über Incels

Incel sind per definitionem (involuntary celibacy) unfreiwillig zölibatär lebende Menschen. Es müssen noch nicht einmal Männer sein, aber, weil es ja so ein Klischee ist (und weil es in den USA Incels als Eigenbezeichnung für eine recht frauenfeindliche Gruppe gibt), es gibt bei den männlichen Incels drei Gruppen:

  1. frauenfeindliche Männer, die keine Freundin finden, weil sie frauenfeindlich sind – ok, damit hattet ihr rechnen können
  2. Männer, die keine Freundin finden, und daher frauenfeindlich werden – äh, sorry Jungs, aber das ist zwar emotional nachvollziehbar, aber erstens unfair und zwotens kontraproduktiv; wenn Frauen mehr Emotionalität von Männern wollen, meinen sie bestimmt nicht DAS.
  3. Männer, die keine Freundin finden, aber weder frauenfeindlich sind noch werden.

Wenn man will, kann man dieselbe Liste auch mit Frauen schreiben. Es mag aber die Überlegung erlaubt sein, dass es schüchternen Frauen wohl durchaus öfters passieren kann, dass sie von Männern angesprochen werden, schüchterne Männer aber eher selten von Frauen.

Dass frauenfeindliche Männer die Schuld an ihrer Misere dem Feminismus zuschieben, ist auch nicht direkt richtig. Der Partnermarkt ist eben liberalisiert worden. Das war jetzt nicht direkt das Werk des Feminismus, da es auch eine Menge frauenfeindlicher Männer gibt, die tatsächlich eine Freundin haben. Oder eine Frau. Oder eine Frau UND eine Geliebte. Das kann unmöglich im Interesse des Feminismus gewesen sein.

Frau Ouassil erklärt es besser:

 Wenn alles, was einem aufgrund der eigenen – und als durchaus fair empfundenen – Privilegiertheit angeblich zustand, von der liberalen Gesellschaft neu verhandelt wird, entsteht Hass auf die, die die eigene Legitimität in Frage stellen.

Klugscheißer werden jetzt einwenden, dass eine liberale Gesellschaft nicht zwingend, oder gar überhaupt nicht, einen freien Markt bedeutet; aber wir reden jetzt ja über den Heirats- und Partnermarkt. Wenn der reguliert wäre, wären wir wieder bei arrangierten Hochzeiten.

Und es keimt die Angst, dass das Erreichte nichts mehr gilt und man selbst exkludiert wird.

Ja, ne. Das hat mit Incels nix zu tun. Wenn die etwas im Bereich Partnersuche erreicht hätten, wären sie keine Incels. Doh.

Jede Diskursverschiebung, jede Neuverhandlung wird somit als Angriff auf sich selbst wahr- und auf existenzielle Art persönlich genommen,

_Jede_ vllt. nicht, aber ja, das kann passieren.

weil sie einen daran erinnern, dass alles, was man für selbstverständlich hält – Mann kriegt Frau, Frau kriegt Kind,

Die liberale Gesellschaft – das sind „wir“ – haben also neu verhandelt, dass „Euch“ das durchaus als „fair“ empfundene Privileg, sich fortzupflanzen, gestrichen wird.

Weiße haben immer Recht

Das war nie so, schon aus mathematischen Gründen. Denn Weiße waren NIE einer Meinung. Aber es gibt natürlich Weiße, die das denken, von daher mag das zur Liste gehören.

Wie komme ich darauf? Deshalb. Ich möchte darauf hinweisen, dass der Attentäter explizit Juden und nicht Frauen als sein Ziel bezeichnet hat, und dass er nicht nur eine Frau, sondern auch einen Mann erschoss, aber offenbar kann man auch mehr als eine Gruppe Menschen hassen.

Aber, als allgemeiner Gegeneinwand, Inceltum hier statt des viel populärerern Gamingtum als Quelle allen Bösen zu främen.

Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe und jetzt Balliet. Was haben die außer rechtsradikaler Terroranschläge noch gemeinsam? Drei von ihnen waren beim Bund. Drei von ihnen hatten eine unglückliche Kindheit (Vater nie kennengelernt, Eltern geschieden, ältere Bruder gestorben). Drei von Ihnen waren – soweit bekannt – nicht in der Gamerszene oder in Incel-Foren. Zugegeben, die radikalisierten sich in den 90ern, aber hey. Aber alle vier kommen aus Ostdeutschland.

In Ostdeutschland verdient man weniger. Ostdeutsche Frauen wandern öfters in den Westen aus als männliche Ostdeutsche. Wie war das noch? „Die liberale Gesellschaft – aka Westdeutschland – hat ausgehandelt, dass die nicht so liberale Gesellschaft – also Ostdeutschland – weniger Geld kriegt. Das Privileg, soviel Geld zu verdienen wie die eigenen Landsleute, mag man als fair empfunden haben, aber wir haben den Diskurs verschoben. Außerdem kommen ostdeutsche Männer weniger an Frauen, weil die lieber zu uns kommen aus Gründen, die wir irgendwie nicht bereit sind, abzuschaffen. Aber habt keine Angst, niemand hat die Absicht, Euch Eure Legitimität abzusprechen oder Euch zu exkludieren – immerhin dürft Ihr jetzt in der BRD leben und arbeiten und nicht in einem Regime, das Euer Leben bestimmt. Ihr profitiert davon doch soviel mehr als wir!“ – „Naja…“ – „Hört auf zu jammern!“

Es gibt so viele Menschen, die dieselbe Biografie haben, und trotzdem keine Terroranschläge verüben, aber, wenn man denn schon nach den Ursachen fandet – sei es, um Verdächtige schneller zu finden, sei es, um die Ursachen tatsächlich abzuschaffen – sollte man nicht vllt. alle Ursachen suchen anstatt die, die am wenigsten mit einem selbst zu tun haben? Ja, ich bin Wessi.

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