GENIALE FRAUENSCHLÄGER
Die meisten Frauenschläger sind nicht genial. Es ist noch nicht einmal so, dass die nichtgenialen alle bestraft würden. Vorstrafen sind in anderen Berufen aber möglicherweise eher ein Berufshemmnis. Aber das ist jetzt nicht mein Problem mit dieser Liste.
Es sind so viele, dass wir sie in diesem Text gar nicht alle aufzählen können.
Kann ja sein. Es fehlen tatsächlich Männer, die nicht berühmte Künstler oder Sportler sind, sondern Politiker, Firmenchefs, Beamte oder meinetwegen leitende Angestellte. Ist z.T. vllt auch ein Artefakt des Messverfahrens – berühmte Leute googeln – aber was genau soll bewiesen werden? Dass Männer mehr oder weniger ohne Karriereknick Frauen schlagen dürfen, oder das es dabei einen Promibonus gibt?
Nicht doch dieser berühmte Schriftsteller? Was, auch dieser bekannte Schauspieler? Und auch dieser Rockstar? Und die sind danach wirklich nicht für immer hinter Gefängnismauern verschwunden?
Naja, wenn sie nicht lebenslänglich verurteilt wurden? D’oh! Aber, wenn das SO berühmte Promis sind, und wenn man nicht ALLE aufzählen kann, mit welchen fängt man an?
Der nette, kauzige Mann zum Beispiel, der in der Serie “Gilmore Girls” die Köchin Sookie in den Wahnsinn treibt, weil er zu seinem Interviewtermin immer nur Eistee bestellt, ist zwar wirklich der weltberühmte Schriftsteller Norman Mailer.
Von dem ich bis gerade nichts gehört habe. Ok, ist vllt. meine Schuld aber…
…jener Norman Mailer, der 1960 auf einer Party anlässlich seiner Kandidatur zum Bürgermeister von New York auf seine damalige Frau Adele Morales einstach und Umstehende mit den Worten “Fasst sie nicht an. Lasst die Schlampe sterben!” davon abhielt, ihr zu helfen.
Das ist jetzt über 60 Jahre her. Wenn er trotzdem Bürgermeister geworden wäre, ok. Aber er hat Bücher geschrieben und hatte einen Gastauftritt in einer recht beliebten Serie, 45 Jahre nach der Tat.
Er erhielt eine milde Bewährungsstrafe, die sein Verteidiger unter anderem dadurch erwirkte, dass er darauf hinwies, dass sein Mandant an einem neuen Buch schreibe, dass “einen gesellschaftlichen Beitrag leisten könnte”.
Ja. Das ist natürlich kein Argument. Man kann auch im Gefängnis Bücher schreiben. Wie „Mein Kampf“. Adele Morales ist übrigens nicht daran gestorben, was das Strafmaß möglicherweise stärker beeinflusst hat als Mailers literarischen Fähigkeiten, aber ich bin ja kein Jurist.
Dieses Muster, dass Männer angeblich zu brillant und ihre Beiträge insbesondere im Bereich Kunst und Kultur zu wichtig sind, als dass man sie konsequent wie die Gewaltverbrecher behandelt, die sie waren und sind, ist vielfach belegt.
Niemand behauptet, dass Männer „zu brilliant“ seien. Manche sind brilliant. Ob das jetzt regelmäßig der Grund ist, sei mal dahingestellt.
