Feministische Kultur!

Bei Jetzt gibt eis immer die besten Fragen. Es gibt übrigens keine schwule Fragen, es gibt nur schwule Menschen.

Frauen, dürfen Schwule feministische Kultur kapern?

(Irgendwie bezweifle ich, dass das den meisten Schwulen sehr egal ist, aber egal, hier wird in Kollektiva gedacht und geredet!)

Schwule! Deutsche Schwule und Schwule aller anderen Länder! Was soll die Frage? Falls Ihr es nicht nicht mitgekriegt habt, in dem Schrank, in dem Ihr Euch die ganze Zeit versteckt oder der Besenkammer – wir leben jetzt (inzwischen (also seit der Wende (der Jahrtausendwende (also, seit zehn Jahren auf jeden Fall)))) in einer freien, pluralistischen, multikulturellen, toleranten, freien, sozialen, offenen, gerechten, gleichen. demokratischen und vor allem schönen Gesellschaft! Natürlich dürft Ihr das NICHT! Es ist absolut wichtig und notwendig, dass alle Menschen sich exakt im Rahmen ihrer jeweiligen Gruppe bewegen und nicht einfach was machen, wozu sie gerade Lust haben! Ihr wollt doch auch nicht, dass irgendwelche Heteroas oder Lesben Elton John, Queen oder sogar Wham! (sic: hier mit !) mögen, oder sogar mitsingen, oder?

letztens lag ich mal wieder auf meiner Yogamatte und hörte Musik statt Sport zu machen.

Übrigens, Freddy Mercury war eigentlich Parse. Für kulturelle Errungenschaften der Inder braucht Ihr natürlich noch eine Sondergenehmigung der indischen Regierung.

Die Playlist, die ich meistens dabei laufen habe, heißt „Gay Anthems“. 33 Stunden und 27 Minuten Whitney Houston, Cher, Anastacia – alles was, meiner Meinung nach gut ist.

Das ist Popmusik und als solche für ein möglichst großes Publikum gedacht. Was genau das Schwule dabei sein soll, weiß der Gilb.

Ist das eigentlich okay für euch Frauen?

„Frauen“ oder „Feministinnen“?

Was mich wirklich beschäftigt: Die Lieder, zu denen ich gröle, stehen eigentlich für Female Empowerment. Für die Stärke einer Gruppe, die sich gegen eine Welt auflehnt, die immer noch von weißen Männern dominiert wird.

Leute, die mit weißen Männern ins Bett gehen, sind nicht notwendigerweise besonders rebellisch unterwegs.

In Szene-Clubs singen dutzende schwule Männer wie ich „Girls Just Want to Have Fun“.

Und Heteros nicht? Das ist eigentlich die Rechtfertigung, Frauen überhaupt erst anzusprechen…

 Und in Serien wie Prince Charming, die schwule Version des Bachelors, rufen sich die Männer gegenseitig kichernd „Gurl“, „Schwester“ oder auch „Bitch“ zu.

Ok, das ist vermutlich sexistisch. Andererseits, das ganze Konzept ist jetzt nicht gerade vor dem Hintergrund eines spannungsfreien Zusammenlebens der Geschlechter entwickelt worden, was soll man groß erwarten? Außerdem, Heterokram einfach in schwul nachdrehen ist ebenfalls kulturelle Aneignung, aber eigentlich ist Bachelor auch nur mir viel Ironie als Kultur einzustufen, also gönnt Euch.

Geht das alles zu weit? Ein bisschen fühlt es sich für mich so an. So, als würde ich mir den Glanz des Frauseins wie ein Kostüm überstülpen, ohne das Recht dazu zu haben.

Hey, Du bist schwul, oder? Nicht Transvestit oder transsexuell, oder?

Denn ich genieße zwar die Vorzüge, zum Beispiel das Gefühl der Stärke in der feministischen Musik – aber die Diskriminierung, die Frauen erleben, muss ich nicht ertragen.

Meines Wissens gibt es kein Land mehr auf der Welt, in dem Menschen hingerichtet werden, weil sie Frauen sind. Bei Schulen ist das leider anders. In D. ist das übrigens auch noch nicht so lange her; manche der hingerichteten männlichen Homosexuellen könnten noch am Leben sein.

Klar, als homosexueller Mann bin auch ich mit Benachteiligung konfrontiert. Gerade deswegen liebe ich die Musik von Sängerinnen vermutlich so sehr.

Weil DIE Dir irgendwie helfen?

Gleichzeitig muss ich mir aber nicht anhören, dass ich mich entweder zu prüde oder zu freizügig kleide.

Wenn Du Dich nicht prüde oder freizügig kleidest, liegt das an Dir, nicht an „der“ Gesellschaft. Dass man Schwulen nie „zu“ freizügige Kleidung vorwirft, halte ich für sehr gewagt. Höchstens der „zu prüde“ Vorwurf kommt selten oder nie.

Ich werde nicht unterbezahlt, nur wegen meines Geschlechts.

