Erzeugt eine gewisse Diskussion. Während The last of Us I (tlou) allerseits sehr gelobt und gehypt wird – aus Gründen – gibt es bei Tlou II zwei Lager. Die einen finden es super und die anderen hassen es. Wie Cersei Baratheon, geb. Lennister, schon immer gesagt hat: „Im Spiel der Letzten von uns gibt es keinen Mittelweg – entweder liebt man es, oder man hasst es.“ Und wie sollte es auch anders sein, ein Kontinent, der von Gewalt und Rachegelüsten zerrissen wird, Zombies, die alles überrennen werden, die ultimate Waffe ist ein Flammenwerfer, und um zu zeigen, das Gut und Böse nicht sauber zu trennen sind, werden alle gleichermaßen schlecht dargestellt. Ja, Tlou ist mit Teil zwei schon fast so weit wie GoT in Staffel 8. yayqoq!
Ich werde da jetzt ein wenig drüber philosophieren. Ich werde nicht allzusehr in die Details gehen, weil die einigermaßen interessierte Leserschaft die Geschichte kennt, die uninteressierte Leserschaft sich das sowieso nicht durchliest und Leute, die neugierig werden, und das Spiel jetzt zocken wollen, wie jeder echte Gamer, oder sich ein Letsplay (lp) dazu ansehen wollen, wie homines oeconomici wie mir, nicht allzusehr gespoilert werden. Da die Hauptkritikpunkte am Spiel aber nicht seine Graphik, die Spielmechanik oder die Steuerung sind, sondern die Story – nuuun, Spoiler ahoy!
Vorgeschichte: Tlou I erzählt die Geschichte von Joel und Ellie in der Zombiepostapokalypse, d.h., die eigentliche Apokalypse war vor 20 Jahren, aber die Zombies – Menschen, die von einem Pilz befallen werden, der sonst nur Insekten befällt – sind noch da, und geschlossene Räume können immer noch mit Sporen verseucht sein und Menschen in Zombies verwandeln. Infizierte, meine ich. Joel ist ein Mann, dessen Tochter beim Ausbruch umkam, und Ellie ist eine Vierzehnjährige, die gegen den Pilz immun ist. Die USA gibt es als Staat nicht mehr; in manchen Städten wurden Quarantänezonen eingerichtet – die inzwischen mehr oder weniger Militärdiktaturen sind, oder komplett untergegangen – anderswo versuchen Leute etwas neues aufzubauen, als Siedler im Westernstil, aber auch als Banditen, Schmuggler oder artverwandtes. Joel begleitet Ellie durch die Reste der USA, um bei einer regierungsfeindlichen Fraktion namens Fireflys jemanden zu finden, der aus ihrem Blut ein Gegenmittel gegen die Infektion gewinnen kann. Dabei wird sie seine Ersatztochter, und er ihr Ersatzvater, und am Ende gibt es doch kein Heilmittel, weil das zu einfach wäre. Außerdem kann man es nur aus Ellie gewinnen, indem man sie dabei tötet. Joel tötet lieber alle anderen. Erzählt ihr aber hinterher irgendwelchen Quatsch, weil sie wegen eines Schwimmunfalles nix davon mitbekam, aber dessen ungeachtet – was hätten die Fireflys gemacht, wenn sie bei Bewusstsein gewesen wäre? Wieso versuchen sie es nicht wenigstens, an ein Heilmittel aus einer Blutprobe zu kommen? Was wäre gewesen, wenn Ellie bei dem Eingriff zwar stirbt, aber die ersten Teste erfolglos wären – kein zweiter Versuch für IMMER? Jedenfalls, der Konflikt am Ende war vllt. ein bisschen erzwungen, aber geiler Fight. Jaaa, nee, es geht um den emotionalen Part, entweder ein Heilmittel ODER das Leben eines kleinen Mädchens, und Joel – nicht der Spieler – entscheidet sich für letzteres. Es ist also ein Fall von Tragik. Es ist also nicht wie in Live is Strange.