Ob es nun um den Schauspieler Gunnar Möller geht, der 1979 seine Frau – die Schauspielerin Brigitte Rau – nachdem er sie zunächst verfolgt und gewürgt hatte, mit einem Stuhlbein erschlug, …
Jedes Jahrzehnt kriegt ein Beispiel? Ok, alle zehn Jahre wird eine Frau von einem mehr oder weniger missverstandenen Künstler umgebracht oder überlebt den Versuch. Möller hatte zwanzig Jahre später ein Comeback. Nicht direkt ein Beleg für eine ununterbrochene Karriere.
um den preisgekrönten Regisseur Roman Polanski, dessen Vergewaltigung einer Minderjährigen viel zu vielen Menschen viel zu egal ist,
Das wäre tatsächlich mal ein Punkt. Polanski kann auch im Ausland Filme drehen. Ein Firmenchef, der wegen vergleichbarer Vorwürfe ins Ausland flieht, kann seine Firma nicht mitnehmen. Ergo hat Polanski per Beruf einen echten Vorteil. Aber hey, schon der zweite Fall aus den Siebzigern.
oder um Klaus Kinski, der noch heute gefeiert, auf großer Bühne parodiert und für wichtig befunden wird, obwohl er sich schon 1975 mit der Vergewaltigung einer 14-Jährigen gebrüstet und jahrelang die eigene Tochter missbraucht hat.
Er wird nicht dafür gefeiert. Er war offenbar sehr aufmerksamsgeil, was zwar nicht notwendigerweise beweist, dass alles, was er selbst über sich gesagt hat, gelogen ist, aber das ist offenbar nicht die einzige Stelle seiner Biographie, zu der es unterschiedliche Meinungen gibt.
Oder eben um Marilyn Manson, der von mehreren Frauen sexueller Übergriffe und Gewalt beschuldigt wird, die scheinbar in seinem Umfeld seit Jahren bekannt waren.
Scheinbar ist das Stichwort.
Dieses Entziehen der Konsequenzen beschränkt sich nicht auf Fälle wie Kinski, die für ihre Verbrechen überhaupt nicht bestraft wurden.
Weil sie nicht angeklagt wurden. Kinskis Autobiografie von ’75 wurde von seiner Familie widersprochen. Keine Ahnung, ob es damals Ermittlungen gab. Wenn die weiteren Vorwürfe nicht erst zwanzig Jahre nach den Taten, sondern zwanzig Jahre nach dem Tod des Täters das Licht der Öffentlichkeit erreichen, was will man da erwarten? Lebenslang ist dann vorbei.
Auch wenn es davon leider viel zu viele gibt – wie beispielsweise den Schriftsteller William S. Burroughs, der seiner Frau Joan Vollmer ins Gesicht schoss und später zahlreiche Prozessbeteiligte bestechen ließ, um seiner Strafe zu entgehen.
Hmmm. Hat Kinski etwa auch wen bestochen? Aber Burroughs hat nicht nur das mexikanische Justizsystem überwunden, sondern sogar Vorbehalte gegen Schwule und Drogen. In den 50ern! Vllt. war er einfach ein guter Schriftsteller.
Vielmehr schließt es auch all die Fälle ein, in denen Täter zwar in irgendeiner Art und Weise bestraft werden, anschließend aber immer noch Lob, Anerkennung und/oder Aufträge erhalten.
Burroghs hat keine „Aufträge erhalten“, sondern es war schwer für ihn, veröffentlicht zu werden. Mailer und Möller sind mit ihren Karrieren auch nicht gerade steil gegangen. Kinski hat man möglicherweise einfach nicht geglaubt. Polanski wäre jetzt das eine Beispiel, wo jemand Lob und keine Strafe erhält.
Also das Gegenteil von dem, was in den letzten Jahren immer wieder der #Metoo-Bewegung unterstellt wurde: bekannten Männer mit unbewiesenen Vorwürfen die Karriere zu zerstören.
Niemand hat was dagegen, wenn jemanden mit bewiesenen Vorwürfen die Karriere zerstört wird. Bei drei von den fünf Beispielen wurde die Karriere vllt. nicht zerstört, aber stark eingeschränkt.
Tatsächlich ist es viel zu oft so, dass bekannte Männer trotz erwiesener Vorwürfe ihre Karriere fortsetzen dürfen.
