Um Frauenfrage 4 aus der Serie „Frauen fragen – die Apokolokynthose sondert weiterführende Informationen ab“ etwas ausführlicher zu beantworten, werde ich in loser Folge verschiedene der dort aufgezählten Filme vorstellen und zeigen, warum sie – außer wegen der weiblichen Hauptfigur – Frauenfilme sind. Und gelegentlich ein emanzipierteres Frauenbild darstellen als viele romantische Komödien, die ich kenne. Ok, so viele romantische Komödien kenne ich nicht, aber das ist jetzt nicht das Thema.
Terminator I ist ein Action-SF-Film, welche normalerweise nicht als besonders frauenfreundlich wahrgenommen oder beworben werden. Bei einem dreißig Jahre altem Film werde ich mir nicht allzugroße Mühe geben, spoilerfrei zu schreiben, andrerseits kann ich bestimmte Teile der Story für diese Thema weglassen, daher die Geschichte in der Kurzfassung:
Die Hauptperson ist weder die Titelrolle, ein Roboter mit Menschenhaut, der aus der Zukunft ins Jahr 1984 reist, noch der Mann, der hinterhergeschickt wurde, um den Terminator zu bekämpfen, sondern eine junge Frau namens Sarah Connor. In der Zukunft hat ein Atomkrieg stattgefunden, und die Maschinen haben sich erhoben, um alle Menschen zu versklaven oder zu töten. Die Maschinen haben jedoch eine Zeitmaschine und schickten den Terminator, eine Maschine, die äußerlich vom seinerzeitigen Arnold Schwarzenegger nicht zu unterscheiden ist, in die Vergangenheit, um Sarah Connor zu „terminieren“ (Maschineneuphemismus für „töten/Totalschaden anrichten“), weil die den fähigsten Anführer der Menschen zur Welt bringen wird: John Connor (ehrfurchtsvolles Innehalten nicht obligatorisch). Ein Widerstandskämpfer namens Kyle Reese hat sich freiwillig gemeldet, um sie zu beschützen, weil er eine eine Art Heldinnenverehrung für sie entwickelt hat. Und im Unterschied zu anderen Filmen, wo der Held sich ein Bein ausreißt, um die Frau seiner Träume zu beschützen, ist Reese hier höchstens die zweitwichtigste Figur. Die Hauptperson ist Sarah, und die Art, wie sie zur Hauptperson gemacht wurde, macht das zu einem Film, der tatsächlich zu einem modernen Frauenbild beiträgt, anstelle zu anderen Filme, wo Frauen einfach eine altmodische Männerrolle übernehmen, was weder dem Frauenbild zuträglich ist, noch dem Männerbild:
- Sarah hat über den Film einen echten Charakterbogen: am Anfang ist sie eine einfache Kellnerin, die sich leicht herumschubsen lässt, aber sie entwickelt unter Druck die Qualitäten, die sie braucht, um mit der Bedrohung klarzukommen. Am Ende braucht sie Kyles Hilfe nicht mehr. Sowohl Kyles Motivation als auch die des Terminators bleiben hingegen über den ganzen Film hinweg dieselben. Der Charakterbogen ist ein Unterschied zu vielen Filmen, wo der Held bspw. einfach nur auf Rache aus ist. Filmanfang: Rachsucht, Filmende: keine Rachsucht. Eher ein Charakter-Ein-Aus-Schalter.
- Sarahs Wichtigkeit für die Zukunft wird nicht nur behauptet, sondern gezeigt; man merkt, warum sich der Film um sie dreht: sie lernt hinzu, entwickelt eigene Lösungsstrategien, hat ein Händchen für Verbände und Technik und in der Schlussszene sieht man ihr an, dass sie einen Plan hat, wie es mit ihr weitergehen soll. Im Unterschied zu Filmen, wo die Hauptfigur schon zu Beginn bspw. meisterhaft Bogenschießen kann, UND im Unterschied zu Filmen, wo es zwar um die Rettung einer Frau geht, aber wenn die Frau gerettet wurde, ist das Problem endgültig erledigt.
- Weiterhin ist sie nicht überzogen kompetent – zu wissen, welchen Knopf auf eine Presse man drücken muss, nachdem man es einmal gesehen hat, oder die Einsicht, dass Verbände weder zu straff noch zu lose sein dürfen, sind Dinge, auf die man als Durchschnittsmensch auch so kommen kann. Sie ist aber bspw. keine naturbegabte Pistolenschützin, die im entscheidenden Moment dem Terminator aus der Entfernung die letzte Kamera aus dem Kopf schießt.