Nuuun, in Teil zwei geht es nur ganz am Rande um Ellies Immunität. Eigentlich sogar zu wenig, aber immerhin ist der Plot nicht: „Fireflys oder sonstwer haben Ellie gefunden und versuchen, sie doch noch unters Messer zu kriegen.“, denn viel zu viele Fortsetzungen versuchen, den Vorgänger zu kopieren. Der Plot ist, dass es Konsequenzen hat, wenn man durch die Gegend läuft und massenhaft Leute messert, erschießt, totprügelt oder in die Luft jagt: jemand will sich rächen, und da es keinen Rechtsstaat mehr gibt, gibt’s Blutrache. Und soweit ist das ja auch realistisch und plausibel. Und natürlich ist es nicht der Bruder von namenloser_Gegner#dreiundrölfzig, der sich für dessen Tod rächen will, sondern die Tochter von dem Arzt, der einfach nicht kompetent genug für richtige Forschung nur Ellie vivisezieren wollte. Nicht direkt der unsympathischste Gegner, den man sich vorstellen könnte, aber die Konkurrenz um den Titel sind Banditen, Zombies und pädophile Kannibalen.
Jedenfalls, die Tochter vom Firefly-Arzt hat sich mit einigen anderen einer Gruppe in Seattle angeschlossen, von wo aus sie fünf Jahre nach Tlou I mit ein paar anderen Leuten aufbricht, um Joel zu töten. Joel und Ellie leben nämlich in der Siedlung, die Joels Bruder Tommy und dessen Frau gegründet hat, und die richtig floriert. Jedenfalls treffen sie Tommy und Joel außerhalb, bringen sie in ihre Gewalt und Abby schlägt Joel mit einem Golfschläger tot. Der ihr vorher noch den Arsch gerettet hat. Vor Ellis Augen, die ihn noch retten wollte. Aber Ellie und Tommy lässt man gehen. Weil… keine Ahnung? (Logik, ey.)
Hier ist der erste Kritikpunkt, den viele haben: Joel stirbt!! Und der zweite – dies ist immerhin eine Zombieapokalypse, da stirbt ständig jemand – er stirbt so leicht.
Hier möchte sagen: Ja, den Punkt akzeptiere ich. Viel „besser“ hätte es mir gefallen, wenn Abbys Grupper erstmal Ellie (und deren Freundin Dina) gefangen hätte, Joel denkt, dass die wegen Ellies Immunität gekommen wären, er kommt, um sie zu befreien, aber es ist eine Falle – ab jetzt weiter wie gehabt. Das würde nebenbei auch Dinas Motivation besser erklären: wenn sie sich schuldig fühlt, weil Joel auch ihretwegen tot ist, ist es logischer, dass sie mit nach Seattle reist. Obwohl sie schwanger ist. (Kann sein, dass sie das erst unterwegs gemerkt hat, aber dazu später mehr.)
Jedenfalls mit fast ganz wenig Hin-und-Her brechen Ellie und Dina auf, um ursprünglich Tommy einzuholen, der nach Seattle aufbrach, um seinen Bruder zu rächen. (Stufe eins: ich bringe Dich um, weil Du meinen Bruder umgebracht hast. Deshalb hätte Abby Stufe zwei anwenden müssen: ich bringe Dich um, weil ich auch Deinen Bruder umgebracht habe.) Dort eskaliert es, Ellie bringt die anderen Leute aus Abbys Gruppe um, die Teil eine Fraktion namens „Wulfs“ sind und gerade im Krieg mit den religiösen Narben-Typen sind, die wir schon in „Days Gone“ kennenlernen konnten. Naja, nicht ganz dieselben. Details von Dogma, Exegese und Katechismus unterscheiden sich, aber echt jetzt? Aber das Wichtigste: Es wird immer düsterer, die erste Zielperson ist schon tot, aber je weiter die Story geht, desto brutaler die Kämpfe – Ellie im Tal des Todesschattens halt. Haltet ihr Rachefeldzüge immer noch für eine tolle Idee, liebe Kinder?
Nachdem Ellie und Tommy alle (+ sonstige Leute) außer Abby selbst umgebracht haben, entschließen die beiden – und Dina und Samenspender Jesse – sich dazu, es gut sein zu lassen und heimzukehren, doch sie haben nicht mit Abby gerechnet! Die findet sie, und dann droht der Showdown – Abby vs. Ellie!
Und dann blendet das Spiel zurück, und man spielt als Abby. Die Tochter des Mannes, der im Unterschied zum pädophilen Kannibalen kein pädophiler Kannibale ist. Wer wollte das nicht?
Die Abby-Hälfte des Spieles hat möglicherweise eine Intention: wir als Zuschauer und Spieler sollen vermutlich erkennen, dass Abby halt kein übles, hassenswertes Miststück ist, sondern auch gute oder sympathische Seiten hat. Und außerdem dieselbe Motivation hat wie Ellie. Und dass man durch Rachsucht wird wie Abby, minus die Abs. Ja, ne. Das ist ja ein völlig neuer Gedanke. Wie dieser hippe Twitterguru schon tweetete: „Es ist der Fluch der bösen Tat, dass Böses immer Böses muss erzeugen.“ Chiller oder Schiller oder so.