Nun, nach Verbüßen einer Strafe hat jeder Mensch auch irgendwie einen Anspruch, in die Gesellschaft wieder eingegliedert zu werden. Aber eigentlich ist das gar nicht der Punkt. Wenn man der Ansicht ist, dass man, weil sagen wir Polanski zu gut weggekommen ist, Manson jetzt hart bestrafen müsse, indem man seinen Vertrag kündigt – nein, wieso?
Dass Freunde behaupten, das Opfer sei ja womöglich auch suizidgefährdet gewesen oder die Tat sei irgendwie Kunst.
Hmm, Freunde sind möglicherweise parteiisch, aber andererseits haben die möglicherweise auch mehr Einblick in die Zusammenhänge.
Und was ist mit einflussreichen Magazinen, die über den Tod des Produzenten Phil Spector ernsthaft schreiben, sein Erbe sei “von einer Verurteilung wegen Mordes überschattet”?
Ja, komische Formulierung. Aber jetzt ist er eh‘ tot. Er hat das Gefängnis tatsächlich nur wegen der Covid-19-Behandlung verlassen, die ihm das Leben gekostet hat, und wäre sonst wieder dorthin gebracht worden. Was hätte das mit den anderen zu tun? Außer irgendeine dumpfe Gruppenschuld?
Es mangelt an genau dem Respekt vor Opfern, der Tätern zu viel entgegengebracht wird.
Okeee, es mag Menschen geben, die vor Kinski so viel Respekt haben, dass es ihnen tatsächlich egal ist, ob er Vierzehnjährige vergewaltigt hat oder nicht. Ich behaupte nicht, dass das die Mehrheit ist, aber schon rein statistisch wird es die geben. Der Sachverhalt liegt jetzt Jahrzehnte zurück, aber es wäre sicherlich eine Option nachzudenken, wie man als Polizei und Staatsanwaltschaft mit solchen „Biographie-Geständnissen“ umgeht. Anfangsverdacht und dergleichen. Wenn man beim nächsten Kinski feststellt: „Ja, das stimmt.“ ok. Wenn man feststellt: „Nein, ist Quatsch.“, auch ok. Aber dieses ganze Verrühren von bewiesenen Fällen mit mehr oder weniger milden juristischen Strafen und Karriereknicken soll anscheinend die Vorverurteilung unterstützen. Und Respekt vor Opfern auf Kosten der Täter, ok, aber nicht auf Kosten des Rechtsstaates.
Und zugleich wird sich über eine Cancel Culture gegen männliche Berühmtheiten moniert, die so nicht mal ansatzweise existiert.
Ähh, doch? Mansons Plattenvertrag? Man mag sich darüber streiten, wie flächendeckend das ist, aber „ansatzweise“ ist das schon gegeben. Dessenungeachtet, wenn beklagt wird, dass die Karrieren besagter Männer nicht enden, selbst wenn sie verurteilt sind, dann wird doch eine Cancel Culture gefordert.
Statt Cancel Culture wegen Gewalt gegen seine Expartnerin oder Verherrlichung von Kriegsverbrechen, gibt es für Peter Handke einen Nobelpreis.
Ja, da kommen Kunst, Privates und Politisches wohl maximal aufaddiert zusammmen. Keinen Verlag mehr zu finden ist nicht dasselbe wie keinen Nobelpreis zu kriegen. Ohne Nobelpreis leben zu müssen ist wohl eher keine Cancel Cultur.
Statt von Literaturveranstaltungen ausgeladen zu werden, weil er Frauen sexistisch beschimpft und die Schriftstellerin Mary Karr belästigt, gestalkt, bedroht und attackiert hat, wird dem Schriftsteller David Foster Wallace bis zu seinem Suizid und darüber hinaus gehuldigt.
Der eine Link führt zu einer Pornoseite. Man sollte vllt. trotzdem mal wieder hinzufügen, dass Anzeigen etwas zeitnaher etwas nützlicher wären. Aber ein Trost: männliche Künstler haben oft ein Drogen-Depressionen-Problem, was ebenfalls gerne ignoriert oder als Teil des Genietums verharmlost wird. Wenn man also lang genug wartet, lösen sich viele solcher Männerprobleme durch Suizid. yayHey!
