WAS IST TOXISCHE MÄNNLICHKEIT?
Das ist ein polemischer Kampfbegriff, den Ihr Euch ausgedacht habt, und der so ungefähr alles umfasst, was Euch an Männern stört, sobald es Euch stört, aber nicht, solange Ihr davon profitiert.
Toxisch bedeutet giftig oder, im übertragenen Sinne, schädlich. Maskulinität heißt Männlichkeit.
„Männlichkeit“ steht da schon, Ihr müsst nicht erklären, was Maskulinität heißt. Und kein Mensch ist toxisch.
Giftige Männlichkeit – das klingt irgendwie abstrakt und ein bisschen übertrieben. Oder?
Das ist nicht abstrakt, sondern polemisch. Und Ihr wisst das.
Dabei kann Männlichkeit wirklich toxisch sein. Und zwar auch für männliche Personen selbst.
Wichtig: wenn Ihr was von anderen wollt, immer erzählen, dass das den Betreffenden auch nutzt. „Solidarität“ ist so eine Phrase geworden.
Vielleicht hilft ja ein Beispiel zur Veranschaulichung. Ein kleiner Junge wird in der Schule von seinem Lehrer dafür ausgelacht, dass er seiner Mama zum Abschied zuwinkt. Folge: Er will ihr nicht mehr winken.
Ja, und wenn das eine Lehrerin gewesen wäre, wäre das auch „toxische Männlichkeit“? Oder „radioaktive Weiblichkeit“? Dass das pädagogischer Bodensatz ist, muss ich hoffentlich nicht erklären. Wie häufig kommt das vor?
Er lernt durch die Reaktion seines Lehrers, dass Gefühle wie Zuneigung offen auszudrücken für Jungs nicht okay ist
Hmmm, angenommen, Mädchen würden auch ausgelacht, dann wäre das kein Rollenbild. Problem gelöst!!!!
Das kann sich später negativ auf sein Leben auswirken. Zum Beispiel auf seine Freund*innenschaften und Beziehungen.
Früher haben sich welche darüber lustig gemacht, auch in Komposita zu gendern, wenn es nicht das letzte Glied (hihi) sei, und bekam erklärt, dass das natürlich niemand tun würde. Aber das hatte natürlich keine Auswirkungen auf Freundschaften und Beziehungen, ist klar.
Genau darum geht es bei dem Begriff toxische Männlichkeit. Um eindimensionale, einschränkende und schädliche Vorstellungen davon, wie sich männliche Personen zu verhalten und zu fühlen haben, um in der Gesellschaft als männlich zu gelten und akzeptiert zu werden.
Wohlgemerkt, nicht „von anderen Männern“. Von „der“ Gesellschaft. Wenn Frauen wollten, dass sich Männer auf eine bestimmte Weise kleiden, eine bestimmte Sportart mögen oder sonstwas machen, müssten sie bloß einfach alle anderen Männer liegen lassen. Männern ist es im Zweifel wichtiger, dass Frauen sie männlich finden. IMMER. (Und falls jetzt eine sagt, aber in der frauenfeindlichen Geselschaft der Masculionen ist das anders – tja, da leben wir aber nicht.)
Das gilt nicht nur für heterosexuelle cis-Männer. Jede*r, der maskulin wirken will und sich deshalb entsprechend verhält, kann in toxische Männlichkeit abrutschen.
Ja, Männer machen eine Menge Blödsinn, um auf Frauen Eindruck zu machen. Rund 95% allen Blödsinns, den Männer machen, machen sie wegen Frauen. Soll jetzt kein Victim-Bläming sein, aber Wimin-Bläming…
Ein richtiger Mann zu sein bedeutet demnach: Nie Schwäche zeigen, keinesfalls um Hilfe fragen, bloß nicht liebevoll und zärtlich sein, keine Fehler zugeben.
Warum sollte eine Frau etwas mit einem Mann haben, der um Hilfe fragt, statt um den, den er um Hilfe fragt? Offenbar ist der kompetenter. Aber ja, niemand erwartet von Männern, liebevoll und zärtlich zu sein, Hauptsache, sie hat einen Orgasmus.