Das Problem, sich mit einer Figur zu identifizieren, die man bereits hasst, ist das eine, aber wenn man Fortsetzung von so etwas gehypten wie Tlou I macht, muss man sich einerseits was Besonderes einfallen lassen, um Drama und Tragik oben zu halten, andererseits hat man auch eine große Fanbase, von denen sich viele genau darauf einlassen, weil sie einen gewissen Vertrauensvorschuss leisten, dass das zu einem tollen Erlebnis wird. Insofern finde ich es gut, dass die sich was trauen, anstatt auf Nummer sicher zu gehen.
Das andere Problem ist aber, wenn Abby – abseits ihrer sadistischen Grausamkeit gegenüber einen Mann, den sie nie persönlich getroffen hatte – ein guter, sympathischer oder sonstwie netter Mensch sein soll, mit dem man sich prinzipiell gerne identifizieren würde, dann müsste man davon etwas sehen. Aber davon sieht man wenig.
- Aaalso, erstmaaal, sie hat Joel nicht einfach umgebracht, sondern sehr brutal zu Tode geprügelt.
- Sie hat auch nicht etwa das Menschheitshelfersyndrom, dass sie Ellie für ein Heilmittel braucht.
- Sie ist Soldatin bei den Wulfs, einer Gruppe, die auch nicht gerade zimperlich ist, einschließlich Folter von Gefangenen; sie ist also nicht direkt besser als Joel, und Joels grausamer Tod ist nicht direkt untypisch für Abby et alii.
- Und ja, man kann sich iose Gruppe nicht immer aussuchen in so einer Zombieapokalypse, aber ein Kumpel von ihr will tatsächlich die Gegend verlassen, um noch ein paar Fireflys zu finden – sie könnte weg, wenn sie wollte (jaaa, seine schwangere Freundin will auch mit, aber naja…).
- Sie hat nebenbei eine Affäre mit besagtem Kumpel.
- Und außerdem sterben ihre Freunde, weil sie ihre Freunde sind und mit ihr aufbrachen, um Joel zu töten, und sie hat sie SEHR darauf gedrängt. Zwar sind das Ex-Fireflys; ein paar von denen haben vermutlich auch Freunde und Verwandte durch Joel verloren, d.h., die taten das nicht NUR für Abby, aber Abby ist ganz eindeutig die treibende Kraft gewesen.
- Sie hat keinerlei Gewissensbisse oder Reue wegen Joel.
- Sie hat auch keine Gewissensbisse oder Reue wegen irgendetwas anderem, soweit man weiß.
- Sie macht auch keine Erfahrungen, die sie veranlassen, ihre Sicht auf Rache zu überdenken, bevor sie Ellie trifft. (Es hätte sich ja bspw. angeboten, dass der Waffenstillstand zwischen Wulfs und Scars wegen genau so einer Racheaktion gebrochen wurde, und wenn man das herausfindet, ist DAS die Stelle, wo Abby „Scheiße!“ denkt.)
- Zu keinem Zeitpunkt kommt ihr in den Sinn, dass ihr Vater möglicherweise doch kein so guter Mensch war, wie sie denkt, nur, weil er kein pädophiler Kannibale ist. (Welcher aber immerhin erfolgreicher als Abby darin war, sympathisch zu wirken – ohne Scheiß)
- Noch nicht einmal unter dem Vorbehalt, dass Abbys Vater grausame Dinge aus guten Gründen tun wollte, erkennt Abby an, dass das grausame Dinge sind.
- Daher erkennt Abby auch nicht, dass Joel auch Gründe hatte, ihren Vater zu töten, welche sie ja trotzdem aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ablehnen könnte.
- Und außerdem ging es ihr nur um ihren inneren Inigo Montoya und nicht darum, dass Joel eine Impfung gegen die Pandemie verhindert hat, und sozusagen gegen die ganze Menschheit gehandelt hat. Dem Rest davon… Also, WENN man schon betonen will, wie moralisch ambivalent die beiden Parteien in diesem Konflikt sind, dann hätte man gerade das thematisieren sollen. (Die einzige, die das tut, ist Ellie selbst in Rückblenden mit Joel, wo sie seine Aktion (also inklusive den Tod von Abbys Vater) im Nachhinein für falsch hält, weil sie jetzt durchaus einen Sinn darin sieht, die Menschheit zu retten.)