Ja, und Schwule fragt man auch so selten, wie es mit der Familienplanung aussieht. Aber hey, soll das heißen, dass sich schwule Fußballer als schwul outen dürfen? Ich habe keine Fußballer-Freunde, ich frage nur aus Neugier.

Und ich muss nachts auf dem Weg nach Hause wohl kaum Angst vor Männern haben, die ein Nein nicht akzeptieren.

Es sind aber schon Männer überfallen UND getötet worden, weil sie schwul waren. Ist ja schön für Dich, dass Dir das nicht passiert ist, aber nunja.

Und trotzdem liege ich auf meiner Yogamatte und schreie Beyoncés Frage „Who run the World?“ immer wieder „Girls“ entgegen.

Ja, wieso „trotzdem“ eigentlich? Offenbar hältst Du Deine eigenen Probleme für vernachlässigbar.

Ich will gar nicht sagen, dass hetero Männer diese Musik nicht auch hören.

Du hast nichts gegen Heteros. Irgendwelche Typen, die Du duzt, sind bestimmt Heteros. Leider fehlt Dir offenbar jedes Verständnis für sie.

Vielleicht tun sie das ja ständig. Heimlich, unter der Bettdecke.

Dusche. Auto. Oder Wohnzimmer. Bettdecke ist Gift für die Akustik.

Aber den Club, in dem hunderte hetero Männer inbrünstig Man! I Feel Like A Woman! von Shania Twain singen, muss ich erst noch finden.

Ja, apropo mitsingen, singt Ihr Schwulen eigentlich auch darüber, dass Ihr Eure Partner töten werdet, wenn sie Euch nicht gehorchen? Frauen machen das nämlich.

Liebe Frauen, wie findet ihr es, wenn wir schwule Männer feministische Kultur abfeiern? Kapern wir eine Kultur, die uns nicht gehört?

Würdet Ihr auch Heteros fragen, ob Ihr Lieder von Heteros singen dürft? Pop oder nicht?

es ist ja nur menschlich, sich ab und an zu fühlen, als hätte jemand einem die Butter vom Brot gestohlen.

Vor allem, wen jemand einem Butter vom Brot gestohlen HAT. Madonna-Lieder nutzen sich nicht ab, weil sie von Schwulen gesungen werden.

Wenn … die Dozentin ausgerechnet dem faulsten Ei eine mündliche Eins gibt:

Wenn DER Dozent das machte, wäre es entweder sexistisch, weil das faulste Ei das tiefste Dekollte hat, oder weil es männlich ist. Dozentinnen sind aber nie unfair.

In diesem Falle kann ich aber aus vollem Herzen sagen: Keine dieser niederen Emotionen kommt in mir hoch, wenn ich mich euch beim „Herabschauenden Hund“ vorstelle

Ist das eine Yoga-Stellung oder eine aus dem Kamasutra?

„Giihhiirls juhhuust whahanna have fuu…uun…nnh“, keuchend.

Girl so: „Ja, dann mach auch!“

Ihr schwulen Männer und wir Frauen sind eine Schicksalsgemeinschaft und waren es auch schon immer:

Chrchrchr…

Und da wäre es einfach dicke kontraproduktiv, sich auf irgendwelche popkulturellen Territorial-Kämpfe zu versteifen.

Diese Fragen habt Ihr Euch doch nur ausgedacht, um diese Antworten geben zu können.

Trotzdem finde ich es irgendwie lieb, dass ihr nach unserem Einverständnis fragt.

Nein, bescheuert. Das Wort ist „bescheuert“. Bei Wahlveranstaltungen und Werbeclips braucht man die Erlaubnis von Madonna oder Beyonce, aber nicht die von „Frauen“ im Kollektiv.

Es gibt bestimmt Frauen, die ein klein wenig neidisch darauf sind, dass die Geschichte der Popkultur viel stärker mit der Schwulen-Szene assoziiert wird als mit dem Feminismus.

Eigentlich sind die darauf neidisch, dass sich Schwule tatsächlich für Kunst, Kultur und andere Dinge interessieren, die einfach schön sind und wenig bis gar nichts mit Geschlechterthemen zu tun haben, während Feminismus überall nach Sexismus suchen, und alles anprangern, worin sie welchen finden, und alles ignorieren, worin sie keinen finden. Aber ja, der Neid ist nicht ganz unbegründet.

Übrigens: Wir stellen uns die gleiche Frage auch umgekehrt.

Wieso stellt Ihr Euch die Frage selber? Das ist unlogisch und ergibt keinen Sinn. Macht doch mal die Geschlechtertauschprobe nach Stokowski: Würdet Ihr es gut finden, wenn ein Hetero darüber singt, dass der Kopf seiner Freundin weg ist, wenn sie nicht macht, was er sagt?

Ein Gedanke zu “Feministische Kultur!

  1. „Ich werde nicht unterbezahlt, nur wegen meines Geschlechts.“

    Ich wurde auch nie unterbezahlt wegen des Geschlechtes.

