Dealt mit Anti-Antisemitismus

Hier nämlich

Nemi El-Hassan: „Ich bin Palästinenserin – deal with it!“

Sie ist wohlgemerkt nicht aus Brandenburg. Falls man ihr mal bei einer Party begegnet und Smaltalk machen will. Mein Opa war übrigens aus Ladeburg bei Eberswalde.

Nach einer rassistischen Bild-Kampagne suspendierte der WDR Nemi El-Hassan von der Rolle, „Quarks“ zu moderieren.

Tja, wer gegen Antisemitismus ist, MUSS ja Rassist sein.

Berlin – Wissen Sie, was erlernte Hilflosigkeit ist?

Irgendwas Wichtiges für die Opferolympiade bestimmt.

 Ich bin auf den Begriff gestoßen, als ich einen Psychologen gefragt habe, wie er meinen Gemütszustand erklären würde. Diese Mischung aus purer Panik, die einen im Moment verharren lässt und einem buchstäblich die Luft zum Atmen nimmt.

Wie lernt man sowas?

Erlernte Hilflosigkeit, sagte er, sei das, was das menschliche Gehirn als Lehre aus Ereignissen zieht, die einen vor die Trümmer der eigenen Existenz stoßen und gegen die man sich zu wehren versucht, nur um zu erkennen, dass all das Handwerkszeug, dessen man sich im Laufe der Zeit zu bedienen gelernt hat und das sonst in Ausnahmesituationen half, plötzlich wirkungslos geworden ist.

Warum etwas in der einen Ausnahmesituation hilft und in der anderen nicht, kann man sich einfach nicht erklären. Weil: Gründe.

 So in etwa fühlt es sich an, wenn die Bild-Zeitung es sich zur Aufgabe gemacht hat, dich in aller Öffentlichkeit zu demontieren.

Es gibt tatsächlich Dinge, die man gegen BILD unternehmen kann. Aber gut, was genau hat BILD denn gemacht? Dinge aus dem Zusammenhang gerissen? Bilder toter Angehörige gezeigt? Privatsachen veröffentlicht???

Nachdem in rechten Foren Fotos aus dem Jahr 2014 aufgetaucht waren, die mich auf der Al-Quds-Demonstration zeigen, auf der in der Vergangenheit antisemitische Parolen gerufen wurden

Wohingegen heutige Al-Quds-Demos völlig andere Agenden verfolgen? Aber die Fotos scheinen ja echt zu sein.

griff die Bild-Zeitung diese auf und titelte anlässlich meines angekündigten Engagements als neue Moderatorin der Wissenschaftssendung „Quarks“ im WDR: „Islamismus Skandal“.

Ein Stück weit – ich weiß, warum das so ist – bin ich gegen das Vermummungsverbot. So, wie es geheime Wahlen gibt, sollten auch Demos anonym sein, damit Familie, Nachbarn, Freundeskreis und natürlich der Arbeitgeber nicht erfährt, wo man politisch steht. Aber da das nunmal nicht so ist, und da Leute, die bei Pegida demonstrieren, sich ja auch nicht vermummen dürfen – entweder alle oder keiner.

Die Fotos verknüpfte das Blatt mit aus dem Kontext gerissenen Videoschnipseln eines Wortbeitrags von mir, den ich vor Jahren im Auftrag der Bundeszentrale für politische Bildung aufgezeichnet hatte und in dem ich – ergänzt durch islamwissenschaftliche Quellen – mein Verständnis des Begriffs „Dschihad“ darlegte.