- Auf der pro-Seite: Abby ist nett zu Hunden,
- sie hilft Leuten, wenn die ihr vorher das Leben gerettet haben,
- und sie hört tatsächlich von alleine auf, sich an Ellie zu rächen. Fast von alleine, sie hat Lev als externes Gewissen angestellt, sowas wie Smithers für Mr. Burns. (Man mache mal die Augen zu und stelle sich vor, jemand aus der pädophilen-Kannibalen-Gruppe hätte sich an Joel gerächt – hätte das etwas an der zweiten Spielhälfte geändert? Außer, dass Abby ein paar Jahre älter wäre, wahrscheinlich?)
Abby kriegt die Stellen, wo sie ethisch Oberwasser haben könnte, nicht mit, es fällt schwer, den Mord an Abbys Vater und den an Joel als gleichwertig zu betrachten, Abbys sonstige positive Eigenschaften sind recht übersichtlich. Abbys Motivation am Ende des Seattle-Teils, den Kampf mit Ellie nicht zuende zu bringen, hängt evt. auch damit zusammen, dass sie die Gegend verlassen muss, weil inzwischen BEIDE ansässige Gruppen sie hassen. (Und wieso hatte Dina keine Knarre?) Sie ist jetzt zwar nicht das Böse in Menschengestalt, aber sie ist kein Mensch, den man gerne um sich hätte. Ach, das wäre ja NOCH eine Stelle gewesen, wo Abby die Racheproblematik überdenken könnte – sie hat Leute, die bis vorgestern noch ihre Kameraden waren, erschossen. Diese haben andere Kameraden, Freunde, Geschwister, Kinder. Wenn Abby einem Wildfremden schon nicht vergeben kann – nun, der Wildfremde ist ein Mörder, aber kein Verräter. Ein wildfremder Mensch kann kein Vertrauen brechen. Wildfremde Menschen haben kein Gesicht, das man nachts in Träumen sieht. Aber Verräter schon. Ein Verräter, der nebenbei ein Mörder ist, bekommt viel mehr Hass. Und in militärischen Kontexten muss man ihn schon deshalb exekutieren, um den Rest der Truppe bei der Stange zu halten, wohingegen gegnerische Gefangene i.d.R. besser behandelt werden. Also, bei den Wulfs werden sie gefoltert – dann müssen Verräter eben NOCH härter bestraft werden als mit Folter. Go-go-go – Golfschläger! Also könnte Abby merken, dass niemals vergebender Hass einerseits gar nicht so toll ist, wenn man selbst Ziel davon wird, oder andererseits, dass sie selbst nicht besser ist als Joel, wenn sie den Vater von jemanden umbringt, um ein Kind zu retten. Aber wenn das Abbys Gedankengang gewesen sein sollte, ist das untergegangen. Immerhin, sie bringt Ellie nicht um, als sie die Gelegenheit hat, und sie stand nicht SO unter Zeitdruck, also war das keine Entscheidung aus Notwendigkeit.
Und DAS wäre ja noch ein Ende, mit dem man leben könnte, aber dann kommt noch ein Epilog, und der wirkt ziemlich drangetackert. Erstmal – Durst nach Rache oder nicht, wie oft reist man quer durch die ehemaligen USA nur zu Pferd und durch unsichere Gebiete? Außer Lucky Luke jetzt?? („Aber Mycroft, Lucky Luke ist doch nicht rachsüchtig!“ – „Tja, komisch – was sagt uns dies?“) Zweitens, man könnte schon einwenden, dass Ellie nicht so viel besser ist als Abby, aber wieso sollte am Ende Abby plötzlich besser als Ellie sein? Weil Abby ihre eigene Medizin zu schlucken kriegt? Drittens, Ellies Einsicht: „Vergeben gut – Rache böse!“ wird am Ende gerade DURCH einen Flashback an Joel getriggert, d.h., Joels Tod bringt das Schlechte in ihr zum Vorschein, aber Joels Leben das Gute, und das ist ja schon ein Zeichen, dass das Spiel Joel als Chara respektiert und gut findet. Aber Abbys Einsicht kommt mir so spontan vor, dass ich mich frage, wieso sie ihr nicht schon ein paar Monate eher gekommen ist. Außer ihrem externen Gewissen und die Erkenntnis, dass große Teile ihres Freundeskreises sie inzwischen für ein übles Miststück halten (und/oder tot sind), hat sich für sie gar nichts geändert. Wie blöd ist die eigentlich? Oder nicht eigentlich blöd, aber WENN sie nicht von Anfang an ein guter oder vernünftiger Mensch ist, der anderen auch vergeben kann, aber am Ende genau DAS tut, dann macht sie einen Charakterbogen durch. Und wenn man das halbe Spiel – rd. 12 h Spielzeit – mit Abbys Geschichte verbringt, dann sollte dies genau diesen Charakterbogen zeigen. Einmal, damit man ihr spielerseits verzeiht, und andererseits, damit die Charakterentwicklung echt aussieht. Und da beides nicht so richtig klappt, fühlt sich das ein bisschen wie Zeitverschwendung an. Ok, man lernt die Welt etwas besser kennen und eine andere Sicht auf Teil eins. Aber nunja.
