Der Mörder-Gag

Der „Killing Joke“, dt.: „Lächeln, bitte“ gilt als eine der, wenn nicht die beste Batman&Joker-Geschichte. Leute, die sich besser damit auskennen, können da lange Aufsätze drüber schreiben, aber aus meiner Sicht sind das folgende Gründe:

  • es wird eine recht traurige Origin-Geschichte des Jokers zumindest angeboten
  • es wird beleuchtet, wie (ehemals) Batgirl (II) querschnittsgelähmt wird, weshalb sie später Oracle wird (was eine ziemlich bleibende Änderung war)
  • die ganze Symmetrie Batman/Joker wird quasi wie mit einer Taschenlampe ausgeleuchtet
  • außerdem der eigentliche Mörder-Gag mit den zwei Irren

Die Geschichte beginnt damit, dass Batman irgendwie seit Jahren (die Story deutet iirc zwei Jahrzehnte an) nicht die bürgerliche Identität des Joker heraus gefunden hat, und Batman ist der beste Detektiv der Welt. Dafür steht das „D“ in DC-Comics. Es stellt sich heraus, dass der Joker mittlerweile mal wieder aus der Irrenanstalt entkommen ist und so etwas wie ein „Gewissen“ entwickelt hat. Er will nämlich beweisen, dass nicht nur er selbst, sondern quasi jeder verrückt werden kann, wenn soe einen richtig, RICHTIG schlimmen Tag hat. Spoiler: schafft er nicht. Zwar ist es möglicherweise das Zeichen einer gewissen „Besessenheit“, wenn ein Kind miterlebt, wie seine Eltern ermordet werden, und dann sein restliches Leben der Verbrechensbekämpfung und Fledermausdesign widmet, aber bei Gordon zumindest reißt der Knoten nicht. Stabil, der Mann. (Details im Link).

Und das wurde dann verfilmt. (Allgemeiner Hinweis: ich fordere nicht, dass der Film neu gedreht wird o.ä., ich will nur meine Kritikpunkte zeigen, indem ich ihnen Alternativen gegenüberstelle, die mir besser gefallen würden und tatsächlich auch „woker“ sind.) Weil die eigentliche Geschichte etwas zu kurz für einen abendfüllenden Film ist, wurde die Geschichte erweitert. Und zwar nicht meinetwegen mit der Geschichte von Vater Gordon und Twoface, wobei letzterer ja ein Argument für „Theorie“ des Jokers ist, sondern mit der von Batgirl/Barbara Gordon. Das ist ja noch nachvollziehbar, so übel, wie es ihr im Comic ergeht, da sollte das Publikum vorher noch sehen, was sie eigentlich verliert.

Aber dann: Batman ist mit Batgirls Leistung als Batperson unzufrieden, dann muss er sie retten wie so ein Fräulein in Nöten, dann streiten sie miteinander, dann kämpfen sie miteinander, und dann haben sie Sex. Ja.

Der harmloseste Vergleich, der mir dazu einfällt, ist der von einer erwachsenen Studentin und einem Prof, die Sex haben, nachdem sie sich über ihre Noten gestritten haben. Wo war #Metoo, als das passiert ist? WO? Ok, der Film ist von 2016. Schade. Ernsthaft, auch, wenn ich über lächerlich überpowerte Supermegaultraheldinnen lästere, die die feministische Industrie derzeit am Fließband produziert, sehe ich in der genau gegenteiligen Botschaft auch nicht als die Lösung. Also hier: Frauen sind die Supermegaultraopfer und sollten am besten gar nicht erst versuchen, Heldinnen zu werden.

Außerdem hat die Vorgeschichte thematisch nichts mit dem Joker, Wahnsinn durch Unglück oder irgendetwas anderem zu tun, was das eigentliche Thema von „the Killing Joke“ ist. Bzw., welches traumatische Erlebnis von Barbara Gordon wäre bis dato einigermaßen in der Liga, dass sie davon, wenn schon keinen Wahnsinn, eine ungesunde Obzession einfängt? Und da finde ich, dass etwas mehr „Wokeness“ besser gewesen wäre. Was, wenn Batman und Batgirl im Streit auseinandergehen? Barbara denkt ernsthaft darüber nach, ihr Cape an den Nagel zu hängen, aber dann fällt ihr ein, dass ein Typ, der anderthalb Köpfe größer ist als sie, gefühlt doppelt so schwer ist – bei gesundem BMI – und rund 20 Jahre „Berufserfahrung“ mehr hat, sich nichts darauf einbilden sollte, dass sie ihm im Verbrecherjagen tatsächlich unterlegen ist. Und was wäre, wenn sie etwas schafft, woran er seit Jahren gescheitert ist? Was ihm anscheinend auch auf der Seele liegt? Irgendetwas, worin sie quasi die beste ist? Sie macht sich daran, den Joker zu recherchieren. Wenn SIE dessen Identität und Vorgeschichte herausfindet, wäre das nicht der Beweis, dass sie ein kompetentes Batindividuum ist und dasselbe Gehalt verdient hat? Und DAS sind die Rückblenden auf den Ex-Chemiker und Möchtegern-Komiker, der später, möglicherweise oder auch nicht, der Joker wird.

Und dann – weil sie mit Batman gerade irgendwie nicht redet – lädt sie ihren Vater ein und zeigt ihm eine alte Akte, die sie irgendwo gefunden hat, präsentiert ihm ihre Theorie, warum das der Joker sei, dann klingelt es, der Joker taucht auf, bitte lächeln, und ab dann weiter wie gehabt. Nur die Akte, in der leider die Originalfotos des Chemikers waren, weil sie die mit High-End-Scanner für eine Gesichtsvergleichsoftware einlesen wollte, ist hinterher – naTÜRlich – verschwunden. Weil der Joker sich wiedererkannte und die Spuren verwischte oder, weil er ein bösartiger Irrer ist. Oder irgendein anderer Hinweis, dass diese Geschichte auch nicht unbedingt die wahre Geschichte sein muss, wie immer eigentlich.

Außerdem sollte der Film vllt. wirklich nicht mit dem Mörder-Gag enden. Wenn man die Geschichte schon erweitert, müsste man meiner Meinung nach zeigen, dass nicht nur Vater Gordon, sondern auch seine Tochter – aka die mit der Querschnittslähmung – den Vorfall verarbeiten kann. In einer Mid-Post-something-Credit-Szene sähe man Barbara später zwar im Rollstuhl sitzen, aber immerhin schon als Oracle; auch, wenn sie den Joker nie identifizieren konnte, für Harley und Co. reicht es noch locker. Sie hat in der Szene bspw. den aktuellen Robin am Ohr, gibt ihn irgendwelche wichtige Infos, Robin reißt einen Witz und beide lachen.

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