Okeee, da muss ich was ergänzen. Anscheinend, soweit man das ohne Gedanken zu lesen sagen kann, scheint al-Hassan nicht mehr so islamistisch zu sein wie als Jugendliche. Oder jedenfalls trägt sie kein Kopftuch mehr. Jetzt ist es aber nicht so, dass eine zunehmende Säkularisierung mit einer Abnahme an Antisemitismus einhergeht. Man muss kein fanatischer Christ oder Moslem zu sein, um antisemitisch zu denken und zu handeln. Und die religiösen Antisemiten halten „Judentum“ wenigstens nicht für genetisch und denken sich Kategorien aus wie Halb-, Viertel- oder Dreivierteljuden. Eine Abkehr vom Islamismus beweist also keinen Nicht-Antisemitismus.

Doch das Narrativ war gesetzt. Hier die vermeintlich antisemitische und islamistische Moderatorin mit palästinensischen Wurzeln, der angeblich die Fähigkeit zu wissenschaftlichem Denken fehle, weil sie Muslimin sei.

Ok, palästinensische Wurzeln sind das eine. Aber wenn man im Osten aufgewachsen ist? Außerdem: BILD hat eh nicht die Fähigkeit, Menschen mit wissenschaftlichem Denken erkennen zu können.

Das von rechtsextremen Internet-Aktivisten initiierte und von der Bild-Zeitung in weite Teile der Öffentlichkeit getragene Narrativ wurde anfangs von vielen Medien übernommen.

Na, liebe Kinder, haltet Ihr Narrative immer noch für eine coole Idee? Aber ja, das nennt man Cancel-Culture. Keine Ahnung, warum man das als „links“ betrachtet. Andererseits, „Nie wieder“ ist ja auch links.

Natürlich darf auch die Bild-Zeitung zur Vergangenheit einer öffentlichen Person recherchieren und Fragen stellen, so wie jedes andere Medium auch.

Ach? Also, wenn das nicht die BILD wäre, wäre das ok?

Aber es gibt eine Grenze zwischen kritischer journalistischer Arbeit und einer gezielten Kampagne zur Demontage einer Person. Diese Grenze wurde in meinem Fall überschritten.

Wie bei Christian Wulff?

Für meine Teilnahme an der Demonstration habe ich mich frühzeitig in einem Spiegel-Interview entschuldigt.

Ja, das ist aber auch nur der halbe Vorwurf. Die israel-„kritischen“ Likes sind auch deutlich jüngeren Datums.

ich habe … hinter den Kulissen Fragen beantworten müssen, die in erster Linie rassistische Annahmen transportierten und ein schlechtes Licht auf diejenigen in den Sendeanstalten warfen, die sie mir stellten. Rein rational waren diese Fragen nicht erklärbar.

Es wäre für mich sehr interessant, was für Fragen das waren. Dass die „rassistisch“ waren, ist ja so erstmal eine Behauptung, und zum wissenschaftlichen Denken gehört es ja, Behauptungen auch zu belegen.

Es half auch nicht, dass Recherchen von Zeit Online zeigten, wie diese Kampagne in dezidiert rechten und rechtsextremen Foren wie der „Honigwabe“ und auf Gegenstimme.tv von langer Hand vorbereitet worden war.

Ja, das belegt vermutlich, dass die sich „leichte“ Opfer suchen, also Gegner, die man mit relativ wenig Aufwand viel schaden kann. Z.B., weil die sich israel“kritisch“ positionieren.

Rechte nennen diese Strategie „De-Islamisierung“.

Nennen die nicht alles „De-Islamisierung“? Einschließlich Bier trinken und Schnitzel essen?

In einem Video, in dem die Rechten um Irfan Peci ihre Kampagne beseelt Revue passieren lassen – der WDR hatte die Zusammenarbeit mit mir unlängst ausgesetzt –, kommen sie zu dem Schluss, das „Judending“ (so nennt es einer der rechten Aktivisten, der anonym bleibt und sich im Netz „Shlomo Finkelstein“ nennt) sei besonders effektiv.

Es kommt vllt. auf die Verhältnismäßigkeit an, aber würde man das bei Lisa Eckhart nicht auch sagen?

Damit meinen sie ihr Vorgehen, bei dem sie den Antisemitismusvorwurf gezielt im Kampf gegen Muslime instrumentalisieren.