Ansonsten gilt mal wieder der umgekehrte Zielgruppen-catch-22: entweder ich – Zuschauer, Spieler, wasauchimmer – habe eine Meinung zum Thema Vendetta, dann muss man mich nicht so oberlehrerhaft behandeln, oder ich bin ein kleines Kind, was dieses Spiel nicht spielen sollte. Ja, Rache ist schlecht. Sie bringt die Toten nicht zurück, führt zu noch mehr Toten und die Lebendigen werden auch nicht glücklicher. Außerdem, die klauen beim Herrn der Ringe – Finger! – und mit der körperlichen Versehrtheit kommt auch eine seelische. Habt ihr das auch alle gut verstanden liebe Kinder?
Vor allem, dasselbe Spiel, was keine Möglichkeit bietet, Gegner zu umschleichen oder sonstwie leben zu lassen, was auch keine Entscheidungen zulässt, die das Ende beeinflussen, das also, kurz gesagt, einfach das Schicksal der Figuren vorgibt, das Spiel, welches offenbar für Leute gedacht ist, die mit der recht deutlichen Gewaltdarstellung und den vielen Methoden, Spielfiguren zu töten, keine Probleme haben, aber das trotzdem – jedenfalls bei Teil 1 – sehr davon lebte, dass das Publikum Entscheidungen auch dann noch nachvollziehen konnte, welches es im Detail vllt. anders getroffen hätte, dieses Spiel will „uns“ jetzt erzählen, wir sollten uns nicht von Gefühlen leiten lassen, sondern eigene, aufgeklärte Entscheidungen treffen lassen? Dieses Spiel? Genau, und achtet mal darauf, wie schön das Gegnermodell von der Bombe halbiert wurde!
Silent Hill – Pouring Rain Downpour ist ein Spiel, dem man das abkauft. Man spielt einen Strafgefangenen, der sich am Mörder seines Sohnes rächen will, aber zugleich vor der Rache der Wärterin flieht, die die Tochter des Mannes ist, der nicht einfach gestorben ist, sondern schwerstbehindert wurde, weil… lange Geschichte. Man kann da jedenfalls – wenn man u.a. seine Gegner nicht unbedingt alle tötet – ein gutes Ende haben, bei dem man nicht bloß die eigene Rachsucht besiegt, sondern sich auch mit der eigenen Nemesis versöhnt. Beim ganz schlechten Ende war man die ganze Zeit selbst der Mörder. Aber wenn man den Endkampf verliert, ist man plötzlich die Tocher, die im Gefängnis sitzt, und der Strafgefangene ist der Wärter. Selbst ein nicht so beliebter SH-Teil lehrt die Botschaft besser als Tlou II.
Menschen wollen nicht manipuliert werden. Menschen wollen nicht belehrt werden. Wenn man sie also trotzdem manipulieren will, Abby zu mögen, muss man das subtiler machen (und Abby besser). Wenn man Menschen belehren will, dann am besten zu Dingen, die sie noch nicht wissen. (Und ja, manche wollen auch nichts mit Lesben sehen, aber das ist bei weitem nicht der einzige „Kritik“punkt, der vorkommt, also ist es billig zu sagen: „Nur heteronormative cisdudes mögen das nicht!“) Wenn Menschen Tlou II kaufen, weil sie Joel und Ellie mögen, und man ihnen sagen will: „Ach, so nett sind die ja gar nicht!“, hmm, dass könnte für eine interessante neue Story sorgen, aber hier führt es nur dazu, dass für einen Marketingfehler zu halten. Dasselbe Marketing wie beim Käsekuchen. „Ich weiß besser als Ihr, was an der Sache toll ist, denn ich habe sie Euch gemacht.“ – der Autor(m/w/d) „Nein, Ihr wisst nur, was IHR am Roman/Film/Spiel/etc. toll findet. Ihr könnt uns nicht dazu zwingen, dieselben Dinge zu mögen wie Ihr.“ Unterschiedliche Menschen finden unterschiedliche Dinge gut. Wenn man das vergisst, ist es zumindest mutig, dem Publikum zuzumuten, die Parteien zu wechseln, und wenn man es schon tut, ihm so wenig anzubieten, diesen Wurm zu schlucken. Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler.
