Die Heinrich-Böll-Stiftung interviewt.
„Auch Männer werden nicht als Männer geboren, sondern zu Männern gemacht”
Hat eigentlich niemand bestritten, außer bei Chuck Norris. Der ist als Chuck Norris entstanden und kann nicht zum Mann werden, weil das ein Rückschritt wäre.
Ein Geschlechterforscher und ein Fachmann mit aktivistischem Hintergrund entwerfen gemeinsam einen „Orientierungsrahmen“ für eine „geschlechterreflektierte“ Arbeit mit Jungen, Männern und Vätern.
Wenn Migrationshintergrund heißt, man hat ein Eltern- oder Großelternteil mit ausländischer Staatsbürgerschaft, was soll dann wohl „aktivistischer Hintergrund“ heißen? Und wieso stehen da Sachen in „Gänsefüßchen“, das heißt doch normalerweise, das man sich mit dem Begriff nicht ganz identifiziert?
Ihr kommt aus unterschiedlichen beruflichen Kontexten. Wie können Männerarbeit und Gender Studies voneinander profitieren?
Genderstudies profitieren davon, dass jemand ihre Gebäude gebaut hat, eine Arbeit, die hauptsächlich von Männern erbracht wird.
Luterbach: Geschlechterforschung beschäftigt sich mit der Bedeutung von Geschlecht und der herrschenden Geschlechterordnung. Sie geht meist aus von feministischen Fragestellungen, die wichtig sind, um die Entwicklung des Fachs zu verstehen.
Ja, genau. Sonst steht man davor und hat keine Ahnung, was das soll.
Es wurde deutlich, dass aus dieser Perspektive auch anders auf Männlichkeit(en) geschaut werden kann.
Jaaaaa, kann. Aber das passiert ja selten. Die meisten Gender-Studies-Belegende reproduzieren nur ihre Vorurteile über Männer.
Viele Männer fanden so die Möglichkeit, die mit ihrer Rolle verbundenen Zumutungen und Leiderfahrungen kritisch zu thematisieren und deutlich zu machen, dass diese nicht von Natur aus so sein müssen.
Dazu habe ich keine Geschlechterforschung gebraucht. Also rein gar nicht. Und jetzt würde ich mich gerne an der Stelle als besonders kluk praisen, aber ehrlich gesagt, nee.
Kritische Männerarbeit startete mit dem Anspruch, eigene Möglichkeiten der Lebensgestaltung jenseits der vorherrschenden Männlichkeitsnormen zu entwickeln.
Geil, oder? Weil Männer zu dumm sind, sich selbst zu verwirklichen, woll?
Es gibt also Schnittpunkte und Fragestellungen, die sich aus der Praxis entwickeln, aber auch die Forschung inspirieren und auf Veränderungen hinweisen, die wissenschaftlich noch wenig betrachtet worden sind.
Ich muss nicht in einem Schützengraben verrecken, ich muss nicht bei einem Arbeitsunfall sterben, ich muss nicht beim Flirten den ersten Schritt machen. Das Leben kann so schön sein.
Theunert: Unsere unterschiedlichen Kontexte haben wir in der Zusammenarbeit stark gespürt. Matthias ist Geschlechterforscher, ich bin Psychologe, er arbeitet an der Universität, ich in einer Nichtregierungsorganisation.
Kommt einer von denen wohl aus einem Arbeiter- oder Handwerkerhaushalt?
Wir mussten Brücken bauen, das fand ich anstrengend und fruchtbar zugleich. Wir wollten die praktische Männerarbeit auf ein geschlechtertheoretisches Fundament stellen.
Weiß eine von denen, wie Brücken gebaut werden? Also reale, keine metaphorischen?
Dafür braucht es Verständigungswillen, die Bereitschaft, bei Differenzen genau hinzuhören und eigene Perspektiven und Prämissen zu hinterfragen.
Ja, schon, aber so unterschiedlich finde ich die beiden jetzt nicht.
Ihr bezieht euch auf das „“Männerpolitische Dreieck“”, das der US-amerikanische Soziologe Michael Messner entwickelt hat. Könnt ihr dieses Konzept erläutern?
Muss ich googeln?
