Auch, wenn ich eigentlich der Ansicht bin, dass eine Sache/Person/wasauchimmer in einer Geschichte erstmal das ist, was die Geschichte sagt, und höchstens in zweiter Linie eine Allegorie im richtigen Leben hat, so halte ich es für plausibel, dass die Darstellung von Orks weder rein willkürlich noch rein zufällig ist, sondern dass Parallelen zwischen den Klischees über Orks und „toxische Männlichkeit“ einen Grund haben.
Tolkien meinte mal, dass im ersten Weltkrieg alle Soldaten „Orks“ gewesen seien. Umgekehrt wird der „Prototyp“ des sogenannten „toxischen Männlichkeits“-Verhalten auf die Erziehung als/zum Soldaten zurückgeführt.
Und dann wären Orks einfach Soldaten eines recht industrialisierten Krieges – oder auch die überzogenen Version derselben – die in einem mittelalterlichen Szenario, welches jetzt auch nicht gerade die pazifistischste aller Epochen war, fehl am Platze sind, aber ursprünglich zu „modern“ statt zu „steinzeitmäßig“ für ihre Umgebung sind. Was sich jetzt in anderen Fantasy-Reihen tatsächlich angepasst ist.
Jetzt ist die Frage, wieso es sein kann, dass Orks und ihre Epigonen nicht NUR als Gegner taugen, sondern dass sich Leute derartig mit ihnen sympathisieren können, dass man sie als Helden sieht – in Büchern, Computerspielen, Filmen, Rollenspielen, Tabletop und vermutlich auch Comics? Es ist nämlich nicht so, dass die „guten“ Orks grundsätzlich anders sind als die „bösen“ Orks. Eine Erklärung wäre natürlich, dass Heldentum ein Stück weit auch langweilig ist. Ein anderes, dass in vielen solcher Geschichten „gut“ und „böse“ entweder nur sehr schwammig definiert sind, oder, dass die Grenzen quer durch alle Völker und Fraktionen verlaufen. Die Feministische Erklärung ist vllt., dass Orks eben toxische Männlichkeit in Reinform sind, und Männer das tatsächlich gut finden.
Aber die Erklärung, die ich für insgesamt am besten halte ist die, dass „reale“ Soldaten aus dem 1. WK ja auch als Helden taugen. Jetzt nicht unbedingt JEDER von denen, aber spannende Geschichten haben einen Konflikt und eine Hauptperson, die für die anstehenden Probleme und Gefahren nur mittelgut gerüstet ist. Und dann ist man an der Stelle, dass Empathie keine nützliche Tugend mehr ist, sondern ein Problem. Oder dass riskantes, prinzipiell selbstzerstörerisches Verhalten kein schädliche Laster mehr ist, sondern eine Notwendigkeit.
Womit ich nicht sagen will, dass solche Eigenschaften gut sind, weil in Kriegen nützlich, sondern dass Kriege schlecht sind, weil sie u. a. solche Eigenschaften fördern – neben vielen anderen Nachteilen von Kriegen.
Ich bin nicht ohne Grund Zivi geworden. Es nervt aber, dass diegleichen Leute, die dauernd „toxische Männlichkeit“ kritisieren, dieselben Eigenschaften von Männern einfordern, wenn die Umstände andere sind, aber ohne genug Reflektion, um zu erkennen, dass das dasselbe ist.
Immerhin, de Popkultur ist in DEM Punkt weiter als das richtige Leben.
Und irgendwann, irgendwo treffen sich orkige Gesellen, ohne sich umzubringen, und der eine sagt:
„qepmaj repDaq boch Hev!“ (Treffen-unser Stunde-bei/-wärts scheint Stern)
und der andere erwiedert:
„Shierak shekhikhat kashaan shiloli kishi!“ (Stern leuchtet* „in Richtung Zeit**“ der Begegnung/des Kennenlernens*** unserer/s)
Orkischer können Sprachen nicht klingen.
Dt.: „Ein Stern leuchtet auf die Stunde unserer Begegnung.“
Die elbische Begrüßung, für die Tolkien überhaupt erst angefangen hat, Schriftsteller zu werden.
(Die Übersetzung der hochelbischen Formel lautet sonst „Ein Stern leuchtet über der Stunde unserer Begegnung“, aber „auf“ wäre ebenfalls eine korrekte Übersetzung des Allatives. Und wenn Quanya, Klingonisch und Dothraki jeweils einen Allativ haben, wird der eine Allativ mit dem anderen ersetzt.
*Ableitung von „shekhikh“: Leuchte
**Allativ von „kashi“: „Zeit“, Stunden gibt’s bei Dothraki nicht, aber „lúmë“ kann auch „Zeit“ statt „Stunde“ heißen, von daher passt das.
*** Genitiv von „shilol“, Hauptwort-Zurückbildung aus „shilolat“: treffen, kennen lernen.
„Tolkien meinte mal, dass im ersten Weltkrieg alle Soldaten „Orks“ gewesen seien.“
Und im Gegensatz zu allen Feministinnen wusste er, was er da sagte. Er war selber im Kampfeinsatz an der Westfront (unter anderem an der Somme, der Schlacht mit den größten Verlusten).
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Ich glaube, von ihm aus gesehen war das die Ostfront, aber grundsätzlich hast Du Recht!
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