Ok, das ist natürlich unfair und ungerecht. Man sollte Antisemitismusvorwürfe auch gegen Katholiken, Protestanten, Atheisten und Buddhisten einsetzen. Also, wenn sie zutreffen, natürlich nur.

Zu erwähnen, dass es den Rechten noch nie um den Schutz jüdischen Lebens ging, ist wohl so banal, wie das Gegenteil dessen zu behaupten absurd wäre

Die größte Ausnahme von dieser Regel, und möglicherweise die einzige, sind rechte Juden. Aber nicht alle Antisemiten sind rechts.

Der derart plumpe Hass auf muslimische und palästinensische Menschen hätte keinen so durchschlagenden Erfolg gehabt, hätten sich die Initiatoren dieser Kampagne nicht bewusst mit dem Antisemitismusvorwurf gewappnet.

Ok, aber angenommen, jemand würde gegen Dich eine Kampagne fahren, weil Du angeblich eine Ladendiebin wärest. Würdest Du erklären, dass Du keine Ladendiebin bist, und das alle, die angeblich gegen Ladendiebstahl sind, tatsächlich nur Rechte seien, die Dich loswerden wollen? Oder würdest Du erklären, dass Du keine Ladendiebin bist, und gegenteilige Behauptungen gelogen wären? Mal unterstellt, dass Du keine Ladendiebin bist?

Im Land der Täter will sich – verständlicherweise – niemand in eine Situation begeben, die nahelegen könnte, dass man sich nicht vehement an der Bekämpfung des gesamtgesellschaftlichen Problems Antisemitismus beteiligt.

Aaaalso alle, die gegen Ladendiebstahl sind, sind in Wahrheit total pro Ladendiebstahl, haben aber Angst, dass die anderen Ladendiebstahlbefürworter sie bestrafen würden, wenn sie es zugeben? Oder ist es evt. so, dass vorgebliche Ladendiebstahlgegner tatsächlich Ladendiebstahlgegner sein könnten?

 Und so schien, als mein Gesicht wochenlang mit personifiziertem Antisemitismus gleichgesetzt wurde, kaum mehr jemand in der Lage, das Erstere vom Zweiten zu unterscheiden.

Hat sie auch so ein Oberlippenbärtchen und diesen akkuraten Seitenscheitel? Ich hatte das Gesicht des personifizierten Antisemitismusses nämlich mit Oberlippenbärtchen und Seitenscheitel in Erinnerung.

Neben den Morddrohungen, den Beleidigungen und Verleumdungen erreichte mich mit der Zeit aber auch eine Welle der Solidarität, die sich letztlich in einem offenen Brief materialisierte. Über 400 Personen des öffentlichen Lebens hatten ihn unterzeichnet.

Sind das dieselben, die auch immer pro-Mbembe und kontra-BDS-Beschluss sind? Nein, aber Emcke, Stokowski, Ohanwe, Schick und ich wäre bei DEN Unterstützern in einer harten Sinnkrise – wenn die mich unterstützten, dann hätte ich vllt. wirklich unrecht???

Darunter auch, und das ist bei dieser Geschichte wichtig, zahlreiche Jüdinnen und Juden.

Nachdem Merz frauenfeindlich sein kann, obwohl er mit einer verheiratet ist, und Leute generell fremdenfeindlich/schwulenfeindlich/islamfeindlich sein können, obwohl sie mit Angehörigen der besagten Gruppen befreundet sind, ist dies offenbar nicht wichtig.

Interessanterweise schienen diese Stimmen letztlich aber nicht den Impact zu haben, den die Bild-Zeitung hatte, als sie die Deutungshoheit darüber beanspruchte, was als antisemitisch gilt – und was nicht.

Das stimmt leider. Die BILD sollte ebensowenig Impakt haben wie diese Stimmen. In einer idealen Welt.