- Offenbar ist ihre Hauptaufgabe, den „Erlöser“ der Zukunft zur Welt zu bringen. Man kann jetzt einwenden, dass das a) ein ziemlich geklautes Plotelement ist (hätte ihr Sohn nicht wenigstens andere Initialen haben können? Peter Connor wäre doch voll p.c.!) und b) sie ja auf das traditionelle Rollenbild als Mutter reduziert. Nunja, wenn ein modernes Frauenbild nur dadurch dargestellt werden kann, wenn die Möglichkeit, schwanger zu werden, geflissentlich ignoriert wird oder als Problem dargestellt, dann wird dieses Frauenbild zum Aussterben der Menschheit führen, und die Toaster gewinnen. Das Hauptargument dagegen ist jedoch, dass sie eben nicht darauf reduziert wird. Ungeachtet, was spätere Filme und Serie sagen, ist schon mit Teil 1 klar, dass es ihre Erziehung (als Alleinstehende nebenbei) ist, die ihren Sohn zu dieser Lichtgestalt macht, von der alle reden. Mutterschaft ist nicht nur neun Monate…
Hierzu muss gesagt sein, dass Terminator 2 sieben Jahre später gedreht wurde, und wohl nicht alles, was darin vorkommt, beim Drehbuch von T1 schon feststand, spätere Beiträge zum Franchise mal ganz außen vor gelassen. Insbesondere habe ich den Eindruck, dass (Original-)Sarah Connor zu dem Zeitpunkt, als (Original-)Kyle Resse 2029 aufbrach, schon längere Zeit tot sei. (Oder vermisst, oder untergetaucht.) Jedenfalls hat J. Connor ihm ein Foto von ihr geschenkt, ohne dabei z.B. zu sagen: „Meine Mutter führt übrigens eine Widerstandszelle in Idaho. Einmal im Monat haben wir Funkkontakt.“ Es besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass Sarah in dieser Zukunft noch lebt, aber das zusammen mit John verheimlicht, um zu verhindern, dass es Komplikationen mit Reese und ein Paradoxon gibt, aber selbst dann würde Reese annehmen, dass Sarah zu diesem Zeitpunkt tot sei, und vermutlich wissen, wie sie (angeblich) umkam. Wonach sie ihn 1984 auch nicht fragt, und als ihr die Frage vermutlich einfiel, war es zu spät. Jedenfalls wäre sie noch nicht an Altersschwäche gestorben (noch keine 60), und vermutlich nicht an dem Atomschlag (von dem sie weiß), sondern am wahrscheinlichsten durch den Maschinenaufstand.
Ergo wird hier noch impliziert, dass sie infolge ihrer Bemühungen um John stirbt, anstatt an Krebs.
Ihre Figur ist also weder zu überhöht und unrealistisch, dass man sich nicht ganz mit ihr identifizieren kann, noch zu dämlich und hilflos, um als „Fräulein in Nöten“ wahrgenommen werden zu können. Ich finde sie toll.
Aber irgendwie ist sie keine Ikone des Feminismus geworden.
Achso, fürs Protokoll: „Terminator 1“ erfüllt den Bechdel-Test. Der Bechdel-Test soll prüfen, wie männerzentriert ein Film ist, und benutzt dazu drei Kriterien (Merkzahlen 2/1/0):
- es kommen mindestens zwei Frauen in dem zu untersuchenden Film vor
- die mindestens eine Unterhaltung führen,
- in welcher es um genau null Männer geht
wobei zum ersten Kriterium traditionell noch zählt, dass beide Frauen im Abspann einen Namen haben, damit es nicht zählt, wenn eine Frau bei einer anderen einen Kaffee bestellt, und zum letzten, dass nicht nur keine Ehemänner oder Freunde vorkommen sollen, sondern auch keine Väter, Brüder, Söhne, Kollegen, Vorgesetzte, Angestellte, männliche Tatverdächtige oder Mordopfer. Weibliche Tatverdächtige und Mordopfer sind aber ok. Es gibt halt sehr viele Filme, wo Frauen nur mit Männern sprechen oder mit Frauen über Männer, was jetzt nun wirklich nicht realistisch ist. Wenn (zum mittleren Kriterium) sich das Thema eines Gespräches ändert, werden die einzelnen Teile meist getrennt betrachtet. Weil sich Sarah also am Anfang mit ihrer Mitbewohnerin über ihre Echse, den Anrufbeantworter und einen Typen unterhält, erfüllt das den Bechdel-Test, weil die Echse und der Anrufbeantworter nicht als Männer zählen. Ihr spätere Anruf bei ihrer Mutter hingegen nicht. Sie erwähnt zwar keinen Mann und redet eigentlich nur über sich selbst, aber ihre Mutter ist in dem Fall der Terminator. „Auch Maschinen brauchen Liebe!“ Nee, stimmt nicht.
Ein Gedanke zu “Frauenfilme 1: Terminator”