Ansonsten treffen die Leute in Tlou II auch ganz komische Entscheidungen. Eine Frau in einem Kampfeinsatz gegen Zombies und religiöse Eiferer? Okeee. Eine schwangere Frau? Die außerdem Ärztin ist, was der deutlich seltenere, da schwerer zu erlernende Beruf im Vergleich zum Soldaten ist??? Wer macht das, wenn es insgesamt doch genug Personal und Material gibt? Dass Dina bei der Aktion im Hauptteil überhaupt mitmacht, liegt wohl einerseits an Ellie und andererseits daran, dass sie da noch nicht gemerkt hat, dass sie schwanger war. Ok, gescheite Motivation. Später, mit Kind, hält sie das Rachegedöne für eine richtig blöde Idee, obWOHL inzwischen der Vater ihres Kindes von genau DER Frau getötet wurde, an der man sich rächen will. Jetzt kann man natürlich der Ansicht sein, dass das für Dina nicht mehr so ein Grund ist, weil ihr Leben vom besagten Kind gerade umstrukturiert wurde, aber man hätte sie das auch genau so sagen lassen können, gerade, WENN Rache und ihre Probleme problematisiert werden sollen.
„Dina, was ist los mit Dir? Willst Du die Mörderin des Vaters Deines Kindes etwa leben lassen?“ – „Nicht direkt wollen, aber der Vater meines Kindes möchte im Zweifelsfall sicher lieber, dass sein Kind Menschen hat, die es großziehen, als jemanden, der seine Mörderin tötet.“ – „Freak.“
Aber nein, Männer sind das entbehrliche Geschlecht. Was jetzt möglicherweise NICHT die Intention war, aber einerseits so zu tun, als wären schwangere Ärztinnen in Kampfeinsätzen eine plausible Wahl, andererseits Männer – noch dazu verbündete, freundliche Männer – so beiläufig abzuservieren, verharmlost die Belastung einer Schwangerschaft und den Tod von Männern gleichermaßen, ist also gegen beide Geschlechter. Ok, nicht gegen diverse Menschen. Diverse Menschen sind unverzichtbar, weil sie als externes Gewissen dienen können. (Ok, Lev ist tatsächlich sympathisch und am Ende die Person mit den wenigsten Macken. Äußerlich wie innerlich. Aber die Aktion, zu seiner Mutter zu gehen, was sollte das denn noch? Jaja, irgendwomit muss man die Spielzeit ja voll kriegen…)
Und die KI ist auch sonst so lala (auch bei den Gegnern ohne verschimmelte Gehirne). Todesengel Ellie im Tal des gleichnamigen Schattens. Funfact: Wenn Ellie und/oder Abby Männer wären, würde man deren Verhalten als „toxische Männlichkeit“ främen – Gewalt als Lösung, keine Gefühle außer Wut zulassen, archaischer Ehrenkodex, schädlich für sich und für andere. Zwar ist kein Mensch toxisch, selbst, wenn soe mal von einem tödlichen Pilz befallen wurde, ohne daran zu sterben, aber das, was die sogenannte toxische Männlichkeit darstellen soll, wird hier von den weiblichen Hauptfiguren ganz gut rübergebracht, komplett mit semi-sinnvollen, komplett-brutalen Kampf – Subversive Karikatur stereotyper Vorurteile oder Frauenpower?
Ist zwar schon ein paar Tage alt, aber ich weise gerne immer noch darauf hin: Das Spiel, welches du aus der Silent Hill Reihe meintest, heißt „Downpour“.
Hach, ist für dritte, die grundsätzlich „Nerds“ eher nur belächeln, lustig, wenn ein Nerd versucht, den anderen über solche Details zu „ownen“… 😉
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Ach, Schmach!
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