Hier zumindest.
Es gibt mehr Filme, in denen Männer mit Hund ermitteln, als Copfilme, in denen Frauen die Hauptfigur sind.
Ist das so? Mir fällt spontan „Kommissar Rex“ ein. Bei Lassie löst die Hündin die Probleme meist alleine und muss nur noch irgendwelche riechunfähige Leute mit Daumen finden, Boomer ist auch ziemlich emanzipiert, und wenn man solche Statistiken macht, sollte man sich fragen, ob Fernsehen mitzählt oder nicht. Falls ja: Der Hund von Colombo zählt nicht. Es geht um Hunde, mit denen ermittelt wird. Colombos Hund ist ungefähr so hilfreich wie dessen Frau. Oder, man zählt die Frau auch mit, dann ist das wieder quitt.
Dann kam 1990. Und damit „Blue Steel“, Drehbuch und Regie von Kathryn Bigelow – mit Jamie Lee Curtis als Polizistin Megan Turner.
Ja. Ich könnte übrigens zum dreiundrölfzigsten Mal darauf hinweisen, dass Männern üblicherweise die gefährlichen Berufe zugewiesen werden, was u.a. in deren geringerer Lebenserwartung mündet, und das es eher ein Eigentor von Frauen ist, die künstlerische Wiedergabe dieser Arbeitsteilung zu kritisieren.
Vor allem aber ist das „Blue Steel“, also der klassische Polizeirevolver, in ihrer Hand immer ein Moment der Selbstermächtigung.
Ein Polizeirevolver ist bitteschön keine Selbstermächtigung. Polizei kommt von Polis, Staat, und der Revolver kommt vom Staat. Also ist das staatliche Ermächtigung. Regelkonformer Einsatz mal vorausgesetzt.
Im positiven Sinne: um sich wehren zu können.
Eigentlich, um andere zu beschützen. Aber wieauchimmer.
Etwa gegen die häusliche Gewalt, mit der sie aufgewachsen ist, den Brutalo-Vater, der nach wie vor seine Frau verprügelt.
Als Polizistin sollte man bessere Methoden haben, dieses Problem zu lösen.
Oder gegen den Psychopathen, der mit der gemopsten Tatwaffe des anderen Typs Serienmorde begeht – und Turner stalkt.
Polizeigewalt ist halt die Lösung, woll? Nein! Doch! Ohh!
Mit all jenen Facetten bildet dieses 30 Jahre alte Ding genauer gesellschaftliche Realität ab als alle „Tatorte“ der letzten Monate zusammen.
Naja, dass in D. jemand von der Polizei erschossen wird UND des Waffe gestohlen wird UND dann für eine Mordserie verwendet wird UND der Serienmörder eine Polizistin – von allen möglichen Menschen ausgerechnet – stalkt, ist extrem konstruiert. Aber hat bestimmt trotzdem mehr gesellschaftliche Realität als die Tatorte der letzten Monate, keine Frage.
Bigelow nimmt hier vorweg, was mit Jodie Fosters Erfolg als FBI-Agentin Clarice Starling in „Schweigen der Lämmer“ ein Jahr später ein neues Level an „normal“ erreicht.
Toller Film, gute Thematisierung von Starlings geschlechtsspezifischen und sonstigen Problemen, keine Frage. Aber nicht ganz so realistisch wie ein Tatort.
Eine weibliche Cop-Figur im Zentrum, bei der darüber hinaus der Sex-Appeal eben nicht im Zentrum steht. Turner in sackiger Uniform ist halt einfach: eine Cop in sackiger Uniform.
Ok, Props dafür. Aber ansonsten muss Kunst nicht nur eine Bedeutung haben, sondern genau die, die „man“ haben will.
Männer ermitteln mit Hund:
»Mein Partner mit der kalten Schnauze«
»Scott & Huutsch«
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Frauen Hauptfigur als Cops:
»Blue Steel«
»Schweigen der Lämmer«
»Miss Undercover (1+2)«
»Mord nach Plan«
»The Heat«
»Twisted – Der erste Verdacht«
»Der Knochenjäger«
»Taking Lives«
»Copykill«
»Destroyer«
»Angel Eyes«
»Out of Sight«
»Fargo«
undsoweiter, ..
– – –
@ taz: man muss nicht alles glauben, was in der Zeitung steht.
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