Jüdische Stimmen wurden somit gezielt ignoriert und delegitimiert.

Das „gezielt“ ist falsch, sie wurden einfach ignoriert. Und offenbar sind Juden keine homogene Gruppe, in der alle dasselbe denken.

Als ich schon zu hoffen wagte, der Sturm sei endlich an mir vorbeigezogen, legte die Bild-Zeitung nach. In investigativer Manier hatten sich Redakteure auf meinem Instagram-Profil umgesehen und Likes aus diesem Jahr gefunden, die ich unter Beiträge der Seite „Jewish Voice for Peace“ gesetzt hatte.

Nun, wenn das öffentlich ist, und alle bei Insta das sehen können, ist das jetzt keine allzugroße Bösartigkeit von der BILD, die gerne auch mal die Bilder toter Kinder nutzt. Also, soll ich jetzt Mitleid kriegen?

Dabei handelt es sich um eine der größten links-jüdischen Organisationen in den USA, die sich antizionistisch positioniert.

Wie groß ist die und wie groß ist zum Vergleich die größte links-jüdische Organisation, die sich prozionistisch positioniert?

Sie unterstützt etwa in weiten Teilen BDS und arbeitet mit palästinensischen Grassroots-Bewegungen zusammen.

Mir fällt da die South-Park-Folge ein mit den „antisemitischen Juden“. Und natürlich das Leben des Brian. Judäische Volksfront vs. Volksfront von Judäa vs. Populärer Front („Spalter!“). Es ist ein Vorurteil über Juden, dass diese sich ständig wegen irgendwelcher Sachen streiten, wohingegen alle andere Gruppen auf der Welt bekanntlich immer dasselbe denken. Kommunisten, Katholiken, Männer…

Jewish Voice for Peace übt Druck auf die amerikanische Regierung aus, damit diese ihren Beitrag zu einem gerechten Frieden in Israel und Palästina leistet.

Warum sollte die US-Regierung einen Beitrag zu leisten haben? Es ist nicht gerade so, dass die US-Regierung sich zu wenig einmischt.

Damit alle Menschen vor Ort dieselben Rechte und Freiheiten erlangen.

Ja, z.B. die LGBTQ-Szene. Schlimm, wie die im Gazastreifen und Westjordanland unterdrückt werden. Da sollten die USA echt was tun.

Die Vorwürfe, die die Bild-Zeitung gegen mich erhob, bezogen sich sowohl auf Postings, die zum Boykott von Waren aus Siedlungen in den besetzten palästinensischen Gebieten aufriefen, als auch auf Postings, die sich mit Slogans oder mit dem Ausbruch der sechs inhaftierten Palästinenser aus einem israelischen Hochsicherheitsgefängnis befassten.

Diese speziellen Boykotte schaden tatsächlich mehr den Palästinensern. Aber gut, Politik halt. Der Ausbruch der Inhaftierten, der an mindestens einer Stelle mit dem Ausbruch von KZ-Insassen verglichen wurde? Fairerweise unterstelle ich, dass sie einen anderen Post gelikt hat, aber wie würde sie wohl reagieren, wenn sagen wir Weinstein aus dem Gefängnis ausbricht?

Dass aus dem Posting zum Ausbruch der Gefangenen nicht ersichtlich war, weshalb diese überhaupt im Gefängnis saßen, wurde dabei mutwillig verschwiegen

Wenn das nicht ersichtlich war, welchen Grund für die Gefangenschaft hast DU denn vermutet? Terrorismus, Vergewaltigung, Mord? Oder eher Falschparken und allgemeines Palästinensersein?

Dass die EU selbst eine Unterscheidung zwischen Produkten aus dem Kernland Israel und solchen aus den völkerrechtswidrigen Siedlungen vornimmt, indem diese nach EU-Recht einer Kennzeichnungspflicht unterliegen, wurde ebenfalls unterschlagen.