Wenn Männer sich für Gleichstellung engagieren, findet das stets in einem Spannungsfeld statt: Einerseits sind sie noch immer privilegiert, in einem patriarchalen System, gleichzeitig aber leiden sie unter dem, was dieses an Männlichkeitsnachweisen einfordert
Nein. Bzw., ja, in manchen Situationen sind Männer im Vorteil, in manchen im Nachteil. Darauf hinzuweisen ist kein „Spannungsfeld“.
Leistung immer und überall oder die Bereitschaft zur Selbst- und Fremdausbeutung beispielsweise.
Wenn Frauen keine Bereitschaft zur Selbstausbeutung haben „müssen“, Männer aber schon, ist das ein weibliches Privileg.
Sollen sie in dieser Situation Privilegien oder Leiden in den Vordergrund stellen?
Warum nicht beides? Es wäre für die Versachlichung der Diskussion aber enorm wichtig, „Privilegien und Leiden“ „Vor- und Nachteile“ zu nennen.
Das ist die zentrale, aber schwierige Frage für Männer im Gleichstellungsprozess: Wie stark sind sie feministische Unterstützer und wie stark dürfen und können sie eigenständige männerpolitische Akteure sein?
Nachdem Feministinnen, wenn sie von Männerproblemen hören, typischerweise mit Gleichgültigkeit, Unglauben oder Schadenfreude reagieren, muss ich nicht besser sein.
Messner schlägt vor, Kosten und Privilegien traditioneller Männlichkeit zu beleuchten wie auch die Unterschiede innerhalb der sozialen Gruppe „Männer“ auf dem Radar zu halten. Wir haben daraus das Konzept der dreifachen Anwaltschaftlichkeit abgeleitet.
???
Es sagt, dass progressive männerpolitische Akteure mehrere Rollen zugleich wahrnehmen sollten: Sprachrohr männlicher Anliegen und Verletzlichkeiten, Unterstützer von Frauen und Teil einer größeren Allianz, die „Equality for all gender“ fordert.
Ist das diese „Leistung“, die Männer erbringen sollen, indem sie sich für sich selbst und andere ausbeuten? Aka das, was weiter oben explizit als Beispiel für männliches „Leiden“ genannt wurde? Falls nicht, was sonst? Falls doch, was zum Frell???
Gleichstellung so verstanden ist untrennbar mit dem Ringen um soziale Gerechtigkeit verbunden.
Irgendwie versteht jeder „Gleichstellung“ anders. Gleichberechtigung ist mit Gerechtigkeit verbunden, das ist recht trivial.
Ein weiteres Dreieck ist das Konzept der dreifachen Entwicklung, das im Zentrum unseres fachlichen Orientierungsrahmens steht.
Alte Erwartungen durch neue zu ersetzen, anstatt sie ersatzlos zu streichen, ist jetzt irgendwie keine Verbesserung.
Was beinhaltet dieser Orientierungsrahmen, der im Vorwort als das Herzstück des Buches bezeichnet wird?
Theunert: Im Kern heißt das, dass geschlechterreflektierte Arbeit mit Jungen, Männern und Vätern unterstützend, begrenzend und öffnend sein muss.
Grenzen und Öffnungen sind eher ein Gegenteilpaar.
Das klingt einfach, bei näherem Hinsehen zeigt sich aber, wie komplex jede der drei Anforderungen ist.
Nein, das klingt nicht einfach, sondern unnötig kompliziert. Aber gut, dass das denen selber auffällt, nach näherem Hinsehen…
Luterbach: Wir wollen Orientierung geben, den geschlechtsspezifischen Anforderungen und Vorstellungen von Männern empathisch zuhören.
Jaja, Männer sollen ihre eigenen Probleme lösen UND die von Frauen UND die von der Gesellschaft als Ganzes. Einfach 40 h/Woche malochen reicht nicht mehr.
Wir wollen aber auch eine eigene geschlechtertheoretische und geschlechterpolitische Haltung entwickeln und diese in die Männerarbeit einbringen.
Ist „Männerarbeit“ jetzt arbeit mit Männern oder von Männern? Für Männer scheind sie jedenfalls nicht zu sein.
Aktuell sehen wir die Tendenz, dass manche Akteure progressive Veränderungen wieder rückgängig machen wollen.
Wie die Abschaffung des Ständestaates?
