervorbeireden“, nur, dass es gar kein Symbolbild ist.
Bzw., aus meiner Warte betrachtet: die „Vorbildfunktion“ eines Tennisspielers ist mir egal. Ob man momentan mit vertretbaren Aufwand nach Australien käme, auch. Die Frage, wie man das Genesen-G bei 3G, 2G oder 2G+ nachweisen kann oder muss, ist hingegen für mich und ein paar Mio. anderer Menschen sicher interessant, und damit verbunden, ob man in D. dieselben Anforderungen daran stellen sollte wie der Staat Australien. Das wäre eine Diskussion wert.
Oder, anderes Beispiel, es gibt Gründe, sich gegen Corona impfen zu lassen. Nicht ganz so gute Gründe wie bspw. gegen die Masern, aber es gibt sie. Weil man die schon zigfach wiederholt hat, und weil man auch die schlechten und semi-guten Argumente widerlegt hat, könnte man an der Stelle die Diskussion auch sein lassen. Oder, man diskutiert mit einem, der sich nicht Impfen lässt, über dessen Gründe, um eben diese Argumente zu thematisieren. Das ist das, was Niggemeier höflicherweise als „Denkfaulheit“ bezeichnet.
Stattdessen kommt das Argument, was man früher auch schon so sinnvoll bei der Gewissensprüfung für Wehrdienstverweigerer zu Anwendung gebracht hat, aka die Totschlag-Moralkeule: „Für Deine Mutter.“
Blome fragte den Sohn: „Aber jetzt mal alle Vernunft beiseite gelassen. Ihre Mutter hatte ja sehr von Herzen appelliert: Lass dich impfen. Und das können Sie nicht Ihrer Mutter zuliebe tun?“
Ich kann nicht sagen, wie tief diese Schublade ist. Wenn die Mutter sagen würde: „Ich gehöre zu Risikogruppe, zu meinem Geburtstag lade ich nur mit 2G+ ein, und wenn Du da nicht zugehörst, musst Du eben draußen bleiben.“ wäre das Selbstschutz, und da könnte der Sohn ja sagen: „Ok, Geschenk kommt per Post.“ Angenommen, der Sohn wäre Motorradfahrer, was ein recht gefährliches Hobby für sich und andere ist – sollte er seiner Mutter zuliebe darauf verzichten? Was ist, wenn der Sohn schwul ist – man hört doch so viel von Aids und so? USW.
Das Hauptargument, warum man die Diskussion führen sollte, und zwar ggfs. auch mit alten Argumenten, ist dieses:
Als würden sich die Bedingungen nicht fortlaufend ändern und damit der Bedarf, über die Konsequenzen daraus zu streiten.
Mal dachte man, eine Impfpflicht wäre nicht nötig, weil man bei über 67% Geimpfte die Herdenimmunität erreicht hätte. Dann merkte man einerseits, dass 67% Geimpfte keine 67% Immune bedeuten, andererseits, dass man 85% Immune bräuchte. Das letztere ist ein Argument pro Impfpflicht, das erstere kann aber bedeuten, dass selbst 100% Geimpfte nicht 85% Immune bedeuten, so dass die Impfpflicht mit verfügbaren Impfstoffen doch nicht zu rechtfertigen sei. Ähnliches gilt für die Frage, ob Geboosterte von der Testpflicht in bestimmten Bereichen – und wenn, welche – ausgenommen werden sollten oder nicht. So viele Aspekte, die eine Diskussion wichtig und tatsächlich auch interessant machen würden.
Aber nein, diskutieren wir lieber über das Gendern, da ändern sich die Kenntnisse und Fakten nicht.