Die EU macht auch einen Unterschied zwischen Bananen und Schokolade. Trotzdem ist sie nicht dafür, eines davon zu boykottieren. Oder Autos. Autos unterliegen einer Kennzeichnungspflicht. Soll man Autos deshalb boykottieren?

Dem WDR allerdings reichte die verfälschende Einordnung…, denn kurz darauf folgte die Beendigung meiner Beschäftigung als Moderatorin bei dem Sender

Die Gretchenfrage wäre, ob es einen biodeutschen Moderator beim WDR gibt, der sich ähnlich pro-palästinensisch positioniert hat – geiles Wort übrigens – aber beim WDR bleiben durfte.

Dass die Beschäftigungsverhältnisse anderer WDR-Mitarbeitenden ebenfalls in Bezug auf Aktivitäten und Likes auf Social Media hin überprüft werden, wage ich zu bezweifeln.

Nun, die werden von vielen Mio. Menschen gelesen. Es gibt bestimmt welche, die sich über sie beschweren. Und bestimmt auch wegen völlig banaler Sachen wie nicht völlige Neutralität einer bestimmten Fußballmannschaft gegenüber. Also geheim bliebe sowas nur, wenn nicht unter Klarnamen gepostet wird.

Dass mit dem ehemaligen israelischen Botschafter in Deutschland Avi Primor und dem Historiker und Antisemitismusforscher Professor Moshe Zimmermann zwei prominente Stimmen öffentlich jeden einzelnen Vorwurf der Bild-Zeitung entkräfteten, hat den WDR auch nicht zur Umkehr bewegt.

Vllt. ist es nicht per se antisemitisch, Gefängnisausbrüche zu liken, aber man möchte umgekehrt vllt. auch keine Mitarbeiterin, die Gefängnisausbrüche liket. Oder die den Ausbruch von Gefangenen liket, ohne zu wissen, was das für Gefangene waren, und ohne das zu recherchieren, obwohl sie als Journalistin angestellt ist.

Es gab etwa keinen ehrlichen Diskurs darüber, wie sich Antisemitismus von israelkritischen Positionen abgrenzen lässt.

Hmm, mal angenommen, dass es unehrliche Menschen gäbe, die ihren Antisemitismus als israelkritische Postionen tarnen – wäre jeder Diskurs, den man mit ihnen führt, nicht automatisch unehrlich? Und ist es dann nicht deren Schuld, wenn es keinen ehrlichen Diskurs darüber gibt.

Oder worin etwa die deutsche Verantwortung gegenüber Menschenrechtsverletzungen in Israel/Palästina besteht.

„Wir beschießen Israel nur wegen den Deutschen!! DIE sind Schuld“

Avi Primor und Moshe Zimmermann legten indes offen, was dem deutschen Auge bislang entgeht: dass die Palästina-Frage Gegenstand innerjüdischer Debatten auf der ganzen Welt ist.

DAS deutsche Auge. Deutsche haben nicht rd. 160 Mio. Augen, sondern genau nur eines. Aber ja, dass es innerjüdische Debatten zum Thema Palästina gibt, ist kein Geheimnis – soll der WDR jetzt den Ausgang dieser Debatte abwarten?

Dass diese Debatten oft um einiges differenzierter verlaufen als jede Debatte im deutschen Mainstream.

Vllt. sollte sich Frau El-Hassan einfach bei einem jüdischen Medium bewerben – offenbar gefällt ihr die jüdische Debattenkultur ja viel besser als die deutsche.

Wer jüdisch ist, ist nicht automatisch rechtskonservativ und glühender Verfechter des Siedlungsbaus der israelischen Regierung.

Aber wer palästinensisch ist, ist automatisch gegen Israel?

Und wer jüdisch ist, ist auch nicht automatisch dafür, dass sämtliche Debatten über Palästina – auch solche, die nicht im Vagen bleiben und sich Frieden lediglich symbolträchtig herbeiwünschen – unterbunden werden.