Und schon gar nicht öffentlich weinen – es sei denn, der Lieblings-Verein verliert.
Um mich zu wiederholen: Frauen, die weinen, wird geholfen, Männern nicht. Auch nicht von Frauen. Welchen Sinn hätte es also, zu weinen?
Stattdessen immer stark, rational, im Recht und sexuell allzeit bereit sein.
Schwache, irrationale, asexuelle Menschen im Unrecht sind nicht direkt die Art von Mensch, die Frauen mögen, oder?
Steak und Bier statt Salat und Prosecco, Bodybuilding statt Eiskunstlauf, Jäger statt Sammler, Mars statt Venus. Und so weiter.
Ich trinke praktisch keinen Alkohol, Steak esse ich selten, bin mehr Sammler als Jäger und so weiter. Komisch, dass ich Dich nicht als meinen Verbündeten wahrnehme. Außerdem, Männer, die Eiskunstlauf betreiben, sind ziemlich sportlich und sehen entsprechend aus; dass mehr Männer Bodybuilding machen, ist tatsächlich mehr Faulheit als „Männlichkeit“. Um so eine Hantel zu stemmen, benötigt man kein besonders hohes Gleichgewichtsgefühl oder Körperbeherrschung und legt sich auch nicht so oft auf die Fresse.
Dieses Männerbild sehen wir in Büchern, Serien und Filmen oder auch in der Werbung. Wie hier:
Ach, plötzlich ist Edeka gar nicht mehr so toll?
Doch auch auf dem Schulhof, in der Uni oder am Arbeitsplatz wird jeden Tag festgelegt, was Männlichkeit heißt.
Es wäre extrem einfach, einen asexuellen, irrationalen und schwachen Menschen zu imitieren, der Unrecht hat, wenn das irgendeinen Vorteil bei anderen Menschen hätte. Wenn das einmal Erfolg gehabt hätte, w+rde das häufiger vorkommen als nie.
Dabei entsprechen die allerwenigsten Männer diesen ultra-maskulinen Standards oder praktizieren sie zu 100 Prozent
Das liegt einerseits daran, dass Du sie Dir in der Form gerade erst ausgedacht hast, und andererseits muss man nicht zu 100% irgendwas sein. Es reicht, wenn man 80% hat, und alle anderen höchstens 75%.
Toxisch – also schädlich – sind diese destruktiven Denk- und Verhaltensweise für alle. Wirklich alle. Für die Gesellschaft, das unmittelbare Umfeld und auch für die männlichen Personen selbst.
Das kann so nicht stimmen, denn sonst hätte sich das nie etabliert. Irgendwer hat zumindest mal davon profitiert. Und das waren die Gesellschaft, und davon eher die, die nicht performen müssen. Hmm, wer muss in dieser Gesellschaft nicht „ultra-maskulin“ performen?
Auf bestimmtes „männliches“ Verhalten festgelegt zu sein und es immer wieder beweisen zu müssen, ist extrem einschränkend.
Niemand isst Steak, um anderen die eigene Männlichkeit zu beweisen. Niemand guckt Fußball, um anderen die eigene Männlichkeit zu beweisen. Ich weiß nicht, ob Ihr den Quatsch eigentlich selber glaubt.
Wie viele Weltklasse-Eiskunstläufer aufgrund toxischer Männlichkeit wohl nie einen Schlittschuh angezogen haben!
Ich habe mal sogar zwei angezogen, aber aus Angst, mich auf die Fresse zu legen, habe ich da nicht viel ausprobiert. Hyper-ultra-maskulistinistisch. Ansonsten, was schert mich, wie viele Weltklasse-Eiskunstläufer es gibt?
Oder wie viele männliche Personen gern einen Rock tragen würden, sich aber selbst in einem schottischen Kilt komisch vorkommen.
*schulterzuck. Bei Frauen wirkt das nicht anziehend – pro-pun includet – und welchen Sinn hätte Männlichkeit, wenn man damit keinen Erfolg bei Frauen hat. (Für Euch getestet, aber nur einmal, deshalb nur anekdotische Evidenz.)