Es ist daher besonders wichtig, Spannungen nicht nur wahrzunehmen, sondern mit einer eigenen Position zu agieren. Ich habe in einem Buchkapitel zwei Werkzeuge für einen reflektierten Umgang vorgeschlagen.
Das ist Politiker-Bla. Aber gut, was erwarte ich auch?
Einerseits die „Entselbstverständlichung“: Gemeint ist die Einsicht, dass Geschlecht sich historisch wandelt und daher Normen und Lebensweisen veränderbar sind.
Joah, meine Urgroßväter hatten eine deutlich kürzere Lebenserwartung als ich.
Zum anderen die Einsicht in die vorherrschenden Anforderungen an Männlichkeit: Auch, wenn Geschlecht gesellschaftlich gemacht ist, ist es nicht willkürlich oder beliebig, sondern eine konkrete Realität, mit der wir täglich umgehen müssen.
Okeee, aber das kommt von jemanden, der alten Kack in neuem Frack präsentiert. Also: keks?
Inwiefern haben intersektionale Fragestellungen bei der Entwicklung des Orientierungsrahmens eine Rolle gespielt?
Indem z.B. Arbeiterperspektiven eingenommen wurden?
Luterbach: Intersektionalität war insofern zentral, als dass wir immer wieder über eigene implizite Annahmen und Vorstellungen kritisch reflektiert haben.
Also, nein?
Was wir aber nicht leisten, ist eine zielgruppenspezifische Herangehensweise. Ich finde das auch schwierig, ohne Stereotypen zu reproduzieren.
Also nein.
In der Schweiz wie in Deutschland lassen sich weiterhin hegemoniale Vorstellungen von Männlichkeit feststellen. Ein Beispiel ist die Anforderung, eine Familie zu ernähren.
Ja. Wer genau stellt diese Anforderungen? Andere Männer oder Frauen?
Ein weiteres ist der wachsende Anspruch, ein moderner Vater zu sein, der sich Zeit für seine Kinder nimmt.
Dito, gleiche Frage. Wer wäre demnach die Zielgruppe, die man ansprechen müsste, wenn man gegen dergleichen Anforderungen wäre? Kein Wunder, dass sie nicht zielgruppenorientiert sind. Stereotypen haben die trotzdem
Theunert: Der Schweizer Dachverband maenner.ch betrachtet als seine Mission, geschlechterpolitisch wenig reflektierten cis-Männern eine Brücke in den Gleichstellungsprozess zu bauen.
Aha. Gut, ich bin dann nicht die Zielgruppe.
Zielgruppe sind in dieser Perspektive nicht Mehrfachbenachteilgte, sondern Mehrfachprivilegierte.
Jaaa, aber ich bin geschlechterpolitisch reflektiert, also so oder so nicht die Zielgruppe.
Damit handeln wir uns aber ein Problem ein, das nicht unterschlagen werden darf: Denn wenn wir Letztere ansprechen, ohne sensibel für Erstere zu sein, leisten wir einen Beitrag zur Zementierung von Machtverhältnissen.
Sie sprechen Leute an, weil sie was von denen wollen, nicht, um ihnen zu helfen. Wie kann das Machtverhältnisse zementieren?
Dann laufen wir einmal mehr Gefahr, Mainstream-Männer sichtbar und alle anderen unsichtbar zu machen.
Mainstream-Männer ist ein toller Begriff. Aber diese Sorge ist überzogen. Wenn man NUR mit Mainstreammännern spricht, werden die davon ja nicht sichtbar. Wenn man das mit Obdachlosen macht, passiert das ja auch nicht.
Was meint „geschlechterreflektiert” in Bezug auf Männerarbeit und Männerpolitik? Und wie steht diese zu maskulinistischen Strömungen?
Ein geschlechterpolitisch reflektierter Mensch würde wissen, dass das „maskulistisch“ heißt.
Luterbach: Reflektiert meint, dass die Geschlechterordnung nicht „natürlich“ gegeben ist.
Nein. Reflektiert heißt, dass man darüber nachgedacht hat. Dass kann dazu führen, dass man zur Erkenntnis kommt, Röcke und Hosen wären künstlich, ergo kann das Tragen selbiger kein angeborener Instinkt sein, aber nunja.
Es war und ist eine Herrschaftsordnung, das gefällt jenen nicht, die an dieser festhalten wollen.