Kein Mensch hat behauptet, das Juden sämtliche Debatten über Palästina unterbinden wollen, oder auch nur einige. Es ist tatsächlich ein Vorurteil über Juden, Debatten zu wollen. Was für ein durchschaubares Ablenkungsmanöver.

Avi Primor und Moshe Zimmermann kommen letztlich zu dem Schluss, dass der Artikel der Bild darauf abzielte, „eine Frau mit palästinensischem Hintergrund zu diskriminieren“.

Känzel-Kultur halt.

Meine Generation, die hier geboren und aufgewachsen ist und ihre Wurzeln in Palästina hat, ist mit der kollektiven Erfahrung aufgewachsen, dass unsere Eltern uns stets eingebläut haben zu schweigen, wann immer es um Nahost geht.

„Einbläuen“ heißt „schlagen, wobei man blaue Flecken verursacht“. Brutal! Also schweigen Palästinenser nicht nur zu Israel, sondern auch zum Golfkrieg? Oder wird hier maßlos übertrieben?

Weil sie offenbar wussten, was wir nicht wahrhaben wollten: dass allein unsere bloße Existenz in diesem Land eine Provokation darstellt und unsere Solidarität mit den palästinensischen Menschen in Nahost unerwünscht ist.

Wer wird provoziert? Die Juden? Die nicht-jüdischen Deutschen? Die gesichtslose globale Weltverschwörung der Palästinenserhasser? Natürlich fänden Franzosen, Italiener und Engländer das super, aber wer will da schon leben?

Wir sollten schweigen, wenn Menschenrechtsverletzungen geschahen, wir sollten schweigen, wenn Palästinenser vertrieben wurden, wir sollten schweigen, wenn hier in Deutschland eine Symmetrie in kriegerische Auseinandersetzungen hineinfantasiert wurde, die nie existierte.

Naja, als Israel, gerade gegründet, von allen Nachbarländern angegriffen wurde, hat man ja gesehen, dass das keine symmetrische Auseinandersetzung war. Und Terroristen sind der Inbegriff asymetrischer Kriegsführung, also: D’oh! Es ist nicht verboten, pro Palästina zu sein. Es wäre aber ein Problem, wenn sagen wir ein Hamas-Sympathisant im ö.r.R. arbeitet. Oder ein Taliban.

Die Situation in Israel und Palästina ist de facto einzigartig.

China?

Meine Großmutter musste mehrfach fliehen, als Israel entstand.

Leute, die sich besser auskennen, erzählen, dass das an den Truppen aus Jordanien oder dem Irak lag, die Israel angriffen. Weil ihre Großmutter aus Nablus ist, was nie zu Israel gehörte.

Das Dorf, in dem mein Vater geboren wurde, existiert nicht mehr.

Diese verdammte Braunkohle. (Ernsthaft, die genauen Zusammenhänge wären interessant – war das jetzt die Schuld der Israelis?)

Meine Mutter wurde als Jugendliche in den engen Gassen ihres Heimatdorfs im Süden Libanons von israelischen Soldaten angeschossen, während ihre Mutter, unfähig einzugreifen, ohne sich in Lebensgefahr zu begeben, dabei zusehen musste.

Wieso ist eine Frau aus dem Süden des Libanons Palästinenserin?

Morgens haben meine Tanten als Mädchen und junge Frauen den Dreck weggemacht, den die israelischen Soldaten über Nacht auf der Terrasse ihres Elternhauses hinterlassen hatten.

Ohnein, wie schrecklich. Krieg ist die Hölle, ich sach’s Euch.

Mein Onkel, der Soldat in der libanesischen Nationalarmee war, wurde während des Kriegs 2006 von israelischen Soldaten in Gefangenschaft genommen.

Immerhin erzählt sie nicht, dass Frauen am meisten betroffen sind.