Und wie viele Beziehungen wohl gescheitert sind, weil “er keine Gefühle zeigen kann“…
Ja, bestimmt auch das. Aber eine Freundin kann bekanntlich keinen Therapeuten ersetzen, also: „Selbstfürsorge oder Freundin?“
Wenn männliche Gefühle nur als Wut und Aggression ausgedrückt werden dürfen, dann ist das aber auch eine Erklärung für männliche Gewalt.
Weibliche Gewalt ist weiterhin ein Mysterium – warum sollte jemand jemanden schlagen, der typischerweise größer ist und schon proportional mehr Muskelmasse hat? Außer, die Gesellschaft verbietet ihm, zurückzuschlagen?
Von der Staats-Ebene in Form von eskalierenden Konflikten bis zu Gewalt gegen andere Männer – genauso wie gegen Kinder, weibliche Personen, queere und non-binäre Menschen.
Kinder werden mehr von Frauen geschlagen.
Na, sowas. Wartet doch einfach ab, wenn sich genug Männer selbser umbringen, erledigt sich das Problem doch von selbst.
Maskuline Personen gehen beispielsweise häufig nicht gut mit ihrem Körper um.
Tja, das ist, weil Männerkörper verzichtbarer sind. Wenn andere dafür mehr Verwendung als Verschleißteil haben, wozu die Mühe?
Sie neigen eher zu Suchtverhalten und vernachlässigen ihre Gesundheit.
Hau där ju? Ihr habt Eure Arbeitskraft der Volksgemeinschaft zu erhalten und Eure Gesundheit der Volksgesundheit, und Frauen leiden am meisten, wenn Ihr sterbt!
Oft können sie weder eigene Grenzen noch die anderer Menschen respektieren.
Mitleid wäre also eh‘ vergeudet.
Zu Vorstellungen toxischer Männlichkeit gehört, dass männliche Personen immer Sex haben wollen und können.
Ich habe erfahren, dass das bedeuten soll, dass man Männer schon deshalb nicht vergewaltigen könne. Ihr Helden! Ihr super-sozialen, mega-empathischen tollen Helden, Ihr!
Und auch, dass er ihnen zusteht. Das zeigt, wie toxische Männlichkeit mit Rape Culture (Vergewaltigungskultur) zusammenhängt.
Nein, dass zeigt, dass Ihr einfach eine Diagonale durch das Bullshit-Bingo zieht.
Aber auch, wieso männliche Personen angeblich keine sexualisierte Gewalt erleben können: Weil sie Männer sind, wollen sie schließlich von Natur aus IMMER. Nur stimmt das halt einfach nicht.
Aber, weil dieselben Männer, die doch vergewaltigt werden können, ja alle potentielle Vergewaltiger sind, muss man deshalb ja nicht traurig sein. Wen wollt Ihr eigentlich damit erreichen?
Dahinter steckt das Patriarchat mit seinen verkrusteten, alten Rollenbildern.
Warum sollte „das“ Patriarchat ein System etablieren, das darauf ausgelegt ist, Männer mit Problemen zu belasten?
Damit Frauen das schwache Geschlecht sein – und klein gehalten werden – können, müssen Männer die Starken sein.
Wohingegen im Matriarchat die Frauen die Schwachen sein müssen, weil Männer sonst keinen gRund hätten, ihnen zu helfen. Es ist so durchschaubar.
Maskulinität kann nur in Abgrenzung zu Femininität existieren.
Umgekehrt etwa nicht?
Die Aufteilung in zwei voneinander abgegrenzte Geschlechter ist jedoch Quatsch. Diese Rollen sind bloß ausgedacht: Niemand wird mit einem Prosecco-Glas oder einer Kurzhantel in der Hand geboren.
Sowohl Muskelaufbau als auch Alkoholabbau korrelieren mit genetischer Disposition (xx/xy), insofern korrespondieren die Art des bevorzugten Alkoholes und der sportlichen Aktivität ebenfalls mit genetischen Eigenschaften.