    Nur dafür, dass ich mein Maul nirgends auf bekam. Meine Leistungen unter den Teppich kehrte. Jahrzehnte in nicht sichtbarer Angst (wg der eigenen Mutter und „Erziehung“) leben musste und deswegen stets unterster Bittsteller war.

    Ich hätte auch ewiglich, weil stets schnell wohltuend und ALLES erklärend, sagen können: „Die sind schuld!!“

    Hab ich auch. Aber irgendwann muss man die Emotionen auch mal raus gelassen haben, wieder vernünftig werden und sich fragen: „Was habe ich eigentlich zugelassen, damit die das mit mir machen konnten?“

    DANN ändert sich die Welt. Komplett. Aber Hey, nur die Erfahrung eines alten, weißen Mannes… muss man nix von lernen. Von wegen: >“und wir müssen es für alle wollen“ – –

    „Es gibt bestimmt Frauen, die ein klein wenig neidisch darauf sind, dass die Geschichte der Popkultur viel stärker mit der Schwulen-Szene assoziiert wird als mit dem Feminismus.“

    Kein Wunder. Schwule haben Gefühl und Empathie und gehen m.E.n. trotz langer gesell. Unterdrückung offen mit Heteros und allen anderen um. Frauen ebenfalls. Nur der Feminismus halt nicht. Da bist du prinzipll schuld, weil du einen Penis hast. Lernt mal von denen!

    > – –

    „Sondern weil es mich nullkommagarnicht stört, wenn Schwule oder andere queere Menschen feministische Kultur feiern.“

    Wo ist das Problem einfach zu schreiben: „wenn ALLE Menschen fem. Kultur feiern“?

    Ist es ihr nicht wichtig, dass andere „mehr“ davon abbekommen? Da ist es doch ziemlich egal, welcher Schublade ER angehört, oder nicht?

    Nein.

    Seht ihr. SO wird ausgegrenzt. Heteros nicht erwünscht. Und nein: „Jetzt sind wir halt mal dran1!!11“, gilt nicht.

    BTW: Wenn der eigene Hetero-Freund plötzlich den ernsthaften Wunsch äußern würde, mitfeiern zu dürfen, dürfte er das? Also ohne, dass man ihn tags darauf mit anderen Augen sehen muss.

    > – –

    „Mein Feminismus kann nicht bei weißen Mittelstandsfrauen enden“

    Und was machste, wenn eine Schwarze Frau mit der Einstellung einer weißen Mittelstandsfrau vor Dir steht?

    BTW: schon wieder eine Stigmatisierung/Ausgrenzung/Rassismus.

    > – –

    „Ich „sashay away“ jetzt, hochachtungsvoll Eure Frauen“

    Ich sachanilinski – Prost! – dann ma: Gehört die weiße Mittelstandsfrau auch dazu, oder sind das keine Frauen mehr? Oder ist nur Frau, wer diesem (bestimmten) Feminismus folgt?

    Warum fragt sie eigentlich nicht alle Frauen ob sie was dagegen haben, dass sie plötzlich für alle Frauen redet? Ist das nicht auch irgendwie ein schlechtes Gefühl des „weg-nehmens“?

    Nö.

    Da passt´s ja auch in den Kram und macht ein wenig bedeutender.

    > – –
    > – –
    > – –

    Interessant, auf welch absurde Fragen man kommt und wie viel Zeit ich damit verbringen kann 😉

    Der Ausgangsfrage nach, müsste ich ihn nun fragen: Fühlst du dich eigentlich schlecht dabei, wenn du die Hetero-Welt in Anspruch nimmst? Die Straßen haben starke Heteros gebaut… auch noch mit nacktem Oberkörper. Ist bestimmt auch noch Schweiß auf´m Asphalt übrig geblieben.

    So wie der Artikel auf mich wirkt, stellt Er die Frage, für die er, und sie auch, andere privilegierte, alte, weiße … naja, was sind sie für sie schon?…gemeinhin anprangern. Nämlich, in Schubladen zu denken. „Darf ich das, weil es ja gar nicht meiner Popkultur zugesprochen wurde?“

    Wie Du schon richtig schriebst. Lizenzgebühren, die zählen. Ansonsten ist die Musik für Alle. Was ist so schwer daran zu kapieren?

    Lese ich ihren Text, dann drängt sich mir umgehend auf: „Ah. Jemand war artig, und hat „Frau“ um Erlaubnis gebeten.“ Somit sind tendenziell eher narzistische Bedürfnisse erfüllt und die Königin antwortet wohlwollend und aufbauend.

    Hätte sie wirklich interesse an gemeinsam-: „Wir alle müssen mehr wollen, und wir müssen es für alle wollen“, dann hätte sie ihm mal unter vier Augen gesagt, wie peinlich solche spezifischen Fragen sind und dass man damit in der Öffentlichkeit nicht zwingend der Sache dienlich sein kann.

    Nun denn!

    War schön auf Deiner Website!

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