Ich bin und bleibe Palästinenserin, ob das der deutschen Öffentlichkeit nun genehm ist oder nicht. Und ich verwehre mich dagegen, diesen Teil meiner Identität zu verleugnen.

Es ist mir völlig egal, ob Du Palästinenserin bist oder Libanesin. Ich erkenne den Unterschied sowieso nicht, sofern es überhaupt einen gibt, wenn die Familie einer Palästinenserin offenbar libanesische Staatsbürger sind.

Die letzten Wochen zeigten, dass ich im Land der Täter qua Geburt zur Antisemitin erklärt werden sollte. Wie kommt man dazu?

Nicht qua Geburt. Mehr durch Selbstdarstellung. Finde ich wohl irgendwelche Palästinenser, die mir da zustimmen, oder denken alle Palästinenser gleich?

Welche psychologischen Prozesse arbeiten im kollektiven Gedächtnis der Deutschen, die ermöglichen, die eigene Geschichte derart umzudeuten, dass Antisemitismus immer nur bei „den anderen“ – beziehungsweise den zu „den anderen“ gemachten – verortet wird?

Ja, Deutsche sind halt alle Rassisten. Das liegt ihnen im Blut. Oder an ihrem Kulturkreis. Wir können da nichts zu. Beschwere Dich also bei Deinen Eltern, die unbedingt nach Deutschland wollten.

Dass Schuld systematisch ausgelagert wird, auf „die Palästinenser“, „die Araber“, „die Muslime“ – die vermeintlich neuen Antisemiten.

Gut, so formuliert ist das natürlich Schwachsinn. Islamischer Antisemitismus ist auch nicht so viel neuer als christlicher.

Bin ich in den Augen des Senders nun eine handfeste oder nur eine verkappte Antisemitin? Dann dürfte man mir – nachvollziehbarerweise – auch nicht das Angebot machen, hinter der Kamera als Autorin tätig zu sein, wie man mir seitens des WDR vage in Aussicht gestellt hat. Bin ich es nicht? Warum wurde ich dann gefeuert?

Das ist in der Tag eine einleuchtende und nachvollziehbare Frage. Zum Glück hat der WDR den Artikel gelesen und diesen doppelmoralischen Widerspruch aufgelöst – wie Hitler beim Röhm-Putsch. Jetzt arbeitet el-Hassan auch nicht mehr als Autorin beim WDR.

Das, was unsere palästinensischen Eltern uns im Subtext mitteilten – wofür sie keine Sprache fanden und umgekehrt Sprachlosigkeit von uns einforderten – war, dass wir nur so lange in diesem Land geduldet sein würden, wie wir den Konsens der Mehrheitsgesellschaft nicht antasteten.

Ich WETTE, im Libanon ist das völlig anders.

Aber zum Glück gibt es ja keine Cancel Culture. Es gibt vllt. Leute, die jemanden canceln wollen, aber das führt ja immer dazu, dass die betreffende Person hinterher mehr Reichweite hat als vorher. El-Hassan arbeitet weiterhin beim ö.r.R., nämlich beim ZDF.

edit Tippsel, Grammatik, doppelte Verneinungen

2 Gedanken zu “Dealt mit Anti-Antisemitismus

  1. Die dreht ja völlig frei, die Frau. 0 Argumente, dafür viel NaziräächtsböseNazirechtsböseNazirechts, und sich darüber beschweren, dass man ihr die Fähigkeit, „wissenschaftlich“ zu denken abspräche, nur weil sie neo-links-woke Antisemitin ist, obwohl das ein recht eindeutiger Beleg dafür ist, dass sie überhaupt nicht denken kann. Merkt man auch an Sätzen wie „habe ich mich frühzeitig in einem Spiegel-Interview entschuldigt“ – du kannst dich nämlich nicht selber entschuldigen, Mädchen. Du könntest um Entschuldigung bitten, das machst du aber nicht, und ich entschuldige es ganz sicher niemals, dass du Deutschland als „Täter-Land“ bezeichnest.