Und die Ermordung der eigenen Partnerin veranlasst zu haben, hält Fußballvereine nicht davon ab, Täter auf den Platz zu schicken.
Ok, Fußball sollte man sowieso känzeln.
Der Mythos des männlichen Genies ist immer noch mächtig und verlangt viel zu oft Frauenopfer.
Wenn man den Fußballer, Spector und Handke hinzuzählt, sind das neun Männer in sieben Jahrzehnten. Wenn man Fußballern keinen Geniestatus zuspricht, und da Spector offenbar zu einer harten Strafe verurteilt wurde und keinerlei künstlerische Tätigkeiten danach mehr unternahm, was also nicht das ist, was kritisiert wird, sind das im Schnitt ein Promi pro Jahrzehnt. Und jetzt evt. Manson, wenn der einerseits getan hat, was ihm vorgworfen wird, aber andererseits trotzdem weiter Musik machen wird. Was wir zum jetzigen Zeitpunkt beides nicht wissen.
Er nimmt sich Akte der Gewalt gegen Frauen heraus, hofft dabei auf Verständnis und rechnet fest mit Nachsicht.
Der schwule Autor in den Fünfzigern mit dem bestechlichen Gericht? Der Regisseur, der das Land nicht gerade freiwillig verlässt? Die haben nicht mit Nachsicht gerechnet. Oder Verständnis.
Und wenn dieser Mythos nicht endlich und entgültig als patriarchale Rechtfertigungsstrategie für Gewalt von Männern an Frauen entlarvt und auseinandergenommen wird, dann werden Täter weiterhin zu viel Nachsicht erfahren und Opfer zu wenig Gerechtigkeit.
Ja. Gewalt von Frauen an Männern wird doch auch verharmlost, ohne dass das auseinandergenommen wird. Also von Feministinnen jetzt.
Oke, alle zehn Jahre ein (mehr oder weniger) spektakulärer Fall, wo ein Künstler (mutmaßlich oder tatsächlich) kriminell wird, aber juristisch und gesellschaftlich nicht so hart bestraft wird, wie „man“ es für „gerecht“ hielte (und es gibt sicher auch viele weniger spektakuläre Fälle mit weniger prominenten Leuten.). In mindestens zwei Fällen wurde der Rechtsstaat unterlaufen, in anderen wurde er anscheinend nicht so wirklich in Anspruch genommen. Und vermutlich gibt es auch Fälle, die einfach nie aufgedeckt wurden.
Aber in der Form, wenn von den vollmundigen Ankündigungen ein Fall je Jahrzehnt übrig bleibt, ist das eher anekdotische Evidenz. Wie viele Schauspieler und Musiker werden für Verbrechen angeklagt und verurteilt und sind dann auch karrieremäßig am Ende? Wie viele sind auch nach Freispruch karrieremäßig am Ende? Natürlich sollte man weiterhin solche Fälle verfolgen, ohne Rücksicht auf irgendwelche Künstlerseelen. Natürlich sollte man mit der Verfolgung aufhören, wenn man nichts findet. Aber wenn jemand zwanzig Jahre nach Ende der Haftstrafe tatsächlich ein Comeback erzielt, ist das kein Beleg für irgendwelche Verharmlosung.
Was an der ganzen metoo-Sache stinkt, weshalb sie unredlich sein muss, ist, dass es nie Frauen trifft. Da aber Frauen keine Heiligen sind, ist auszuschließen, dass sie sich nie schuldig gemacht haben – sie kommen aber damit durch.
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Irgendwie fehlt in der Aufzählung Ingrid van Bergen. Die wurde nach dem Mord am Partner sogar Dschungelkönigin. Sollte man Pinkstinks mal drauf aufmerksam machen…
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Naja, Dschungelkönigin ist nicht ganz dasselbe wie der Literaturnobelpreis.
Aber ansonsten schon.
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