Oh, ich verzichte gerne auf das Privileg, in den Krieg zu ziehen, wenn ich dafür dadurch unterdrückt werde, länger leben zu müssen.
Das führt zu Angriffen auf die Männerarbeit und die Geschlechterforschung. Dieses Problem wird sich wohl noch verschärfen. Gerade wenn man auf eine progressive Veränderung zielt, kann man nicht ignorieren, dass es Bevölkerungsgruppen gibt, die das ablehnen.
Ach, Ihr wackeren, selbstlosen Märtyrer, Ihr. Wie toll und schlau Ihr Männerrollen aufbrecht.
Der Orientierungsrahmen kann vielleicht Unterstützung geben, zugewandt und empathisch zuzuhören, welche Vorstellungen von Geschlecht das Gegenüber hat.
„Vielleicht“ ist eine gute Umschreibung.
Auch maskulinistische Positionen fallen ja nicht vom Himmel.
Doch. Maskulinismus ist sowas wie das rosa Einhorn.
Vieles, was diese Akteure vertreten, ist Teil bürgerlicher Werthaltungen, die überspitzt dargestellt werden.
Und vieles ist explizit das Gegenteil von Bürgerlichkeit. D’oh.
Es ist zu einfach, dem nur mit Unverständnis zu begegnen.
Also, für diese beiden Akteure ist es gerade einfach genug.
Theunert: Der Orientierungsrahmen will ein Dach über die Vielfältigkeit der Jungen-, Männer- und Väterarbeit spannen. Konkret bedeutet das eine Verbindung profeministischer und emanzipatorischer Strömungen.
Weil Profeministisch und Emanzipatorisch sich auseinandergelebt haben? Oh, den Eindruck habe ich leider auch gewonnen.
Männerrechtlerische, biologistische und antifeministische Ideologien sind aus unserer Sicht unvereinbar mit dem Anspruch, geschlechterreflektiert zu sein.
Männerrechtler sind SEHR geschlecherreflektiert, Biologen auch, und bei Antifeministen gibt’s halt solche und solche.
Wir verstehen darunter eben die Bereitschaft, Männlichkeit als etwas Veränderbares zu verstehen.
Ja, ich auch.
Auch Männer werden nicht als Männer geboren, sondern zu Männern gemacht.
Meistens von Frauen.
Das steht in völligem Widerspruch zur zentralen Prämisse der Anti-Genderisten, wonach Männer (und Frauen) nun mal einfach so sind wie sie sind – und deshalb jede Geschlechterreflexion angeblich ohnehin unnütz und widernatürlicher Zwang ist.
Es gibt bestimmt irgendwo „Anti-Genderisten“, die genau so denken. Aber ein halbwegs empathischer und reflektierter Mensch könnte erkennen, dass das nicht das einzige Argument in der Hinsicht ist.
Das Buch … richtet sich insofern an Fachleute, als dass es klar formuliert, wie viel und welche Geschlechterreflexion Teil jeden fachlichen Handelns in der Männerarbeit sein sollte.
Bitte nicht die falsche Geschlechterreflexion verwenden. „Reflection“ ist wie „I’ll make a man out of you“ – man wird halt nicht so geboren – ein Titel aus Mulan (die gute Version). Hachja, das bringt Ehre für uns alle, wenn wir ein Mädchen finden, für das sich der Kampf lohnt.
„Der Orientierungsrahmen schafft einen konzeptuellen Bezugspunkt für die fachliche Diskussion, der abstrakt genug ist, um sich nicht in Details zu verlieren und doch auch konkret genug, um die heiklen Fragen auf den Tisch zu bekommen. Er bietet sich an als ein Drittes, an dem man sich abarbeiten kann, sodass sachlicher Streit möglich und persönliche Konfrontation unnötig wird.“
Soweit die Worte der heutigen Lesung.
Da fehlt ein Komma. Aber super anti-zielgruppenorientiert.
»Worte, Worte, nichts als Worte.« (W. Shakespeare)
Soll heißen: Ihr habt verschiedene Berufe?
Welch ein aufgeblasenes Geschwurbel. An der Stelle hab ich aufgehört, das Interview weiter zu lesen.
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So ein beschissenes Rumgeeiere. Einfach helfen, ohne Wenn und Aber… „die sind privilegiert“.
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