    Ich entschuldige auch nicht die Frechheit, sich als Libanesin als Palästinenserin zu sehen; die Bundesrepublik hat im Gegensatz zum Libanon nämlich dem jüdischen Staat keinen Vernichtungskrieg erklärt, und im Gegensatz zu Palästinensern beschießen wir auch keine jüdischen Wohngebiete mit Raketen.

    Ich entschuldige es auch nicht, dass der deutsche Steuerzahler der Dummnuss offenbar ein Medizinstudium bezahlt hat, und sie nicht als Ärztin arbeitet. Da merkt man ihre Verlogenheit; wenn ihr wirklich was an ihren palästinensischen Landsleuten liegen würde, könnte sie ja da runterfliegen und verkrüppelten Kindern die Beine amputieren, wenn ihre Gesinnungsgenossen das mit den Raketen auf Wohngebiete mal wieder eine tolle Idee finden, was die Israelis eher nervt, aber dann halt mal ein paar Smartbombs mit F-16 – Kampfjets fallen lassen.

    Ich habe zudem von verblödeten Linken gelernt, dass „ich hab Neger als Freunde, ich kann kein Rassist sein“ nur eine Ausrede sei, was in der Form zwar vollkommener Schwachsinn ist, aber nur, weil die blöde Kuh ein paar israelhassende Juden verteidigen, heißt das nicht, dass die nicht ebenso antisemitisch sind. Es gibt auch deutschlandhassende Deutsche; zwei davon sind sogar Bundestags-Vizepräsidenten. Das ist nur strunzdämlich, nicht logisch unmöglich. Es ist aber logisch falsch; dazu müsste man aber denken können.

    Ich werde auch nicht „die deutsche Verantwortung“ für irgendwas diskutieren, was Israel macht, die ist nämlich bei genau 0. Ich hab so das dumpfe Gefühl, dass die Frau irgendwie will, dass wir uns dafür schuldig fühlen, dass unsere Urgroßeltern vor 80 Jahren das mit dem „Juden vernichten“ nicht so toll geschafft haben. Im Gegensatz zu der Dummtrulla haben „wir Deutschen“ aber eingesehen, dass das ein Fehler war, dafür um Entschuldigung gebeten, und die wurde uns auch gewährt; Juden sind typischerweise nämlich nicht blöde. Schröder durfte, repräsentativ, sogar in Yad Vashem die ewige Flamme aufdrehen. Freilich hat er sie gelöscht, was dann wohl nochmal 50 Jahre um Entschuldigung bitten bedeutet, aber so wirklich interessiert das eigentlich niemanden mehr.

    Und jetzt schieben wir die Frau bitte ihn ihre Heimat ab. Ich saß im Sommer in der Türkei in meiner Lieblingsbar, kam ein kleiner Junge und nahm meine Zigarettenschachtel vom Tisch. Ich hab ihm die dann weggenommen, bevor er eine Zigarette isst; kam dann Papa dazu und bat um Entschuldigung. Ist kein Problem, sagte ich; meine Nichte macht das auch zu gerne. Und weil ich nach Ansicht verblödeter woker Linker ein entsetzlicher Rassist bin, fragte ich, wo er herkommt, weil sein Englisch klang als läge Liverpool bei Gizeh.

    „Palestine“, sagte er, „do you know where that is?“
    „Yes“, antwortete ich, „I’m German. And I’m sorry to hear that. I just hear things, but it’s not the best place to live, I think“.
    „Yeah“, lacht er, “ we try to get out as much as we can“.
    „But don’t you have beautiful beaches?“
    „Oh, our beaches are incredibly beautiful; really, really picturesque. But they are mined, and there’s Israeli soldiers randomly shooting at people, so you don’t really wanna go there“.

    10 Minuten Realität tun gut.

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