Das soziale Umfeld bestimmt, was Männlichkeit und Weiblichkeit bedeuten. Alles Fiktion!
Frauen wollen, dass Männer bei der Müllabfuhr arbeiten? Na, wer hätte das gedacht.
Die gute Nachricht: Weil das so ist, können wir es ändern.
Also, meinetwegen darf es auch Müllfrauen geben.
Denn Männer sind so komplexe Wesen wie alle anderen Menschen auch.
Also auch Müllmänner. Ich habe es gewusst!
Mit einer Bandbreite an Gefühlen und Bedürfnissen, die vom Patriarchat eingeschränkt und unterdrückt werden.
Dieses „Patriarchat“, ist das jetzt hier im Raum? Ich frage für den Therapeuten.
Männer dürfen weinen, Schwäche und Gefühle zeigen, zur Therapie gehen, etwas nicht wissen, keine Lust auf Sex haben und lieber kuscheln wollen, Nagellack tragen, Problemgespräche führen, Sekt schlürfen, Salat essen, Fußball doof finden und Eiskunstlauf lieben.
Ja, wer würde es ihnen verbieten? Bestimmte Dinge aus der Liste sind aber nützlicher als andere, von daher ist das keine Frage von „dürfen“ oder „wollen“.
Denn Männlichkeit an sich ist nicht das Problem, sondern wie sie definiert ist. Es liegt an uns, Männlichkeit – dieses ausgedachte Prinzip – umzudeuten und mit neuen Ideen zu besetzen.
Ja, anstatt sich „fürs Patriarchat“ kaputtzuschuften, schuftet man sich als Mann besser für „die Gesellschaft“ kaputt. Irgendwie sind die Ideen nicht so neu, wie ihr das gerne hättet. Und ich habe sehr wenig das Gefühl, dass Ihr meine Interessen überhaupt versteht, von Eurer Unfähigkeit, Interesse für mich vorzutäuschen.
Denn eins ist klar: Ohne toxische Männlichkeit wäre die Welt ein besserer Ort. Und zwar für alle.
Er meint: „ohne Männer“. Klingt komisch, aber so ergibt das alles mehr Sinn.
Ich bin mir recht sicher, dass die Welt ohne Männer wie den Autoren ein besserer Ort wäre. Das eigentliche Problem ist also, dass er nicht Manns genug ist, dieses Problem zu lösen.
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Da muss ich widersprechen: Ohne den Artikel könnten wir weniger Apokolynthose lesen. Alles hat sein Gutes…😁
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„Wie häufig kommt das vor?“
Bei der geringen Anzahl an männlichen Grundschullehrern wohl nicht so oft.
Beim Herrn der Ringe (Bücher) weinen die Männer oft. Und da kommt kein Sport vor. Ist das dann jetzt toxisch oder nicht?
Alkohol trinke ich nicht mehr. Habe im Sommer meine Vorliebe zu Johannisbeersaft-Schorle entdeckt. Zum Glück weiß ich durch einen Helden meiner Kindheit, dass das auch männlich ist…
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Frauen, die weinen, wird geholfen, Männern nicht.
Exakt.
Und Männer dürfen alles, was auch Frauen dürfen? Also z.B. eine Frau für sich arbeiten lassen und zu Hause bei den Kindern bleiben? Oder würde so eine Frau so einem Mann etwas husten? Und wenn so eine Frau selbst zu Hause bleiben will, will sie dann einen starken oder schwachen Mann, der es ihr ermöglicht zu Hause bleiben? Ist das Problem vielleicht toxische Weiblichkeit?
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Es reicht doch schon als Mann unter 1,80 m groß zu sein. Da bist du selbst für Frauen die 1,50 m groß sind, praktisch unsichtbar.
Im Endeffekt definieren Frauen was Männlichkeit ist und Männer machen sich zum Klops, um diesen Standards zu genügen.
Und zeig doch mal Gefühle als Mann, du wirst doch gerade von Frauen praktisch ausgelacht.
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